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FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst

FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst

Titel: FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tino Hemmann
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Augen. Ein hässlicher Gedanke fuhr in seinem Gehirn Achterbahn. In den letzten Jahren wurden viele Kinder nur tot und zufällig gefunden, die so plötzlich verschwanden. Nur in Leipzig lag der letzte Fall schon fast zehn Jahre zurück. Damals war der Täter schnell überführt. Die Leiche des Jungen fand man unter einem Gullydeckel.
    Trotzdem übermannte der Schlaf die schlechten Gedanken des Kommissars.

    Draußen war es noch ziemlich dunkel. Der Junge stand allein an der Bushaltestelle in Markranstädt, direkt an der B 87. Ununterbrochen fuhren große Laster vorbei, die Straße war nass und schmutzig, in der Nacht hatte es geregnet. Erik Schultz hatte sich die Kapuze über den Kopf gezogen, die Hände waren in den Hosentaschen vergraben. Und trotzdem zitterte der dunkelblonde Junge. Jeden Morgen musste er mit dem Bus in den Leipziger Stadtteil Grünau fahren, jeden Nachmittag zurück. Andere aus seiner Klasse standen gerade auf, wenn er bereits an der Haltestelle fror.
    Plötzlich bog ein alter, rostiger, weißer Transporter in den Haltestellenbereich ein. Ein Mann rutschte vom Fahrer- auf den Beifahrersitz und öffnete die Tür. Er trug einen Vollbart und eine Brille.
    „He, Junge!“, rief der Mann und winkte Erik zu sich. „Sag mal, weißt du, wo ich das Allee Center finde? Ich muss da dringende Arzneimittel hinbringen.“
    Erik ging etwas näher. Aus dem Auto kam ihm eine angenehme Wärme entgegen. „Das ist gleich neben meiner Schule. Auf der andren Seite von der Schönauer Straße in Grünau.“
    „Was ist, willst du mitkommen, schnell steig ein, dann kannst du mir zeigen, wie ich fahren muss.“
    Der Neunjährige überlegte keine Sekunde lang. Sofort stieg er in das Fahrzeug, der Mann rutschte rüber und verließ den Haltestellenbereich des Busses. Kurz darauf hielt Eriks Bus an der gleichen Stelle.
    Der Junge versank fast in dem großen, weichen Sitz. Er zog die Kapuze vom Kopf. „Sie müssen jetzt immer geradeaus, bis zum Kreisverkehr und dann Richtung Leipzig.“ Jetzt erst fiel ihm ein, dass seine Mutter, Cornelia Schultz, ihm erst kürzlich verboten hatte, mit fremden Leuten mitzufahren. Erik warf einen argwöhnischen Blick auf den Fahrer.
    Der lächelte unentwegt. „Wie heißt du?“
    „Erik.“
    „Und wie noch?“
    „Schultz. Erik Schultz.“
    „Du musst ziemlich weit in deine Schule. In welche Klasse gehst du?“
    „Dritte. Wir sind erst von Grünau nach Markranstädt gezogen. Wir haben jetzt ein eigenes Haus. Und ich soll das Jahr noch in meiner alten Schule zu Ende machen, dann komm ich in eine neue Klasse.“
    „So, so.“
    Sie waren am Kreisverkehr angekommen, nun ging es durch den Wald Richtung Leipzig, immer am Kulkwitzer See entlang, wo Erik mit den Freunden im Sommer häufig baden war.
    Auf der Straße stauten sich wie an jedem Morgen die Autos, der Mann musste bremsen und halten.
    „Willst du wissen, was das für Medizin ist, die ich liefere?“, fragte er plötzlich und lächelte wieder.
    Erik nickte.
    „Warte.“ Der Mann nahm eine Plastikbüchse aus dem Fach vor Erik und öffnete sie mit einem Ruck. Aus der Büchse zog er einen weißen Lappen und hielt ihn Erik unter die Nase. „Riech mal.“
    Ein beißender Geruch nahm Erik die Luft, er spürte gerade noch, dass alles um ihn herum verschwamm, nahm das Lachen des Mannes wahr, dann rutschte er narkotisiert in sich zusammen. Der Mann zerrte Erik den Ranzen vom Rücken und schob den ohnmächtigen Körper vor die Sitzbank auf den Boden des Transporters. Er packte den Lappen zurück in die Büchse, öffnete das Fenster und zündete sich einige Zeit später eine Zigarette an.

    Kriminaloberkommissar Hinrich wurde am Morgen unsanft geweckt. Die Tür hatte sich geöffnet und eine derbe Stimme rief: „Der Direktor ist am Telefon!“
    Es dauerte ein Weilchen, bis Hinrich zu sich kam, dann zog er seine schwarzen Lackschuhe an, schnürte sie zu und lief hinaus auf den Gang, wo bereits ein reger Betrieb herrschte. Die meisten kamen gerade in ihre Dienststelle und freuten sich auf einen neuen Arbeitstag.
    Hinrichs Büro war leer, die rote Lampe von Leitung sieben blinkte erregt. Hinrich setzte sich, trank mit verzogenem Gesicht einen Schluck kalten Kaffee, der von der Nacht über war, griff zum Hörer und drückte auf den Knopf neben Leitung sieben.
    „K 1, KOK Hinrich am Apparat.“
    Dr. Schubarth klang verhältnismäßig ruhig. „Holger, hier ist Heinz. Hast du ein bisschen geschlafen?“
    „Ein bisschen wenig. Was

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