FreeBook Die tote Unschuld - Soko Hamburg Bd 1
interessiert in einen Hamburger Stadtplan.
Ben konnte sehr sensibel für Heikes Stimmungen sein, wenn er wollte. Doch als die Hauptkommissarin nach einigen Minuten beschloss, ihre romantische Schwärmerei zu Gunsten des Dienstalltags zu beenden, klingelte ohnehin das Telefon.
Heike hob den Hörer ab.
»7. Sonderkommission Mord, Stein am Apparat.«
Eine dunkle Männerstimme meldete sich.
»Ich bin Dr. Arnold, Dienst habender Stationsarzt der Station K 2, Betriebsteil Ochsenzoll vom Klinikum Nord.«
»Ah.« Heike stieß langsam die Luft aus ihren Lungen. Trotz dieser etwas umständlichen Vorstellung wusste sie sofort genau, wo dieser Dr. Arnold arbeitete.
Nämlich in einer Nervenheilanstalt!
Der Begriff »Ochsenzoll« genügte. Jeder Hamburger wusste, was damit gemeint war. Dort wurde man eingeliefert, wenn die Seele krank war.
»Was kann ich für Sie tun, Herr Dr. Arnold?«
»Ein Patient wurde heute hier eingeliefert, nachdem seine Wunden in der Notaufnahme vom AKH St. Georg versorgt wurde. Es lag ein Selbstmordversuch vor.«
»Ich verstehe.« Heike machte sich bereits Notizen. »Und wie lautet der Name dieses Patienten?«
»Erik Evermann. Er äußert immer wieder den Wunsch, mit Ihnen zu sprechen, Frau Hauptkommissarin. Der Patient ist sehr unruhig. Wir könnten ihn natürlich ruhig stellen, aber ...«
»Aber was, Herr Dr. Arnold?«
»Aber ich persönlich glaube, dass er sich etwas von der Seele reden will. Es geht ja offenbar um einen Kriminalfall, um Mord. Sie arbeiten bei der Mordkommission ...«
»Sonderkommission Mord heißt das offiziell, aber egal. Kann ich jetzt gleich kommen, Herr Doktor? Und darf ich noch einen Kollegen mitbringen?«
»Selbstverständlich.«
Der Arzt beschrieb noch kurz, wie sie zu der Station finden würden. Dann wurde das Gespräch beendet.
Heike berichtete Ben im Telegrammstil, was der Nervenarzt gesagt hatte. Die beiden Kriminalisten erhoben sich und eilten hinaus.
»Wir können meinen Wagen nehmen, Heike.«
»Nichts dagegen.«
Sie gingen zum Parkplatz und stiegen in Bens Passat-Kombi. Heikes Kollege lenkte sein Auto Richtung Norden. Sie fuhren auf die Langenhorner Chaussee. Der Klinikum-Komplex befand sich hoch im Norden der Stadt Hamburg, fast schon an der Grenze zu Schleswig-Holstein.
Das Krankenhaus Ochsenzoll bestand aus zahlreichen kleineren Gebäuden, die in einem parkähnlichen Gelände standen. Es wirkte beinahe schon wie ein kleines Dorf. Aber die Menschen, die hier lebten, hatten ausnahmslos schwere Probleme. Darüber konnte auch die idyllische Umgebung nicht hinwegtäuschen.
Ben fand die Station K 2 auf Anhieb. Allerdings waren sowohl er als auch Heike im Rahmen ihres Dienstalltags schon öfter zu Besuchen hier gewesen. So mancher Mörder war nicht Herr seiner Sinne, wenn er die Bluttat verübte.
Die beiden Kriminalisten zeigten ihre Dienstausweise vor. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie in ein kleines Arztbüro geführt wurden.
Dr. Arnold war ein dünner Mann mit Stirnglatze und dicker Brille. Er reichte Heike und Ben seine schmale kalte Rechte.
»Gut, dass Sie so schnell kommen konnten. Ich erhoffe mir einen therapeutischen Wert von diesem Gespräch, das will ich ganz offen sagen. Der Patient beschäftigt sich offenbar mit einem schweren inneren Problem.«
»Das wissen Sie gewiss besser als wir, Doktor. Unser Job ist es nur, die Aussage aufzunehmen. Allerdings will ich nicht leugnen, dass ich mir auch etwas davon erhoffe«, sagte Heike.
Der Nervenarzt nickte.
»Ich werde Sie jetzt zu ihm bringen. Aber ich habe eine Bitte. Beschränken Sie das Gespräch auf zwanzig Minuten. Der Blutverlust hat den Patienten doch sehr geschwächt.«
»Was ist denn eigentlich genau passiert?«
»Herr Evermann hat sich die Pulsadern aufgeschnitten. Und zwar auf einer Toilette in einem Kaufhaus in der Nähe der Mönckebergstraße. Zum Glück, muss man sagen. Dort ist er schnell gefunden worden. Eine Verkäuferin hat erste Hilfe geleistet, bevor der Notarzt gekommen ist. Aber Sie wissen wahrscheinlich, dass Patienten mit eindeutigen Selbstmordabsichten grundsätzlich hierher verlegt werden.«
»Ja, das ist uns bekannt.«
Der Arzt bemerkte offenbar Heikes Ungeduld. Er führte sie und Ben zu einem Patientenzimmer.
Erik Evermann lag in einem Bett. Er blickte auf die Eberesche vor dem Fenster. Seine beiden Handgelenke waren stark bandagiert.
Der Anflug eines Lächelns erschien auf seinem angespannten Gesicht, als er Heike erkannte.
»Ich lasse Sie jetzt allein«, sagte der Nervenarzt. »Mit
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