FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
schnell wieder, und er begann aus vollem Halse zu lachen.
»Du hast doch einen klugen Kopf, Töchterchen! Bei solch einem Schild wagt keiner der Söldner, das Haus zu plündern oder in Brand zu stecken. Genial, einfach genial.«
Martha Stetter trat aus der Hofeinfahrt und blickte die beiden fragend an.
»Was gibt es in dieser ernsten Zeit noch zu lachen?«, fragte sie.
»Es gibt manchmal auch an bösen Tagen etwas, worüber man sich freuen kann«, antwortete ihr Mann. »Wir müssen nur die Augen dafür offen halten.«
»Und was ist es diesmal?«, wollte seine Frau wissen.
Anneliese erklärte ihr ihren Plan, ein Schild mit dem Besitzanspruch des Grafen aufzuhängen.
»Werden die Söldner das überhaupt beachten?«, fragte sie ungläubig.
»Ich denke schon«, erwiderte ihr Anneliese, »schließlich werden sie keine Lust haben, am Ende einen Kopf kürzer gemacht zu werden.«
»Mädchen, wie redest du überhaupt?«, schüttelte ihre Mutter den Kopf. »Du klingst schon wie dein Vater.«
»Nun ja, schließlich bin ich seine Tochter. Er hat mir alles beigebracht, was nicht Küche und Haushalt betrifft«, erwiderte sie und blickte ein wenig stolz auf den Hünen neben ihr.
»Und was ist, wenn Graf Pappenheim selbst an diesem Haus vorbeikommt?«, fragte ihre Mutter mit kritischem Blick.
»Der wird doch selbst nicht mehr wissen, was er alles gewollt und gemacht hat«, erwiderte Anneliese wegwerfend.
»Einen Versuch ist es jedenfalls wert, Martha«, stimmte Carl-Ulrich Stetter seiner Tochter zu. »Ich werde mich morgen gleich dransetzen und ein Schild mit dem Besitzanspruch des Grafen malen, dazu ein stilisiertes Wappen der Pappenheimer: Ein Wappenschild, darunter ein mit einer Fahnenstange gekreuztes Schwert, darüber eine Krone, über die der Wimpel flattert. Auf dem Schild, glaub ich, ist oben ein Adler, darunter zwei Felder mit gekreuzten Schwertern und zwei Felder mit einem stilisierten Adler. So ähnlich doch sieht das Pappenheimer Wappen aus, oder?«
»Schade, dass wir die Bücher schon weggebracht haben«, sagte Anneliese, »sonst könnten wir dort nachschauen. Wir haben sicherlich ein Buch über Heraldik darunter. Aber so genau musst du das Wappen ja auch nicht zeichnen. Hauptsache, die Söldner glauben, dass sie sich nicht an unserem Haus vergreifen dürfen.«
Innerlich etwas ruhiger geworden, kehrten die Stetters in ihr Haus zurück. Ihre kostbaren Bücher waren in Sicherheit, und vielleicht würde auch ihrem Haus nichts geschehen, sollte Magdeburg tatsächlich fallen. Sie hatten alles getan, was in ihrer Macht stand. Den Rest vertrauten sie Gott an.
15.
Die in der Neustadt aufgestellte Batterie von Geschützen begann in der Nacht zum Freitag aus allen Rohren zu feuern. Pausenlos wurden die Kanonen geladen und die Lunten gezündet. Der Zeugwart hatte alle Hände voll zu tun, um den Nachschub sicherzustellen, damit den Feuerwerkern nicht die Munition ausging. Pulverdampf hing wie ein dichter Nebel über den Häusern und in den Gassen der besetzten Vorstadt. Das Atmen fiel Georg Ackermann schwer, und seine Ohren dröhnten von dem Donnern der Kanonen, Mörser, Feldschlangen und der sechzig Zentner schweren »Nachtigall«, die fünfzig Pfund schwere Eisenkugeln verschießen konnte.
Feldmarschall von Pappenheim wollte die Mauer mit aller Gewalt sturmreif schießen, doch die Bollwerke hielten dem Beschuss stand. Als schließlich der Morgen dämmerte, war allen klar, dass man die Befestigungsanlagen von Magdeburg nicht im Handstreich erobern konnte. Trotzdem befahl der Graf, den Beschuss fortzusetzen.
Der Bau von unterirdischen Gängen lief inzwischen erfolgreicher. Seit Obrist Farensbach im Lager angekommen war, und die Leitung der Miniere übernommen hatte, gingen diese geschickter vor. Es gelang ihnen schließlich, mehrere Sprengsätze unter der Stadtmauer anzubringen. Tilly war nach den Rückschlägen darüber so begeistert gewesen, dass er dem Obristen sagte: »Farensbach, Sie haben gute Arbeit geleistet, sehr gute sogar! Ich werde mich für Sie beim Kaiser verwenden, dass er Sie befördert und Ihnen das Patent für zwei Regimenter gibt! Mein Wort darauf!«
Georg Ackermann glaubte das gerne. Kaiser Ferdinand II. brauchte gute Offiziere, weil inzwischen zu viele gefallen waren. Da konnte ein erfolgreicher oder mutiger Soldat schnell befördert werden. Er hatte es ja selbst erlebt.
Den ganzen Tag über ließ Feldmarschall Graf zu Pappenheim die Geschütze sprechen. Doch die Magdeburger rührten sich
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