FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst
sich ran. „Ja oder nein: Willst du bei uns wohnen?“
Engler brachte kein Wort heraus. „Das kommt etwas plötzlich ... Ja, schon ...“
„Es hat seinen Grund, warum ich frage. In der ersten Etage ist eine Wohnung frei, achtundsiebzig Quadratmeter, ich allein mit Floh – unmöglich! Aber wir zu dritt ... Der Eigentümer will bald eine Antwort. Da ist ein Rentnerehepaar, die wollten eine kleinere Wohnung, würden aber auch die große nehmen ... – Verdammt, ich hab mich total in dich verknallt.“ Sie drückte ihn wieder fest an sich. „Ich will nicht mehr allein sein ... Irgendwie passen wir zusammen. Ich hätte nie gedacht, dass es ein Mann schaffen könnte ... mich noch mal ...“
Engler konnte sich nicht wehren.
„Du weinst ja?“ Jutta Krahmann wischte dem Assistenten Tränen aus dem Gesicht. „Ist das Trauer oder Freude?“
Engler schämte sich nicht. „Seit gestern, seit wir zusammen waren ... ich ... und du, da habe ich gemerkt, was ich bisher verpasst habe.“
Und Engler küsste und streichelte sie, nur Florians Frage „Wann gibt’s denn was zu Essen?“ hielt die beiden davon ab, miteinander zu verschmelzen.
„Komm du Floh, ich zeig dir was, los, kommt mit Männer!“ Jutta Krahmann öffnete die Wohnungstür und betrat das Treppenhaus. „Na nun kommt schon!“ Sie hielt einen Schlüssel hoch und ließ ihn am Ring zappeln.
Unten, in der ersten Etage, schloss sie aufgeregt die Wohnungstür auf. „Ist die nicht herrlich?“ Die Wohnung wirkte hell und sauber, neuer Belag, neue Tapete, neue Fliesen im Bad ... Schnell lief Mutter Krahmann von einem Zimmer ins andere. „Hier ist das Wohnzimmer ... und hier das Schlafzimmer – ist das nicht herrlich – ... und hier das Kinderzimmer. Und die Einbauküche ...“
Florian strahlte. „Meinst du, wir ziehen um, Mami? Und Toni wohnt bei uns? Wirklich?“
Engler drückte Florian und dessen Mutter an sich. „Wir werden schon ein gutes Team. Auch, wenn es etwas schnell geht. – Wann soll der Umzug denn über die Bühne gehen?“
„Am Wochenende, wenn ich die Wohnung nehme, übernimmt der Vermieter die Wohnung oben, wie sie jetzt ist. Wir müssen nur raus.“
Engler kratzte sich am Kopf. „Das ist in drei Tagen. Hast du denn jemanden, der uns hilft?“
„Eher nicht. Und du?“
„Bestimmt. Wenn ich Hinrich dafür begeistern kann, sind ruckzuck zwanzig Leute zusammen.“
„Der wird sich dafür begeistern.“ – ‚Der hat uns schließlich zusammen gebracht.’ Den letzten Satz dachte sich Jutta Krahmann.
Die kleine Kuschelstunde wurde durch das aufdringliche Klingeln von Englers Handy beendet.
„Schnell, er besucht eine Sauna, Otto-Schill-Straße, bring mal lieber ein Handtuch mit oder was man sonst noch braucht ...“
„Otto-Schill-Straße? – Handtuch? – Bin schon unterwegs.”
Engler gab seiner Jutta einen Kuss und verabschiedete sich von Florian. „Das mach ich nur für Erik. In der Nacht muss ich aber nach Hause, ein paar neue Sachen holen. Ich pack mir dann gleich was ins Auto ... Macht’s gut, ihr beiden.“
„Viel Erfolg“, noch ein Kuss, dann wurde Engler entlassen.
Auf dem Weg zum Auto überlegte er, wo die Otto-Schill-Straße war, es fiel ihm ein, dass die direkt am Dittrichring, keine dreihundert Meter vom Kripo-Gebäude entfernt war. Handtuch! Dass dort eine Sauna sein sollte, wusste er allerdings nicht. Engler war noch nie in seinem Leben in einer öffentlichen Sauna. Und noch nie in einer anderen.
Zehn Minuten später fuhr Engler auf einen Parkplatz, lief zum Fahrzeug seiner Kollegin.
„Soll ich jetzt da rein?“, fragte Engler.
Sie grinste.
„Was macht man in so einer Sauna?“
„In erster Linie schwitzen ...“ Sie grinste noch etwas mehr. „... und dies und das.“
„Dies und das? Na, ich geh dann mal, ich begleite ihn danach noch bis zu seinem Haus, dann ruf ich an. Ist das okay?“
„Das ist okay. – Viel Spaß dann auch.“ Immer noch dieses Grinsen.
Langsamen Schrittes ging Engler auf das Gebäude zu. „Stargayte“, stand über dem Portal. „Montag Partnertag, Mittwoch bis 24 Uhr, Freitag 15 bis Sonntag 24 Uhr geöffnet ...“ Merkwürdige Zeiten.
Vorsichtig trat Engler ein. Der Eingangsbereich wirkte warm, sauber und ordentlich, unzählige Lichtschlangen gaben ihm eine gewisse Kinoatmosphäre. Eine kurze teppichbelegte Treppe folgte, dann eine Bar. An netten, kleinen, runden Tischen saßen ausschließlich Männer. Mittwoch ist schließlich kein Partnertag, dachte Engler sich.
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