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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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hatte, was Luciani verstörte – das war ohnehin kein Geheimnis –, sondern der
     Umstand, daß eine der größten Zeitungen des Landes einen solchen Frontalangriff gedruckt hatte. Das bedeutete, daß jemand
     aus der Chefetage den Auftrag erteilt und den Stoff geliefert hatte. Jemand, der Luciani gegenüber der Staatsanwaltschaft
     in Bedrängnis bringen wollte. Genauer gesagt: jemand, der |233| vermutlich selbst zur Staatsanwaltschaft gehörte und nach einem Vorwand suchte, um dem Kommissar die Ermittlungen zu entziehen,
     oder ihn zumindest zwingen wollte, den Fall auf die Schnelle abzuschließen.
    Er las den Artikel noch einmal und fragte sich, wer der Judas sein könnte. Viele waren es nicht, die seine Vergangenheit kannten.
     Er hatte alle Brücken zu seinem früheren Leben abgebrochen, war in eine andere Stadt gezogen und hatte die wenigen Freunde
     aufgegeben, die während des Justizskandals nicht die Flucht ergriffen hatten. Es kam zwar noch manchmal vor, daß er jemanden
     von früher wiedersah, aber das wurde immer seltener, und in der Regel wußte der Betreffende nichts über Lucianis neues Leben.
     Sicher, rein theoretisch konnte ihn jemand auf einem der raren Zeitungsfotos wiedererkannt und sein Wissen einem Reporter
     gesteckt haben. Wahrscheinlicher war aber, daß die Information von einem der wenigen Eingeweihten kam: Angelini und ein paar
     andere Staatsanwälte, womöglich sogar Delrio selbst; oder von einem der Kollegen, vorneweg Giampieri. Vielleicht sogar, unfreiwillig,
     von seinem früheren Klassenkameraden Baffigo, der, wenn er trank, zu übertriebener Redseligkeit neigte. Aber wer geplaudert
     hatte, war im Grunde zweitrangig, entscheidend war, was nun passieren würde.
     
    Da läutete das Telefon. Es war Baffigo, mit belegter, müder Stimme:
    »Grüß dich, altes Haus. Ich habe gerade die Zeitungen geholt. Die haben dir heute was Schönes eingebrockt.«
    »Holla, wie kommt’s, daß du schon auf bist?«
    »Was heißt hier schon? Ich bin gerade erst nach Hause gekommen. Hör mal, ich schlaf mich jetzt richtig aus, und wenn ich nüchtern
     bin, fahre ich in die Redaktion. Dann zahl ich ihm das heim, diesem Sackgesicht. Ich rufe auch |234| noch ein paar Freunde bei anderen Zeitungen an, und dann sorgen wir dafür, daß diesen Drecksfaschos der Arsch aufgerissen
     wird.«
    »Komm, vergiß es, Baffo …«
    »Nein, das vergesse ich nicht. Der Konflikt hat eine politische Dimension angenommen. Die sollen aufhören, den Richtern und
     jedem, der seine Pflicht tut, in die Parade zu fahren. Hast du kapiert, aus welcher Ecke die Attacke kam?«
    »Ich habe nur einen Verdacht.«
    »Dann sag ich es dir.
m.t.
ist der Stellvertretende Direktor, Marzio – aber alle nennen ihn Marcio 2 – Tanini. Über die Logenbrüder auf den Posten gekommen. Der gehörte früher zur P 2 und ist aufs engste mit Angelini und somit auch mit Colnago, Rebuffo und dieser ganzen Mischpoke verbandelt. Ein Stück
     Scheiße. Sie haben es erst im Guten probiert, dann durch Bestechung, dann durch Einschüchterungen. Da du nicht nachgibst,
     sind sie jetzt zu persönlichen Angriffen übergegangen: Sie wühlen in deiner Vergangenheit, haben ihre Schießhunde bei Journaille
     und Staatsanwaltschaft losgehetzt. Du weißt, was das bedeuten kann …«
    »Ja. Das weiß ich. Du meinst, es wäre besser, wenn ich aus der Deckung käme? Wenn ich es zuerst preisgebe?«
    »Nein. Absolut nicht. Wie heißt es:
excusatio non petita
… Wie auch immer: Hat die Staatsanwaltschaft schon reagiert?«
    »Bisher nicht. Aber ich habe das Gefühl, daß sie jeden Moment anrufen werden.«
    »In Ordnung, dann mache ich jetzt die Leitung frei. Ich gebe dir am Nachmittag Bescheid.«
     
    Punkt elf betrat der Kommissar Delrios Büro. Der junge Staatsanwalt schien durch den Artikel nicht aufgebracht zu |235| sein, er begrüßte den Kommissar sogar mit einem tröstenden Lächeln, ließ ihn Platz nehmen und rief in der Bar an, um zwei
     Kaffee zu bestellen. Die paar Minuten Wartezeit überbrückte er mit Smalltalk über das Wetter und die bevorstehenden Ferien,
     er fragte, wo der Kommissar im Sommer hinzufahren gedenke. Marco Luciani dachte, daß er garantiert nirgendwohin fahren würde,
     denn er wollte sparen und sich eine andere Wohnung suchen. Doch er antwortete, er wisse es noch nicht, er redete vage vom
     Meer, vielleicht Korsika. Der Staatsanwalt war begeistert, Korsika kenne er gut. Er empfahl Luciani einige vom Tourismus fast
     unberührte Stellen,

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