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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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meinen Bidenhänder haben sie mit ihren kurzen Katzenbalgern keine Chance!«
    Anneliese hatte es geahnt, und tatsächlich blickte ihr Vater kurz zu ihr herüber und sagte dann zu Benno gewandt: »Ich habe natürlich auch meiner Anneliese das Fechten beigebracht, ebenso das Freiringen, auch wenn sie jetzt so tut, als halte sie nicht viel davon. Es gibt genug Gesindel, die ihr vielleicht an die Wäsche wollen. Aber das braucht sie sich nicht gefallen zu lassen. Wenn solch ein Tunichtgut etwas von ihr will, kann sie ihm eins aufs Maul hauen. Mit Stetters Anneliese, das sag ich dir, mein Junge, ist nicht gut Kirschen essen – auch wenn sie dich so lieb anlächelt, als könnte sie keiner Fliege etwas zuleide tun.«
    Anneliese errötete ziemlich, als Benno und ihr Vater zu ihr herübersahen.
    »Mein Vater übertreibt mal wieder«, sagte sie abwehrend. »Du darfst ihm nicht alles glauben, was er sagt. Ja, ich weiß das Schwert zu führen, aber ich habe nicht das freie Kämpfen gelernt, bei dem es um Leben oder Tod geht.«
    »Nun stell mal dein Licht nicht unter den Scheffel, Töchterchen«, erwiderte ihr Vater. »Wenn es ums Ganze geht, kannst du dich jedenfalls wehren.«
    »Können wir jetzt mal das Thema wechseln?«, mahnte ihre Mutter an. Anneliese nutzte die Chance und sagte zu Benno:
    »Ich habe noch einmal über Luthers Prophezeiungen nachgedacht und auch noch weitere gelesen. Dabei habe ich eine Weissagung gefunden, die sich auf Magdeburg bezieht. Sie stammt aber nicht vom Reformator selbst, sondern von einem gewissen Petrus Lotichius Secundus. Er war Magister, Soldat und Elegiendichter.«
    »Wirklich?«
    Benno schien ehrlich interessiert zu sein.
    »Ja, er hat 1551 ein Klagelied über Magdeburg geschrieben. Es beschreibt die völlige Zerstörung der Stadt.«
    Nun war Benno ganz Ohr.
    »Das klingt spannend. Kannst du mir diese Elegie zeigen?«
    »Gerne. – Mama, Papa, dürfen wir aufstehen? Mehr gibt es doch nicht zum Mittagessen.«
    »Natürlich, geht nur nach drüben und stöbert in den Büchern. Noch haben wir sie ja«, winkte ihr Vater ab.
    Sofort standen die beiden auf und gingen zur Hausbibliothek hinüber.
    Anneliese nahm eine Flugschrift vom Tisch mit dem Titel »Elegia / De Obsidione Magdeburgensis. Das ist Klage-Reimen von der Belagerung und Eroberung der weitberuemthen und uhralten Stadt Magdeburg.«
    »Petrus Lotichius hat den vollständigen Untergang der Stadt in einer Vision oder einem Traum gesehen«, erklärte Anneliese. Nach einer Einleitung beschreibt er, wie Magdeburg über sein Los klagt und auf seine Standhaftigkeit und Frömmigkeit hinweist. Das ist der erste Teil. Das andere habe ich noch nicht gelesen.«
    Sie reichte Benno die Flugschrift und wies auf einen Absatz und sagte: »Hier, das ist interessant.«
    Benno las laut vor:
    Und wird der Bauersmann mit seinem Pflug und Pferden
in dieser Maurenstadt umreißen bloß die Erden.
Und so du etwa fragst, was da gewesen bey
Antwort' Er, daß allda ein Stadt gestanden sey.
    »Mit anderen Worten: Magdeburg wird so zerstört werden, dass man nichts mehr von der Stadt finden wird. Das meint doch der Dichter, nicht wahr?«
    Benno nickte.
    »Das passt doch zu Luthers Prophezeiungen«, fuhr Anneliese fort. »Mich hat da noch eine andere erschreckt.«
    Sie nahm das Werk von Johannes Lapäus aus dem Regal, blätterte durch die Seiten und zeigte dann auf einen Absatz, während sie laut las:
    Aber kommt es heut oder morgen,
daß Deutschland im Blut schwimmen wird,
so wirds wahr werden,
was ich gesagt und gewarnet habe.
    Sie richtete sich wieder auf und sagte: »Gilt das für unsere Zeit? Wird auch Magdeburg im Blut schwimmen?«
    Benno zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht. Der Reformator spricht von ›heut oder morgen‹. Das klingt sehr ungenau. Johannes Lapäus hat diese Zitate ohne Erklärungen zusammengestellt, sodass wir nicht wissen, was Luther im Zusammenhang außerdem gesagt hat. Das müsste man in seinem Gesamtwerk genauer studieren.«
    »Das gilt dann wohl auch für diese Weissagung«, nickte Anneliese, schlug einen anderen Folianten auf und las:
    … wenn sie die Lehre göttlichen Wortes vertrieben haben,
so wird ein solcher Jammer, Trübsal und Plage
über Deuschland kommen, daß man sagen wird:
Hier hat Deuschland gestanden.
    Sie blickte Benno an und sagte: »Kaiser, Papst und Jesuiten versuchen doch schon seit Jahren, die Lehren der Bibel wieder aus den Köpfen der Menschen zu vertreiben. In Bayern und Österreich waren sie ja

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