FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Münkoff'sche Rosa, die Tochter des Lohgerbers? Genug Zeit verbrachte er ja mit ihr, um den Mordfall Emmerich zu lösen.
Anneliese schluckte. Das würde ihr das Herz brechen.
Sie musste unbedingt herausfinden, ob es so war!
Rosa war eine Schönheit, das musste Anneliese sich eingestehen. Zugegeben, ihre Herkunft wäre für den jungen, gebildeten Advokaten sicherlich ein Hindernis für eine tiefere Beziehung. Aber wenn Männer verliebt sind, so hatte ihre Mutter einmal gesagt, dann denken sie oft nicht mehr vernünftig. Und manche erwachen erst dann aus ihren Liebesträumen, wenn sie hart auf den Boden der Wirklichkeit aufgeschlagen sind.
Davor musste sie Benno Greve unbedingt bewahren! Die Gerberstochter mochte zwar ein hübsches Ding sein, aber keine Ehefrau für einen Advokaten. Sie würde nie in die bessere Gesellschaft der Stadt aufgenommen werden. Im Gegenteil, durch sie würde Bennos Karriere vom Tag ihrer Verlobung an boykottiert werden. Wer würde schon von einem Advokaten Rat holen, der nicht standesgemäß verheiratet war?! Höchstens die arme Unterschicht der Stadt, die nicht ehrlichen Handwerker und gescheiterten Existenzen. Und einen Platz im Rat der Stadt konnte er sich dann gleich abschminken.
Vor diesem Schicksal musste sie Benno Greve unbedingt bewahren! Nein, sie hatte keine Standesdünkel, und sie fühlte sich auch nicht erhaben über die hart arbeitenden einfachen Leute. Aber man musste vernünftig handeln.
Anneliese schüttelte unwillkürlich ihren Lockenkopf.
Sie wollte doch nur das Beste für den jungen Mann, oder?
Sie zog selbstkritisch ihren Mundwinkel hoch.
Oder wollte sie etwa nicht das Beste für Benno, sondern wollte ihn? Ganz allein für sich?
War es etwa unfair, wenn sie mit allen Mitteln um seine Liebe kämpfte? Sie konnte ihn doch nicht einfach dieser Rosa Münkoff überlassen!
Anneliese blickte gerade noch rechtzeitig durch das Sprossenfenster in den Hof hinunter, um zu sehen, wie Benno mit seinem Schwert in die Druckerei trat.
Er war am Montagabend vor zwei Wochen sichtlich stolz mit dieser Klinge zu ihrem Vater gekommen und hatte ihm seinen Fund gezeigt. Der hatte leise durch die Zähne gepfiffen, während er das Schwert untersuchte und gesagt: »Ein altes Stück, ein sehr altes Stück, und doch so gut erhalten! Wo haben Sie es gefunden?«
»In einer vergessenen Waffenkammer an der Stadtmauer in der Sudenburg«, hatte Benno zu erzählen begonnen. »Gerbermeister Münkoff hat dort einen zugemauerten Hohlraum entdeckt, und neugierig wie wir Männer nun mal sind, haben wir ein Loch in die Wand geschlagen und die alte Waffenkammer entdeckt. Es war aber nichts Lohnenswertes da drinnen. Alles war verrottet, verrostet und verfault – nur eben dieses Schwert nicht. Sein Besitzer hatte es dick eingefettet und in Tücher und Leder gewickelt, Gott sei Dank.«
»Sie muss einem wohlhabenden und einflussreichen Mann gehört haben. Das ist aber keine Waffe zum Kämpfen. Dabei würde nur die Klinge ruiniert, und das wäre schade. Hüten Sie dieses Prachtstück gut, Herr Advokat. Es ist sehr wertvoll. Am besten Sie hängen es in Ihrer Wohnung an die Wand.«
Aber Benno Greve hatte nicht auf ihn gehört, sondern sich eine kunstvoll verzierte Scheide anfertigen lassen, um das Schwert immer an seiner linken Seite tragen zu können. Auch Männer brauchen ihren »Schmuck«, dachte Anneliese, etwas mit dem sie angeben und sich von den anderen unterscheiden können. Doch diese kleine Schwäche machte ihr den jungen Mann noch sympathischer.
Etwa eine Stunde später ging Anneliese die Treppe hinunter, um Benno nach seinem Fechtunterricht im Hof zu begegnen. Wenn sie Erfolg haben wollte, musste der junge Mann ja immer wieder »über sie stolpern«, wie ihre Mutter gesagt hatte. Vielleicht konnte sie ihn sogar in ein längeres Gespräch verwickeln.
Anneliese hörte, wie Benno ihren Vater fragte: »Tilly hat doch der Stadt ein Ultimatum gesetzt und die Magdeburger aufgefordert, sich ihrer Treuepflicht gegenüber dem Kaiser zu besinnen. Er wolle dafür Freiheit und Eigentum der Bürger garantieren. Das ist doch ein faires Angebot! Es würde weitere Tote und Verletzte verhindern. Wie hat der Rat der Stadt sich entschieden? Ist er darauf eingegangen?«
»Sie haben sich gar nicht entschieden!«, brummte Meister Stetter sichtlich unzufrieden. »Die hohen Herren haben wieder nur diskutiert und kluge Reden geschwungen, ohne ein Stück weiterzukommen. Die einen sind fanatische Anhänger von St.
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