FreeBook Todesschwadron von Lissabon - EU Undercover Bd 1
hatte ihr der Feuerüberfall im
Einkaufszentrum doch mehr Kräfte geraubt, als sie zunächst geglaubt
hatte. Wie sie selbst fand, überlegte sie einen Augenblick zu lang. Aber
Shaw wertete ihr Schweigen offenbar als Zustimmung.
»Sehr gut, Officer Brunner. Dann schlage ich vor, dass wir uns in einer
halben Stunde in der Hotel-Lobby treffen.«
Mit diesen Worten legte er auf. Jasmin ertappte sich dabei, dass ihr Herz schneller
schlug. Sie war so aufgeregt, als ob sie eine richtige Verabredung mit einem
Mann hätte.
Nun bleib mal auf dem Teppich!, ermahnte sie sich selbst. Shaw ist
dein Vorgesetzter und dieses Abendessen ist rein dienstlich zu betrachten. Wahrscheinlich
wird er dich abkanzeln, weil du bei dem Feuerüberfall so herumgestümpert
hast! Doch trotz dieser Einwände ihres eigenen Gewissens konnte Jasmin nicht
aus ihrer Haut. Sie wollte Shaw gefallen, er sollte sie attraktiv finden. Mehr
oder weniger hastig brachte sie ihr Make-up in Ordnung. Ausgerechnet in diesem
Moment klingelte ihr privates Handy.
Jasmin zerbiss einen Fluch auf den Lippen. Aber der Anruf konnte wichtig sein.
Schließlich hatten nur wenige Menschen ihre Mobilnummer. Sie meldete sich
mit ihrem Namen.
Lisa Janowsky war die Anruferin. Jasmin holte tief Luft. Einerseits freute sie
sich, trotz des hässlichen Streits von ihrer (ehemaligen?) Freundin zu
hören. Andererseits wollte sie auf keinen Fall zu spät zu dem Abendessen
mit Shaw gehen.
»Ich wollte mal hören, wie es dir so geht in deinem neuen Job«,
sagte die Frau im fernen Wiesbaden.
Ganz gut, abgesehen davon, dass ich heute einen Menschen erschossen
habe, dachte Jasmin. Aber sie sagte: »Es ist ganz anders als beim BKA.«
Und das war noch nicht einmal gelogen.
»Du klingst irgendwie gehetzt. Und der Verkehrslärm im Hintergrund
ist ganz fürchterlich. Ist Den Haag so eine extreme Autostadt?«
Jasmin war mit dem Handy ans offene Fenster getreten.
»Den Haag nicht, aber Lissabon. Dort bin ich nämlich momentan. Hör
mal, Lisa, ich freue mich wirklich über deinen Anruf. Aber ich bin ein
bisschen auf dem Sprung. Ich gehe nämlich gleich mit Shaw essen, und ...«
»Ein Abendessen mit dem Chef!« Lisa pfiff durch die Zähne. »Das
scheint ja richtig abzugehen bei dir. Dann will ich für dich hoffen, dass
wenigstens eines der Gerüchte über Shaw eine glatte Lüge ist.«
Jasmin merkte, dass sie sich schon wieder über ihre Freundin zu ärgern
begann. Aber trotzdem konnte sie ihren Wissensdurst nicht unterdrücken.
»Und von welchem Gerücht sprichst du?«
»Shaw soll stockschwul sein.«
»Das ist seine Angelegenheit«, knurrte Jasmin angesäuert. »Und
nun muss ich wirklich Schluss machen, Angus mag nämlich keine Unpünktlichkeit.«
Sie beendete die Verbindung, bevor Lisa sich verabschieden konnte. Plötzlich
wurde Jasmin bewusst, dass sie Shaw beim Vornamen genannt hatte, wenn auch nur
Lisa gegenüber. Es kam ihr seltsam und irgendwie falsch vor. So, als würde
sie etwas vorspiegeln, was gar nicht vorhanden war. Und genau das hatte sie
soeben wirklich getan. Jasmin wollte bei Lisa den Eindruck entstehen lassen,
dass sie und Shaw mehr waren als nur Kollegen ...
Jasmin schlüpfte in ein knielanges hellrotes Sommerkleid und stieg in die
dazu passenden Sandaletten. Sie fand ihren eigenen Anblick im Spiegel unerträglich,
aber das lag zweifellos an ihrer miesen Stimmung. Lisa hatte ihr mit dem Anruf
so richtig den Abend verdorben. Jasmin warf einen Blick auf die Uhr. Es war
keine Zeit mehr zum Überlegen. Sie schob ihre Dienstwaffe in ihr Abendtäschchen
und verließ fluchtartig das Zimmer.
Shaw hatte sich ebenfalls umgezogen. Jasmin fand, dass er in seinem dunkelgrauen
Anzug sehr gut aussah. Sofort musste sie wieder an Lisas Anruf denken.
Nein, nicht alle attraktiven Männer sind homosexuell, betete Jasmin
sich vor. Und selbst wenn er es wäre – Angus, nein, Senior Officer
Shaw ist mein vorgesetzter Offizier. Ich habe eine rein dienstliche Beziehung
zu ihm. Aber die junge Frau wusste, dass sie sich in diesem Moment selbst belog.
Shaw lächelte ihr zu.
»Guten Abend. Sie sehen jetzt etwas erholter aus als vorhin, wenn ich das
so sagen darf. Kommen Sie, wir nehmen für den Weg zum Restaurant die Straßenbahn.
Das ist ein Stück echtes Lissabon.«
Jasmin hakte sich wie selbstverständlich bei ihm ein, ohne darüber
nachzudenken. Sie gingen hinaus. Durch den frischen Wind vom Atlantik her war
die Hitze
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