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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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Anneliese und dachte: Vielen Dank für diesen Tipp, Papa! So kann ich mit Benno ungestört allein sein.
    Tatsächlich verließ auch ihre Mutter schon bald das Haus, um dem Wunsch ihres Mannes nachzukommen. Anneliese holte einige Blatt Papier sowie Tintenfass und Federkiel aus einem Sekretär und setzte sich wie selbstverständlich neben Benno. Es fühlte sich gut an, wenn sie sich zufällig berührten, während sie gemeinsam die Fakten zusammentrugen.
    »So, was haben wir?«, begann Anneliese aufzuzählen. »Einen toten Kaufmann, der schwer misshandelt worden ist, bevor man ihn umgebracht und in der Elbe vor Sudenburg versenkt hat. Eine junge Frau, die seine Leiche beim Wäschewaschen entdeckt hat. Die beiden scheiden wohl als Täter aus. Klaus Emmerich hat sich sicherlich nicht selbst umgebracht, und die Tochter des Lohgerbers hätte sicherlich nicht den Büttel gerufen, wenn sie eine Mitwisserin wäre.«
    »Keine Frage!«, sagte Benno.
    »Dann haben wir ein Phantom, das wie der Ermordete aussieht und die Leute im Dom erschreckt hat. Dieser Mann könnte der Täter sein. Die Frage ist nur: Wer ist er und warum gibt er sich als der Ermordete aus? Ist er ein Doppelgänger, ein Verwandter oder hat er nur eine Wachsmaske mit dem Gesicht des Toten getragen?«
    »Berta Emmerich sagte uns, dass ihr Mann ein Waisenkind war und keine Angehörigen hatte«, warf Benno ein, »und auch in den Kirchenbüchern steht es so. Ich hab's überprüft.«
    Anneliese überlegte kurz, dann sagte sie: »Nun gut, da kommen wir erst einmal nicht weiter. Wen haben wir noch?«
    »Einen etwas heruntergekommenen Fremden.«
    »Wie sah er aus?
    »Abgemagert, gebeugte Schultern, dunkle, etwas schüttere, ungepflegte Haare, einen spärlichen Bart sowie blasse und großporige Haut. Vielleicht Mitte vierzig.«
    »Wie war er gekleidet?«
    »Abgewetzter, speckiger Lederwams und Pluderhose. So hat ihn Rosa beschrieben.«
    Er hatte die Gerberstochter jetzt einfach »Rosa« genannt. Die beiden waren also schon vertrauter miteinander, als Anneliese lieb sein konnte. Doch ließ sie sich nichts anmerken.
    »Hat er einen Namen? Kennt ihn hier jemand?«
    Benno schüttelte den Kopf: »Nein. Seit Falkenberg Söldner aus aller Herren Länder angeworben hat, ist auch so manches Gesindel mit in die Stadt gekommen. Die Neustädter haben sich deshalb schon beschwert.«
    »Wer kommt außerdem noch als Täter infrage?«
    »Ein Ratsherrn mit braunem Haar, schon ein wenig angegraut, gestutztem Vollbart, einer Narbe auf der rechten Schläfe und dunkelgrünem Wams. Er hat auf dem Marktplatz versucht, mit dem Fremden unauffällig Kontakt aufzunehmen. Doch Rosa hat es bemerkt. Den habe ich selbst schon gesehen. Er hat mich fast umgerannt, als wir aus dem Haus von Berta Emmerich kamen. Es sah fast so aus, als wollte er die Witwe besuchen. Doch als er mich angerempelt hatte und Rosa sah, eilte er davon, als hätte er wichtige Geschäfte.«
    »Das macht ihn schon mal verdächtig«, nickte Anneliese. »Wissen Sie, wie er heißt?«
    »Leider nicht, aber vielleicht können Sie mir helfen, Anneliese. Ihr Vater sitzt doch auch im Rat der Stadt. Vielleicht haben Sie den Mann schon einmal gesehen. Ich wollte Ihren Vater fragen, aber jedes Mal, wenn wir die Klingen kreuzen, denke ich nicht daran.«
    »Ja, ja, ihr Männer und eure Spielzeuge. Da vergesst ihr alles«, nickte Anneliese.
    Benno hob nur resignierend Schultern und Handflächen.
    »Also gut, lassen Sie mich überlegen, Benno. Ein Ratsherr mit Narbe an der rechten Wange. Ist er groß und breitschultrig?«
    »Nein, eher klein und schmächtig, aber gepflegt und gut gekleidet.«
    »Mmh«, sagte Anneliese und stützte ihr Kinn auf die gefalteten Hände. Dann blickte sie wie unter einer Eingebung auf: »Es könnte vielleicht Bernhard von Absberg sein. Er trägt hin und wieder ein dunkelgrünes Wams. Seine Kleidung lässt er vom besten Schneider der Stadt anfertigen. Ein bisschen eingebildet, intelligent und kühl, hat wenig Freunde und ist nicht verheiratet. Nur seine Haushälterin wohnt bei ihm. Ja, das muss er sein. Er besucht die Kirche Sankt-Ulrich-und-Levin, gehört also zu den angesehensten und frömmsten Männern der Stadt und ist alter fränkischer Adel. Er ist einer der letzten Absberger und kam hier erst vor einigen Jahren an.«
    »Dann scheidet der wohl auch aus«, resignierte Benno, »ein frommer und ehrenhafter Graf ist wohl kaum in einen schäbigen Mord verwickelt.«
    »Täuschen Sie sich nicht. Das kann alles nur Fassade

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