freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
etwas in der Hand, aber ich bin nicht hundertprozentig
sicher, ob es ein Handy war.«
»Wie hat sich die Szene denn abgespielt? Beschreiben Sie sie mal.«
»Nun, ich meine … Ferretti kam mit den Linienrichtern ins Stadion … Ich habe ihm den Schlüssel gegeben, für ihn hatte ich
die Kammer weiter hinten vorbereitet, weil er für sich sein wollte. Ich begleitete die Linienrichter, bis sie ihre Umkleide
betraten, dann wollte ich auch den Schiedsrichter in seine bringen, doch da sagt er: ›Entschuldigen Sie einen Moment‹, und
kehrt um Richtung Spielfeld, zum Eingangstunnel. Ich bin ihm nicht sofort nachgelaufen, aber als er nach einer Weile nicht
zurückkam, wollte ich nachschauen, was er trieb, und da habe ich eben gesehen, daß er mit irgendeinem elektronischen Apparat
hantierte, aber genau in dem Moment war er fertig, er steckte das Ding in die Tasche und sagte: ›Wir können gehen.‹«
|269| Marco Luciani überlegte eine Weile. »Wollte er das Spielfeld kontrollieren?«
»Nein, den Platz hat er kurz danach inspiziert. Ich weiß nicht, was er tat, aber jedenfalls dauerte es nicht allzu lange.«
»Erinnern Sie sich, ein Geräusch gehört zu haben, irgend etwas? Versuchen Sie, die Augen zu schließen und sich die Szene vorzustellen.«
Gehorsam folgte der Hausmeister der Anweisung. Dann schüttelte er den Kopf.
»Nein, ich glaube nicht … kein Knall oder eine Detonation. Nur die üblichen Sprechchöre der Fans, wenn ich nicht irre.«
Der Kommissar suchte eine Telefonzelle und rief bei Linienrichter Cavallo an. Er hielt sich einige Minuten mit höflichem Geplänkel
auf, dann fragte er nach Ferrettis Handy.
»Ich sagte es bereits Ihren Mitarbeitern, ich weiß nicht, ob er es am Sonntag dabeihatte.«
»Ja, das ist mir bekannt. Aber ich möchte, daß Sie mir das Telefon beschreiben. Was für eine Art Handy war es? Einfach, modern,
ultraflach … Sie werden es ein paarmal gesehen haben.«
»Früher hatte er ein normales, schwarz, glaube ich, eins von diesen winzigen Modellen. Zu Weihnachten hat dann ein Clubpräsident
allen Schiedsrichtern, und auch uns Linienrichtern, Handys der jüngsten Generation geschenkt, diese komplizierten Dinger,
mit denen man auch fotografieren kann …«
»Wer hat sie euch geschenkt?«
»Daran erinnere ich mich nicht einmal. Wir bekommen so viele Sachen. Ich habe es meiner Tochter gegeben, ich habe eine vierzehnjährige
Tochter, Sie können sich vorstellen, was die mich allein an Telefongebühren kostet. |270| Aber Ferretti und Adelchi behielten sie, und ich glaube, mittlerweile benutzten sie sie auch.«
»Das heißt, Sie haben die beiden immer mit den neuen Handys gesehen?«
»Ich würde sagen, ja. Nach Weihnachten schon.«
»Ich danke Ihnen, Herr Cavallo. Grüßen Sie mir Ihre Tochter, und behalten Sie die Telefonrechnung im Auge.«
Der Kommissar betrat im Sturmschritt das Polizeipräsidium, er platzte in Giampieris Büro und verkündete triumphierend: »Weißt
du, wie viele Millionen Handys es in Italien gibt?«
Der Vize zuckte mit den Achseln: »Keine Ahnung.«
»Sechsundfünfzig Millionen. Praktisch eines pro Kopf«, sagte Luciani ins Blaue hinein.
»Gut.«
»Aber ich habe keins. Und weißt du, was das bedeutet?«
»Daß du ein Snob bist und ich dich nie erreichen kann.«
»Nein, das bedeutet, jemand anderes hat zwei. Wie beim Hähnchen von Trilussa. Und weißt du, wer zwei Handys hatte?«
»Wer?«
»Tullio Ferretti aus Livorno.«
Giampieri riß die Augen auf. »Und wo ist das zweite Handy?«
»Das hat der Mörder.«
Innerhalb weniger Minuten hatte Marco Luciani seine Haltung radikal geändert: ein Abschluß der Ermittlungen war kein Thema
mehr. Dieses neue Indiz hebelte jedes Ultimatum aus, es stärkte die Mordtheorie, und Luciani würde zu Recht verkünden, daß
er nicht eher Ruhe gab, bis er den Täter gefunden hatte.
Er dachte wieder an Sofia Lannis Beine, an die perfekte Rundung ihres Hintern, wenn sie auf dem Bauch schlief, |271| und an ihr wunderschönes Gesicht, das sich beim Orgasmus in eine entrückte, zeitlose Ikone zu verwandeln schien.
Giampieri verlangte eine Erklärung, und der Kommissar erläuterte, gegen einen Kaffee, was für eine Ahnung ihn umtrieb: »Ich
bin fast sicher, nein, ich bin sicher, daß der Schiedsrichter ein zweites Handy bei sich hatte. Das alte, das er normalerweise
benutzte, hatte er im Auto gelassen, und das haben wir auch gefunden, besser gesagt: ihr habt es mit einwöchiger
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