FreeBook Dr Westerwelle - Die erste offizielle Guidografie
nicht. Jedes Jahr will die neue Regierung 2 4 Milliarden Euro weniger einnehmen. Und damit der einfache, tüchtige und leistungsorientierte Bürger was davon hat, wird gleich am 1 . Januar 2010 mit der Entlastung der Unternehmen begonnen. Sie sollen künftig Zinsen, die sie für Kredite bezahlen, wieder verstärkt steuermindernd geltend machen können. Und wenn eine Firma eine andere marode Firma übernimmt, kann sie die Verluste steuerlich leichter mit ihren Gewinnen verrechnen. Das soll bei der »Sanierung« helfen. Um zu verstehen, wer da wen saniert und was Beschäftigte unter »Sanierung« verstehen, muss man nicht Chefvolkswirt der Deutschen Bank sein. Wer eine Firma erbt, muss in Zukunft weniger Arbeitsplätze erhalten als bisher, erhält aber trotzdem eine Steuerbefreiung. Die Leistungsorientierung nach liberalen Vorstellungen wird auch im Privaten begünstigt. Wer die Leistung vollbracht hat, als Geschwister, Nichte oder Neffe zu erben, muss dafür künftig weniger Erbschaftssteuer zahlen.
Dr . Klaus Zumwinkel, Post-Pensionär, London »Herrn Dr . Westerwelle gehört mein vollster Respekt für den Mut, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Deutschland braucht wieder Politiker, die dem Volk die Augen öffnen. Anstrengungslosen Wohlstand kann es nicht für alle geben.«
Für Leistungsträger mit Kind hat die Regierung den steuerlichen Kinderfreibetrag erhöht. Die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung rechnet vor, dass ein Ehepaar mit Kind und einem Jahreseinkommen von weniger als 6 0 00 0 Euro dadurch um knapp 20 0 Euro entlastet wird. Bei höheren Einkommen steigt die Entlastung auf bis zu 43 5 Euro jährlich. Vermutlich allerdings nicht, weil die Kinder wohlhabender Leute mehr wert sind, sondern einfach nur, weil Leistung zählen soll. Und für die Leistung, als Kind wohlhabender Eltern geboren zu werden, muss doch allemal ein schönes Ralph-Lauren-Polohemd pro Quartal drin sein. Wer das dann auch noch als kalte Politik bezeichnet, ist nach Ansicht des neuen Chefdiplomaten Guido W. aus B. »hirnverbrannt«.
Den ganz großen Coup hat die Regierung für den 1 . Januar 2011 vor. Bis dahin will sie sich ein neues Einkommensteuersystem ausgedacht haben. Wer davon profitieren soll, ist offiziell noch nicht klar, noch weniger allerdings ist klar, woher das ganze Geld für die Steuersenkungen überhaupt kommen soll. Kapitänin Merkel und Steuermann Westerwelle verweisen dabei erst einmal auf das Wachstum, das durch ihren Kurs ausgelöst werden soll. Wirtschaftsforscher sehen am Horizont allerdings eher den Schuldeneisberg, den die schwarz-gelbe Titanic alsbald rammen wird.
Wie der Außenminister dann seinen Amtskollegen erklären will, dass er gegen den europäischen Wachstums- und Stabilitätspakt verstößt, weiß er heute noch nicht. Vorsichtshalber hat er sich bei seiner Parteifreundin Margarita Mathiopoulos schon mal zum Griechischunterricht angemeldet. Noch 2003 warnte Westerwelle den damaligen Finanzminister Hans Eichel: »Hüten Sie sich davor, das Gift der Schulden zu schnell zu nehmen.« Westerwelle möchte man raten: »Nehmen Sie reichlich!«
Zahlreiche Medien berichten nach Guidos Wahlerfolg, dass er sich seit Jahren auf das Amt des Außenministers vorbereitet habe. Seine Weltgewandtheit und Eignung für das neue Amt kann Guido bereits vor Amtsantritt unter Beweis stellen. Bei einer Pressekonferenz zu den laufenden Koalitionsverhandlungen bittet ein Reporter der englischen BBC, eine Frage auf Englisch stellen zu dürfen. Guido is not amused. »Wenn Sie bitte so freundlich wären, weil das eine Pressekonferenz in Deutschland ist …«, der Rest seiner Worte bleibt ihm im Halse hängen, mit mühevollem Grinsen versucht er, die Situation zu überspielen. Der verdutzte Journalist macht einen zweiten Anlauf und fragt, ob er seine Frage auf Englisch stellen darf, Westerwelle könne ja auf Deutsch antworten. »Ich bitte Sie, dass äh, bei allem Verständnis dafür, aber äh, so wie es in Großbritannien üblich ist, dass man dort selbstverständlich englisch spricht, so ist es in Deutschland üblich, dass man hier deutsch spricht.« Eine freundliche Kollegin des Journalisten erklärt sich bereit zu übersetzen, und so stellt der BBC-Mann im dritten Anlauf seine Frage, was sich unter Westerwelles Führung in der deutschen Außenpolitik verändern werde. Guido will aber noch nicht sagen, dass er Außenminister werden soll, und verweist darauf, dass er diese Frage schon deutschen Kollegen
Weitere Kostenlose Bücher