FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst
Er sprach sehr leise.
Hinrich und die Polterer spitzten ihre Ohren.
„Muss Liebe schön sein ..., ich kann mich leider nicht mehr erinnern ...“, flüsterte die beleibte Hamburgerin und griente. Dann pfiff sie leise vor sich hin: Auf der Reeperbahn nachts um halb Eins ...
Hinrich stand verlegen auf. „Wie ich das vermisst habe, bei ihm“, raunte er. „Aber ich geh dann mal lieber ...“, und verließ nun endlich das Zimmer.
Wieder klingelte Hinrichs Apparat. Zögernd ging die Hamburgerin ans Telefon, sie hätte liebend gern weiter den jungen Assistenten bei seinen Liebesbezeugungen belauscht.
„SoKo ERIK, Polterer am Apparat!“, sagte ihre laute Stimme. „Wat? Wie? Wo? Wann? – Das ging aber schnell. – Moment, ich hol den Hinrich eben zurück ...“ Sie ließ den Hörer auf den Schreibtisch fallen und flitzte zur Tür.
Hinrich blieb sofort stehen, als die schrille Stimme durch den Gang schallte. „Sie haben Ronkow gefunden! Da ist jemand aus Muldenfall am Telefon!“
Der Kriminaloberkommissar machte kehrt und kam rasch zurück. Seine Stirn zeigte Falten. „Muldenfall? – Was ist denn das für ein Ort?“ Im Zimmer griff er gleich zum Hörer. „Ach so, Polizeistation Muldental. Wie bitte? – Na das ging ja schnell, die fahnden seit Monaten in ganz Europa nach diesem Typ und ihr Grimmaer findet ihn in einer Stunde ... – Wie bitte? Ja, ja, ich verbinde gleich weiter, unser Schiller wird sich freuen.“
Hinrich ließ sich auf seinen Drehstuhl fallen und griff nach den Gummibären. „Zwei Mitarbeiter des Landratsamtes Grimma haben Ronkow in der Mulde gefunden. Ungefähr dreißig Kilometer von hier. Die Leiche trieb mit den Füßen nach oben, weil an seinem Hals ein kräftiges Stück Beton befestigt war. Man schätzt, dass er nur einige Stunden im Wasser hing. – Jetzt muss ich wirklich zu Schiller. – Hanni, tu mir einen Gefallen, übernimm das Gespräch mit Herrn Schwarz. Bin gleich wieder da.“
Kurze Zeit später fuhr der VW der zentralen Dienste mit Blaulicht aus. Ziel Grimma, Polizeidirektion Muldental, Schiller war wie immer dabei.
Frau Heinrich schickte ihrem Kommissar ein Email. In dieser schweren Woche wollte sie sich keine Fehler mehr leisten.
1. Schwerpunkt: Suche der vier Jungen.
2. Vermutlich wurden die Entführungen von verschiedenen Tätern geplant und ausgeführt.
3. Das Tatfahrzeug Mercedes „Sprinter“, Farbe weiß, konnte nicht gefunden werden.
4. Täter ist der bereits gesuchte Dimitri Ronkow, wurde in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch gegen 23 Uhr durch Gewalteinwirkung und/oder Ertränken getötet.
5. Die DNA der gefundenen Zigaretten an den Tatorten gehört zu Ronkow.
6. In internetgestützten Pädophilen-Foren wurden keine Hinweise gefunden. (BKA)
7. Die Suche nach den vermissten Jungen wurde am Mittwochmorgen erweitert, es wurde in Wiederitzsch, rund um den Kulkwitzer See und weiterhin in der Südvorstadt gesucht, ohne Erfolg. Im Einsatz waren 5.000 Polizisten, Helfer, Freiwillige und Soldaten aus dem gesamten Bundesgebiet. Der Einsatz wird mit gleicher Intensität am Donnerstag fortgesetzt. Schwerpunkte sind leerstehende Häuser, Gartenanlagen u.ä.
8. Jungen mit dem Vornamen Erik, zwischen dem achten und zehnten Lebensjahr, werden einzeln bewacht und beobachtet.
9. Dem Bericht des Ordnungsamtes folgend, sind in Leipzig dreihundertzwölf Sprinter verschiedener Baujahre angemeldet. Achtunddreißig weiße Mercedes Sprinter wurden kontrolliert. Keine Hinweise.
10. Über das Bürgertelefon kamen keine sachdienlichen Hinweise.
11. Die Überprüfung von bekannten Personen im Großraum Leipzig, die bereits durch Sexualstraftaten an Kindern, insbesondere an Jungen, im Großraum Leipzig auffällig waren, wurde abgeschlossen. Keine Hinweise.
12. KOK Hinrich überprüfte am Mittwochvormittag im Amt für Statistik und Wahlen, wer Zugang zu den Personendaten der Stadt Leipzig hatte. Emanuel Müller gilt als Verdächtiger, die Tat angestiftet zu haben, ist seit Freitagabend flüchtig.
13. Nach dem Bericht des Stadtgeschichtlichen Museums könnte es sein, dass der Drahtzieher der Entführungen die Nachahmung einer vor fünfhundert Jahren geschehenen Tat verfolgt. Damals wurden von Erik von Burgund mehrere Neunjährige in eine Scheune gesperrt, mussten sieben Tage hungern, bevor man sie verbrannte. Grund war eine
Weitere Kostenlose Bücher