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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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Wenn er ihre Augen, ihre Beine, ihren Hintern betrachtete, wußte er, daß Schönheit der entscheidende
     Faktor im Dasein war, daß Schönheit sich mit nichts anderem vergleichen ließ. Die anderen Gaben erreichen unseren Verstand,
     man kann sie abwägen und messen, während die Schönheit in Herz und Bauch fährt, irgendeinen geheimnisvollen Primärinstinkt
     anspricht, und es gibt nichts, womit man sich ihr entziehen könnte. Er hatte es vorher nie bemerkt, aber jetzt erkannte er
     sein gewaltiges Bedürfnis nach Schönheit, er dürstete danach, und vielleicht hatte Sofia Lannis Erscheinung deshalb diese
     Sprengkraft entwickelt. Er hatte die Nase voll von mittelmäßigen Frauen, mittelmäßigen Klamotten, von dieser Wohnung, für
     die er sich vor jedermann schämte. Wenn er nie etwas anderes erlebt hätte, wäre es für ihn vielleicht zu ertragen gewesen,
     aber jetzt spürte er, daß die Zeit der Strafe, die Zeit der Askese nicht ewig dauern konnte, denn man lebt nur einmal, und
     dieses Leben wollte er mit Sofia Lanni verbringen. Und wenn er sie an sich binden wollte, dann gab es für ihn nur eins: Er
     mußte ihr das unbeschwerte Luxusleben seiner Jugend bieten. Er wollte wieder seine Villa an der Riviera, mit Tennisplatz und
     Pool, ein schönes Auto, eine Hängematte, die im Garten zwischen den Bäumen schaukelte. Er wollte weiße Leinenhosen und einen
     Panama-Hut, Schuhe für zweihundertfünfzig Euro und Reisen in exotische Länder, und eines Tages, vielleicht, Kinder, die er
     verwöhnen konnte.
     
    |277| Als er erwachte, war er gleichzeitig enttäuscht und erleichtert. Er konnte sich genau an die nächtlichen Gedanken erinnern,
     wußte aber nicht, ob sie ihn im Schlaf oder im Wachen heimgesucht hatten. Das machte keinen geringen Unterschied. Er stand
     auf, trank in großen Schlucken aus einer Wasserflasche, ging zum Pinkeln ins Bad und wusch sich das Gesicht. Er betrachtete
     sich im Spiegel und dachte, daß alles nur ein böser Traum gewesen war, ein Moment der Schwäche. Ich darf jetzt nicht einknicken,
     dachte er, ICH DARF JETZT NICHT EINKNICKEN. Er lebte in einer tristen Wohnung, war erschreckend dürr und trug alle Enttäuschung
     der Welt in sich, aber ihm waren Selbstachtung und Eigenliebe geblieben, und das war alles, was er brauchte.

|278| Samstag
    Als er ins Präsidium kam, wartete Iannece auf der Schwelle zu seinem Büro. Sein Gesichtsausdruck verriet sofort, daß etwas
     sehr Schlimmes passiert war.
    »Ja wo waren Sie denn bloß, Herr Kommissar? Wo waren Sie bloß? Wir haben es heute nacht erfahren, und seitdem suche ich Sie
     wie ein Verrückter.«
    »Was erfahren?«
    »Ja wie? Wissen Sie denn gar nichts?«
    »Wovon denn, Iannece? Laß die Spielchen.«
    »Sie haben den Mörder gefaßt. Die Carabinieri. Die haben einen Luden aus Turin verhaftet, eine Prostitutionsaffäre, mit allem
     Drum und Dran.«
    Marco Luciani blieb der Mund offenstehen, er konnte es nicht glauben.
    »Du meinst den Schiedsrichter?«
    »Ja, klar doch. Wen denn sonst?«
    »Aber warum habt ihr mich denn nicht informiert?«
    »Wenn ich es Ihnen doch sage: Wir suchen Sie seit heute nacht, Herr Kommissar. Aber Sie hatten mir nicht gesagt, wo ich Sie
     erreichen kann, und der Piepser war tot.«
    Marco Luciani kontrollierte den Apparat an seinem Gürtel. Er hatte ihn am Vorabend ausgestellt, kaum daß Sofia Lanni ihm die
     Tür geöffnet hatte. Er fummelte ein bißchen an den Knöpfen herum und murmelte etwas von einem Defekt; Iannece bedachte ihn
     mit einem halb vorwurfsvollen, halb mitleidigen Blick.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst, Iannece. Aber du irrst dich. Ich war hinter einer Spur her, die vielversprechend |279| schien … das heißt, sie scheint es noch immer. Wo ist Giampieri?«
    »Er ist zum Staatsanwalt, vor etwa zehn Minuten ist er los. Sie waren ja nicht da, Herr Kommissar, ich bin sogar bei Ihrer
     Wohnung gewesen … Haben Sie außer Haus geschlafen?«
    Marco Luciani wußte, daß er einen Riesenbock geschossen hatte. Der einzige Ausweg war, es einzugestehen und sich zu entschuldigen,
     aber der Gedanke, daß die Carabinieri ihn ausgebremst hatten, benebelte sein Hirn. »Wo ich schlafe, geht nur mich was an,
     Iannece«, sagte er eisig, »und wenn er eben erst los ist, dann hole ich ihn noch ein. Aber sagst du mir jetzt erst einmal,
     was passiert ist?«
    Iannece reckte das Kinn in die Luft – er war eingeschnappt. »Das steht in der Zeitung, Herr Kommissar. Der Herr Ingenieur
     hat sie Ihnen auf den

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