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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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sein. Aber was ist mit Berta Emmerich? Käme sie als Täterin infrage? Sie haben doch schon mit ihr gesprochen. Wäre sie fähig, ihren eigenen Gatten aus irgendwelchen Gründen umzubringen?«
    »Tja, das haben Rosa und ich uns auch schon gefragt. Berta Emmerich wirkte jedenfalls recht kühl, gar nicht wie eine Frau, die ihrem Mann nachweint. Sie sprach sogar über den Toten, als wäre er nicht einmal ein entfernter Verwandter. Da war keine Trauer in ihrer Stimme, kein Entsetzen über den Mord.«
    »Können Sie sich das erklären, Benno? Wenn man aus Liebe geheiratet hat, wenn man so viele Jahre zusammengelebt hat, dann verbindet die beiden Menschen doch so viel. Schöne Erlebnisse, schwere Zeiten, Probleme, die man gemeinsam lösen musste. Das kann man doch nicht einfach alles aus seinem Gedächtnis streichen und zum Tagesgeschäft übergehen, wenn der andere verstorben ist. Selbst wenn man aus irgendwelchen Gründen keine Liebe mehr empfindet, man hat sich doch an den anderen gewöhnt. Er ist doch Teil vom eigenen Leben geworden.«
    Anneliese blickte Benno mit großen Augen an und legte unwillkürlich ihre Hand auf die seine. Er ließ es geschehen. Sie genoss den Augenblick, bevor sie die Hand zurückzog.
    Jemand klopfte unten wild an die Haustür.
    »Ist Benno Greve hier?«, rief eine jugendliche Frauenstimme. »Er muss sofort kommen. Sofort!«
    Es war Rosa!
    Anneliese wandte ihren Kopf ab und biss sich auf die Lippen. Rosa, immer wieder Rosa! Warum musste diese Frau gerade jetzt auftauchen und alles zerstören?!
    Benno war aufgesprungen und starrte zur Tür, als müsste er unbedingt gehen.
    »Ich muss unbedingt mit Benno Greve sprechen. Unbedingt!«, hörten sie wieder Rosa Münkoff rufen. Ihre Stimme klang aufgeregt und besorgt.
    Nein, dachte Anneliese, ich lass ihn nicht allein mit dieser Rosa gehen. Ich komme mit!
    »Da muss wohl etwas geschehen sein, etwas Schreckliches«, sagte sie und stand ebenso auf. »Kommen Sie, Benno. Die Tochter des Lohgerbers scheint etwas Schlimmes gesehen zu haben.«
    Gemeinsam eilten sie die Treppe hinunter. Anneliese öffnete die Tür und ließ Benno vorgehen. So konnte sie die beiden besser beobachten.
    »Ein Glück, dass ich Sie gefunden habe, Benno. Sie müssen unbedingt mitkommen!«, rief Rosa, packte den Arm des jungen Mannes und zog ihn mit sich in Richtung Dom, ohne von Anneliese Notiz zu nehmen. Doch die folgte den beiden dichtauf.
    »Was ist denn geschehen?«, wollte Benno wissen.
    »Er ist wieder erschienen!«
    »Wer? Wer ist erschienen?«
    »Klaus Emmerich, natürlich!«
    »Der Ermordete?«
    »Ja.«
    »Sind Sie sich da ganz sicher, Rosa?«
    »Ganz sicher! Und ich bin nicht die Einzige, die ihn gesehen hat.«
    Atemlos erreichten sie den Domplatz. Eine große Menschenmenge stand am vorderen Seiteneingang und gaffte zum Nordturm empor.
    »Da, da oben hat der Emmerich aus dem Fenster geschaut«, sagte Rosa und zeigte mit zitternder Hand auf den Turm. »Ich habe es selbst gesehen. Er hat geschrien und getobt. Wir alle seien seine Mörder, hätten ihn auf dem Gewissen und würden deshalb zur Hölle fahren. Kein Stein würde in Magdeburg auf dem anderen bleiben. Alles würde durch Tilly zerstört und niedergebrannt. Dafür würde er, Klaus Emmerich, sorgen. Er werde Tilly in nächtlichen Albträumen erscheinen und ihn überzeugen, den Magdeburgern den Garaus zu machen.«
    »Tote haben keinen Anteil an allem, was unter der Sonne geschieht. So sagt es Salomo im Buch des Predigers«, warf Anneliese ein.
    Rosa blickte sie mit zusammengekniffen Augen an. Anneliese spürte deutlich, dass die Gerberstochter sie als ernst zu nehmende Konkurrentin betrachtete, und das gefiel ihr irgendwie.
    »Aber Emmerich war keine Sinnestäuschung. Alle hier haben ihn gesehen. Und dann hat er einen Eimer voll halb geronnenem Blut auf uns herabgekippt!«
    Rosa zeigte auf das Pflaster vor der Kirchentür, deren Beschläge aus Kupferblech mit Grünspan überzogen waren.
    »Da, seht es selbst.«
    Tatsächlich! Das Pflaster war voll mit braunrotem Blut, und es stank nach Verwesung.
    »Sein Blut komme über uns und unsere Kinder«, murmelte eine alte, verhärmte Frau neben ihnen.
    »Ja, es ist ein Fluch«, nickte ihre Nachbarin mit bleichem Gesicht und groß aufgerissenen Augen. »Weil wir seinen Tod nicht gerächt haben. Tilly wird uns alle töten. Alle!«
    Benno trat näher und bückte sich. Dann erhob er sich und blickte Anneliese und Rosa an.
    »Kein Grund zur Panik«, sagte er und versuchte die

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