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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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eine Niederlage ebenso wie den Sieg zu akzeptieren. Jenseits aller Polemik, der Streitereien und
     ›Show-Prozesse‹ im Fernsehen wissen die Protagonisten im Profigeschäft, wo die Grenze ist. Und das Allerwichtigste, was man
     nie vergessen sollte: Die Schiedsrichter sind, entgegen allen bisherigen Unterstellungen und Verleumdungen, eine ehrliche
     Zunft; sicher agieren sie nicht unfehlbar, aber nach bestem Wissen und Gewissen.«
    Witwe Ferretti sagte derselben Zeitung im Interview, sie sei überzeugt, daß die Carabinieri die Wahrheit aufgedeckt hätten,
     und sie warnte davor, das Andenken ihres Mannes zu beschmutzen: »Tullio hatte keine Geheimnisse vor mir, er hatte mir von
     diesem Mädchen erzählt, das Hilfe brauchte. Und da er rechtschaffen und mutig war, hatte er beschlossen, ihr diese Hilfe zukommen
     zu lassen. Ich hatte ihm volle Unterstützung zugesichert, aber ich dachte, das |306| alles sei nur eine Geldfrage, nicht, daß Tullio sich ernsthaft in Gefahr bringen könnte. Ich verstehe das erst jetzt, denn
     von Einschüchterungen hatte er mir, wohl um mich nicht zu beunruhigen, gar nicht erzählt. Er wurde von Leuten umgebracht,
     die keine Skrupel kennen, von einem Abschaum, für den ich nicht einmal Haß empfinden kann.«
    Eine Sportzeitung faßte die Phasen der Ermittlungsarbeit zusammen, aber vor allem legte sie Wert darauf, mit dickem Ausrufezeichen
     zu verkünden:
Morgen wird gespielt!
Als ob die Abstinenz Jahrhunderte gedauert hätte. Nach Bekanntgabe von Saggeses Verhaftung, am Samstag abend, hatten Ligaverband
     und Clubs in Rekordzeit beschlossen, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen und die Spiele vom vergangenen Sonntag am Montag
     abend nachzuholen. Es war klar, daß man alle Zwistigkeiten unter einer Torlawine begraben wollte; der Chefredakteur betete
     in seinem Kommentar eine Litanei der abgekautesten Gemeinplätze und Fußballphrasen herunter: »Es wird Zeit, daß der Ball wieder
     rollt.« – »Nun fallen die Entscheidungen wieder auf dem Feld.« – »Die beste Liga der Welt nimmt wieder Dampf auf.« Er schloß
     mit der Bemerkung: »Man wird Schiedsrichter Tullio Ferrettis auf allen Plätzen mit einer Schweigeminute gedenken, die Mannschaften
     werden eine Trauerbinde tragen, alle Schiedsrichter ein weißes Trikot mit schwarzer Armbinde.«
    In einem Exklusivinterview erklärte Linienrichter Adelchi, Ferretti sei ein sehr diskreter Mensch gewesen, nicht einmal ihm
     habe er sich anvertraut, »aber in den letzten Wochen hatte ich gemerkt, daß ihn etwas beunruhigte, etwas, das nichts mit den
     Spielen, mit dem Fußball zu tun hatte. Tullio hat seine Großzügigkeit mit dem Leben bezahlt.«
    Anschließend meldete der Artikel, daß Adelchi, aufgrund seiner Verdienste, zum Schiedsrichterlehrgang zugelassen worden war.
     Noch vor Jahresende würde er das Examen ablegen |307| und wahrscheinlich schon in der Rückrunde sein Debüt in der dritten Liga geben. In der kommenden Saison solle er dann in der
     zweiten Liga pfeifen: »Das ist meine Art, das Andenken eines Freundes zu ehren. Tullio Ferretti war mein Lehrmeister, und
     ich werde versuchen, mich dieses Vorbilds würdig zu erweisen.«
    Marco Luciani blätterte zerstreut die anderen Gazetten durch, praktisch überall herrschte derselbe Tenor vor. Es war eher
     Übelkeit als Wut, was diese Heuchelorgie in ihm auslöste. Jeder Versuch, die Wahrheit herauszubekommen, den Sumpf trockenzulegen,
     in dem die Träume so vieler Sportler versunken waren, sollte im Keim erstickt werden.
     
    Er kehrte nach Hause zurück und fing an, Telefonnummern und Uhrzeiten in den Verbindungsübersichten von Delrio zu analysieren.
     Es war nicht möglich gewesen, an Rebuffos Handy heranzukommen – der wohl ohnehin mehr als eines besaß –, und auch nicht an
     die Anschlüsse von Colnago. Im Moment verfügten sie nur über die Handys von Ferretti und Adelchi und über den Festnetzanschluß
     im Hause Ferretti. Mit einer ersten schnellen Synopsis fand der Kommissar den Anruf, den Ferretti vor dem Spiel bei seiner
     Frau zu Hause getätigt hatte, und danach: totale Funkstille. Am Samstag hatte Ferretti viele Male versucht, von seinem Handy
     die Brasilianerin anzurufen, und auch Sonntag morgen, allerdings ohne Erfolg. Dann hatte er ihr mehrere SMS geschickt. Außerdem
     hatte er verschiedene Anrufe von Nummern entgegengenommen, die noch zu ermitteln waren.
    Adelchis Handy war den ganzen Samstag und Sonntag über sehr aktiv. Vor allem während der

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