FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst

Hat dein Chef über ihn gesprochen? – Einmal? – Und später im Rathaus nicht? –Okay, zweite Frage: Welche Sorte raucht dein Chef? Ernte 23? Aha. Letzte Frage: Wäre es möglich, dass eine Abmeldung eines Bürgers von eurem Amt aus erfolgt, eventuell über den Rechner? Nein? Ach, wahrscheinlich nicht ... – Erzähl deinem Chef nichts davon, dass ich diese Fragen gestellt habe. In deinem Interesse. Klar? – Kannst du mich ins Vorzimmer eures Oberbürgermeisters verbinden? – Na, dann gib mir die Zentrale.“
    Hinrich hörte gespannt zu. Hanni Polterer hielt die Sprechmuschel zu und raunte: „Ordentliche Raucher wechseln nie die Sorte. – Wat, wie? Ja, gute Frau, geben Sie mir bitte das OBM-Vorzimmer. – Hallo? Hier Polterer, Kripo Hamburg, ist diese Woche eine Fragestunde beim OBM gewesen? Wat, nein, ach Herr Hohenteich weilt nicht in der Stadt? Kommt erst Freitag zurück. Ja, dann kanner ja nicht ... Na gut, dann nächste Woche ... Tschühüss.“
    Die Kommissarin schlürfte ihren Kaffee, den Frau Heinrich gerade gebracht hatte. „Das Alibi von Gutmeyer für Montag war   ziemlich billig.“
    Hinrich wählte nun seinerseits eine Nummer. „SoKo ERIK, Kriminaloberkommissar Hinrich. Ich muss im Zusammenhang mit unseren Ermittlungen eine Frage stellen. Sie schwören mir vorher, dass Sie mit niemandem darüber reden. Ich habe Ihren Namen notiert. – Vor einer Woche wurde ein gewisser Emanuel Müller, wohnhaft in der Frankestraße 12, Jahrgang 83 abgemeldet. Ich muss wissen, von wem! – Was, vorbeikommen, soll ich Sie kurz mit dem Polizeipräsidenten verbinden, damit Sie mir glauben? – Na, aber ... Ja, ja ... Was? Ist nicht abgemeldet? Gut, die Auskunft reicht mir. Schönen Tag noch.“ Hinrich knallte den Hörer hin. „Na so was ... – Denkt der Gutmeyer, dass wir blöd sind?“
    „Ich fasse zusammen: Gutmeyer hat uns belogen, was den gestrigen Abend angeht. Müller war nie im Rathaus, obwohl er dort‚ die Politik kennen lernen sollte. Der Herr Mathematik-Doktor raucht Ernte 23 und hat den jungen Müller immer mal abgeholt. Und das, wo der sich an die Praktikantennamen praktisch nicht erinnern konnte. Dass der Müller in Markranstädt war, fiel ihm aber sofort ein. Und abgemeldet hat sich Emanuel Müller nur in Gutmeyers Lüge. – Willst du meine persönliche Meinung wissen?“
    Hinrich saß vor seinem Computer. „Nee, es ist die gleiche, wie meine. Entweder Gutmeyer hat uns den Emanuel Müller zum Tätergeschenk machen wollen, weil er ihn warum auch immer nicht mehr leiden kann, oder beide sind irgendwie in die Sache verwickelt. – Wann kommt denn Engler endlich zurück?“
    „Ruf ihn doch an“, war die logische Schlussfolgerung der Kommissarin. „Dann weißt du es.“
    Hinrich nickte, nahm sein Handy zur Hand.
    „Was ist los, Toni? Wo bleibst du?“
    „Es ist alles ein wenig verwirrend, Herr Kommissar. Schiller untersucht gerade Emanuel Müllers Zweizimmerwohnung. Das dauert ein wenig. Im Mülleimer hat er Zigarettenkippen gefunden, obwohl Müller Nichtraucher ist. Das haben uns Hausbewohner erzählt.“
    „Ihr arbeitet ja unglaublich verdeckt. Waren es HB?“
    „Nein. Ernte 23. – In der Wohnung wimmelt es außerdem von Fingerabdrucken. Die zuzuordnen, wird einige Zeit beanspruchen. Müller scheint die Wohnung ziemlich plötzlich verlassen zu haben, sozusagen ist er ungeplant verschwunden. Er hat niemandem erzählt, wohin. – Wissen Sie’s schon?“
    „Was weiß ich schon?“
    „Das LKA hat raus, wer die Kippen geraucht hat, die unsere K 3 nach den Entführungen fand. Es müsste ein Bericht auf Ihrem Platz liegen.“
    „Wann bist du wieder da?“ Hinrich rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her.
    „Kommissar Minkwitz fährt jetzt zurück ins Präsidium, der bringt mich mit.“
    „Gut, gut, dann bis gleich.“
    Hinrich legte auf und griff zu einer Dokumentenmappe, die auf seinem Tisch lag. „SoKo ERIK – streng vertraulich“, stand darauf.
    Hanni Polterer schaute über seine Schulter.
    „Sag mal, ich hatte doch nicht geträumt, als ich meinte, dass ich über alle wichtigen Dinge informiert werden wollte? Die haben den genetischen Fingerabdruck zugeordnet und ... – Das ... das gibt’s doch nicht ...“, murmelte Hinrich, während er las. „Zweifelsfrei ermittelt ... Genetischer Fingerabdruck stimmt überein mit dem des Dimitri Ronkow ... Fahndung läuft seit vierzehntem Dezember ... Raubüberfälle ... Drogenschmuggel ... Erpressung ... Flucht aus dem Gewahrsam ... Ich