FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst
Toni?“
Katrin Schuster grüßte ebenfalls den Kommissar. „Da, im Krankenwagen.“
Hinrich lief zu jenem Krankenwagen, stieg einfach hinten rein. Ein Notarzt kümmerte sich um Engler, der beim besten Willen nicht liegen bleiben wollte.
„Wer sind Sie?“, fragte der Notarzt.
„Toni, bleib still liegen“, antwortete Hinrich. „Ich leite die Ermittlungen.“ Der Kommissar beugte sich zu seinem Assistenten, dessen Kopf in einem Bandagenturban verschwunden war. „Kann er sprechen?“
„Natürlich kann ich sprechen“, raunte Toni Engler.
„Als die ersten Kameraden hier waren, hat er versucht in die brennende Garage zu gelangen, obwohl das unmöglich war. Der soll ‚Die Kinder! Die Kinder!’ gerufen haben. – Keiner weiß warum. Kinder waren da keine.“
„Zum Glück. Ich weiß, warum er geschrieen hat, ich hätte es auch versucht, hineinzukommen“, raunte Hinrich. „Haben Sie ihn ausreichend versorgt?“
„Der hat eine Platzwunde am Hinterkopf, wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung, ein paar leichte Brandwunden im Gesicht und an den Händen. Sollte in jedem Fall in Behandlung.“
„Geht es, dass Sie uns fünf Minuten allein lassen?“ Hinrich klopfte dem Notarzt auf die Schulter.
Der überlegte kurz. „Gut. Fünf Minuten.“ Und verschwand aus dem Fahrzeug.
Kauernd hockte der Kommissar neben seinem Assistenten. „Was ist passiert, Toni?“
Englers Augen trafen ihn. „Viel ... Waren die Jungs nun drin?“
Hinrich griff vorsichtig nach Englers Hand. „Nee. Waren sie nicht. Zum Glück. Der einzige, der was abbekommen hat, bist du. – Nun erzähl schon.“
Englers Stimme klang schwach. „Gutmeyer hatte ein Verhältnis mit Emanuel Müller. Müller wollte Gutmeyer verlassen, weil der sich nicht von seiner Frau trennen will. Ich vermute, dass Gutmeyer heute die Kinder und Spuren beseitigen wollte. Der wollte ein neues Leben anfangen und ich habe ihn wahrscheinlich auf diese Gedanken gebracht. Warum auch immer. Sie waren hier, da bin ich ganz sicher.“
Hinrich griff sich ans Kinn. „Vielleicht hat Gutmeyer bemerkt, dass er beschattet wurde?“
„Nee, hat der nicht, im Gegenteil, er hat sich mir anvertraut. Und wenn er es bemerkt hätte, dann wäre er niemals hierher gefahren, nachdem ich mit ihm ...“
„Du hast mit Gutmeyer geredet?“
Engler lächelte. „Geredet, geschwitzt und noch so Dinge ...“
Hinrich verstand nun gar nichts mehr.
„Herr Kommissar? Können Sie Katrin Schuster dann mal kurz zu mir ... Ich weiß, dass sie hier ist.“
Hinrich nickte. „Klar doch. Du fährst jetzt ins Krankenhaus und wenn es dir besser geht, dann meldest du dich. Alles klar?“
„Alles klar, Herr Kommissar.“ Engler lächelte. Er griff erneut nach Hinrichs Hand. „Noch etwas ...“
„Mensch Junge, du klingst, als wenn du das Zeitliche segnest. Was ist denn?“
„Hören Sie, das ist ganz wichtig. Am Samstag, zehn Uhr, da brauche ich zehn Leute. Die sollen bei Jutta Krahmann sein, ihr beim Umzug helfen.“
„Man, Toni, du entwickelst dich zum Samariter. Ich seh zu, was ich machen kann. Wo zieht sie denn hin?“
„In die erste Etage. – Versprochen?“
„Versprochen, Toni. – Ich hol jetzt mal die Kollegin Schuster. Alles Gute.“ Hinrich drückte Englers Hand kurz, dass der schmerzverzerrt das Gesicht verzog.
Kurz darauf stieg Katrin Schuster in den Krankenwagen. „Hallo, Kollege Engler, wie geht’s?“
„Na, es geht so. Ich habe eine Bitte. – Dass ich gestern in einer Gay-Sauna war, darüber schweigen Sie. Schaffen Sie das? Es reicht, wenn sich Hinrich lustig drüber macht. Und das nächste Mal sagen Sie mir gleich, worauf ich mich einlasse. Okay?“
Sie grinste. „War’s denn schön? Was haben Sie denn dort gemacht?“
„Nichts weiter. Nur geschwitzt, wissen Sie, und dies und das ...“
„Ach so. Dies und das. – Versprochen, ich erzähl nichts. Ich versuche mich wieder an Gutmeyer zu hängen. Und Sie werden jetzt schnell gesund. – Gute Nacht.“
Zwei Minuten später setzte sich der Krankenwagen in Bewegung. Engler wurde in die Notfallambulanz ins St. Georg gebracht, noch in der Nacht genäht und geröntgt.
Am nächsten Morgen wurde er zu einer Entlassungsuntersuchung gerufen. Im Warteraum saß er neben Christian Lohmann, erfuhr es jedoch erst, als dieser vor ihm aufgerufen wurde. Die vermutliche Gehirnerschütterung von Engler stellte sich als nicht sehr schlimm heraus. Nur ein Kopfbrummen blieb für längere Zeit und die kahle Stelle auf dem
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