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FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst

FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst

Titel: FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tino Hemmann
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Hamburgerin lachte. „Das wär’ ja noch schöner, nein, den lass ich Ihnen. – Ich bin von der Kripo, man hat mich aus Hamburg geholt, damit ich die SoKo unterstütze. Ich bin Psychologin, versuche mich in die Gedanken der Täter ‘reinzuversetzen, und manchmal bin ich die Kehrmaschine, die den Dreck aus den zwischenmenschlichen Beziehungen saugt. – Ihr Frank und ich, wir haben uns heut lange unterhalten. Und ich dachte, dass wäre wohl ganz gut, wenn wir uns mal zusammensetzen. Sie, Melanie, ich und ihr Mann – oder sagen wir besser, der Vater ihrer Kinder. Ist er doch – oder?“
    Christine Schwarz lächelte nun. „Das sieht man doch. Beide sehen ihm verdammt ähnlich.“
    Die vier Personen liefen in das große Wohnzimmer, wollten sich an den runden Tisch setzen.
    „Melanie, komm doch mal. Zeig mir dein Zimmer.“ Hanni Polterer zog das Mädchen einfach mit sich.
    Zusammen stiegen sie die Treppe hinauf.
    „Besser, wir lassen sie ein paar Minuten allein. Eltern müssen manchmal über Dinge reden, über die sie nur sprechen, wenn sie allein sind. – Das ist dein Reich hier? – Was macht die Schule?“
    „Schlimm. Ich hab Riesenprobleme, das war früher nie so. Meine Lehrer nehmen zwar alle Rücksicht, aber ...“
    „Mach dir da mal keinen Kopf, min Deern. Das wird wieder. Mein Gefühl sagt mir, dass wir so nah ran sind, deinen Bruder zu finden. Das Dummtüüchgefasel und die Schwarzmalerei vergiss mal lieber.“ Die Kommissarin zeigte mit den Fingern einen winzigen Abstand. „Du bist Eminem-Fan?“ Überall im Zimmer hingen Plakate des Rappers.
    Melanie nickte. „Ist nicht schlecht.“  
    „Zeigst du mir auch das Zimmer deines Bruders?“
    Beide gingen in den Raum nebenan. Das Mädchen betätigte den Lichtschalter und verweilte still. Auf dem Boden standen unzählige Lego-Spielzeuge, das Bett schien unberührt, im Kissen hatten wenigstens zwanzig Kuscheltiere ihren Platz gefunden. Neben einem Schreibtisch stand der blaue Ranzen mit großen Pokemòn-Abbildungen, auf dem Tisch ein offenes Heft.
    „Er hat noch schnell die Hausaufgaben gemacht, dann hat Mami ihn zu Florians Kindergeburtstag gefahren. Er wollte seinen Ranzen abends packen.“ Melanie blickte auf ein Foto, das mit Stecknadeln an der Tapete befestigt war und zeigte es der Hamburgerin. „Das war voriges Jahr, Mama war mit uns auf Gran Canaria. Zwei Wochen.“
    Das Foto zeigte Erik, Hand in Hand mit Melanie, als sie aus dem blauen Wasser zum Strand liefen. Braungebrannt und lachend, in Bikini und Badehose.
    „Wir finden ihn“, meinte Hanni Polterer wieder.
    „Lebend?“
    „So Gott will.“ Die Kriminalistin lenkte schnell ab. „Sag mal, habt ihr hier einen Pizzaservice?“
    Melanie reichte Hanni Polterer ein Prospekt, das sie schnell aus ihrem Zimmer geholt hatte.
    „Was meinst du, sollte ich alle zum Abendessen einladen? Ich bin richtig ausgehungert. – Wo ist das Telefon?“
    „Ich habe ein Mobilteil im Zimmer.“
    Kurz darauf bestellte Hanni Polterer vier verschiedene Pizzen und zwei Flaschen Rotwein. „Aber machen Sie Dampf, junger Mann!“, schloss sie den Anruf ab.
    Die beiden gingen wieder hinunter in die Küche und setzten sich auf zwei Barhocker, an die amerikanische Küchenzeile.
    „Sag mal, deine Mutter raucht wohl?“, Hanni Polterer zog den Aschenbecher zu sich heran. „Das ist sehr vernünftig.“ Sie zündete sich eine Zigarette an. „Du etwa auch?“
    Melanie lenkte schnell ab. „Was hat die Polizei für eine Spur? Sie haben gesagt ...“
    „Du. Sag Hanni und du , das machen alle. – Pass auf, ich erzähl dir was, auch wenn es merkwürdig klingt: Vor fast fünfhundert Jahren wurde die Stadt Leipzig vom deutschen Kaiser belagert. Da gab es einen Holländer, der holte sich eine Handvoll Jungen aus den umliegenden Dörfern, sperrte sie in eine Scheune und ließ sie hungern. Er drohte den Stadtherren von Leipzig, dass er die Kinder verbrennt, wenn Leipzig sich nicht ergibt. Die Politiker waren damals nicht anders, als heute, sie haben nicht nachgegeben. Also verbrannte dieser Holländer die Jungen. Der Holländer hieß Erik von Burgund. Das Ganze fand im Jahre 1547 statt. Und es scheint fast so, als soll diese Geschichte wiederholt werden.“
    „Also wird die Stadt Leipzig erpresst?“
    „Nein, ganz so ist es nicht. Jemand hat vier Eriks entführt. Dieser Jemand hat für andere gehandelt. Das bleibt unter uns: Der Entführer selbst lebt nicht mehr, der hat nur einen Auftrag ausgeführt und wurde jetzt

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