FreeBook Todesschwadron von Lissabon - EU Undercover Bd 1
eine andere Idee, die sie ziemlich beunruhigend fand.
»Woher wissen wir eigentlich, dass nicht in diesem Moment jemand ein Gewehr
mit Zielfernrohr auf uns gerichtet hat?«
»Wir wissen es nicht«, räumte Shaw ein. »Und unsere Chancen
wären in einem solchen Fall erbärmlich, ehrlich gesagt. Mit zwei Hochgeschwindigkeitsgeschossen
könnte jemand sowohl Sie als auch mich innerhalb von zehn Sekunden erledigen.
Unser Blut und Gehirn würde über diesen ausgezeichneten Bacalhau spritzen, was wirklich eine Verschwendung wäre. – In diesem Sinn:
Guten Appetit.«
Während Shaw sprach, wurde der luftgetrocknete Stockfisch serviert, von
dem er zuletzt gesprochen hatte. Jasmin schaute in seine hellen Augen. Sie wusste
nicht, wie sie seine Bemerkung einordnen sollte. Sie würde sich wohl damit
abfinden müssen, dass Shaw einstweilen für sie undurchschaubar blieb.
Also beschränkte die junge Polizistin sich auf ein Lächeln und widmete
sich dem Essen.
Es wurde ein wunderbarer Abend und Shaw erwies sich wieder als charmanter Plauderer.
Zeitweise schaffte es Jasmin sogar, nicht an das Fadenkreuz eines Zielfernrohrs
zu denken, das möglicherweise auf ihren Kopf gerichtet war ...
4. Kapitel
Jussuf kannte den Stadtteil Alfama wie seine Westentasche. Obwohl er sich momentan
nur humpelnd fortbewegen konnte, schlängelte er sich geschickt durch enge
Spalten hinter stinkenden Mülltonnen, kletterte über niedrige Zäune
und huschte durch Haustüren, die nur scheinbar seit Jahrzehnten nicht geöffnet
worden waren. Khaled und Isabel blieben ihm hart auf den Fersen.
Sie schlüpften durch den Arco do Rosário, wo jenseits der Rua Cais
de Santarém das Hafengelände begann. Hier führte Jussuf seine
beiden Retter in ein Abbruchhaus, dessen Türen und Fenster zugemauert waren.
Doch es gab einen geheimen Eingang auf dem Hof, der Uneingeweihten niemals aufgefallen
wäre.
Ein anderer Araber spielte den Türwächter auf der Innenseite des Eingangs.
Aus seinem Hosenbund ragte der Griff einer Automatikpistole. Er warf den beiden
Undercover-Officers einen misstrauischen Blick zu.
Jussuf erklärte ihm wortreich auf Arabisch, dass Khaled und Isabel ihn
vor der Ghanaer Gang gerettet hätten.
»Ich will sie dem Boss vorstellen, vielleicht geht da was«, sagte
er zum Schluss. Khaled verstand natürlich jedes Wort, da er die arabische
Sprache ebenfalls beherrschte.
»Falls nicht, werden sie unser Versteck nicht lebend verlassen«, gab
der Wachtposten trocken zurück. »Der Boss ist in seinem Büro.
Er telefoniert gerade, glaube ich.«
Das Versteck der arabischen Bande war ein ehemaliges Lagerhaus. Im Grunde diente
es auch jetzt noch diesem Zweck. Im Licht von batteriegetriebenen Lampen sahen
Khaled und Isabel überall Unterhaltungselektronik herumstehen, zum Teil
originalverpackt. In prallen Plastiksäcken befand sich vermutlich anderes
Diebesgut. In einer Ecke stapelten sich unzählige Handtaschen, die wahrscheinlich
von Touristinnen nicht ganz freiwillig an Jussuf und seine Kumpels weitergegeben
worden waren ...
Zwischen den erbeuteten Gegenständen lungerten einige andere junge Araber
herum. Sie schlugen mit Hilfe von MP3-Playern oder Playstations die Zeit tot.
Als Jussuf in Begleitung von Khaled und Isabel hereinkamen, musterten die Jugendlichen
die portugiesische Europol-Beamtin mit lüsternen Blicken. Aber angesichts
von Khaleds gewaltigen Bizepses wagte es keiner der Kerle, Isabel anzumachen.
Die beiden Undercover-Officers stellten ihre Reisetaschen ab und grüßten
lässig. Sie kannten ihre Tarnexistenzen in- und auswendig. Khaled gab sich
als Marokkaner aus, der sich ohne gültige Ausweispapiere zwischen Frankreich,
Spanien und Portugal treiben ließ. Isabel hingegen spielte eine abenteuerlustige
Brasilianerin, wodurch einerseits erklärt wurde, warum sie perfekt Portugiesisch
sprach (die Amtssprache in Brasilien), andererseits aber eine illegale Emigrantin
war.
Es gab in dem Lager für gestohlene Ware auch einen Bretterverschlag, der
in früheren Zeiten wahrscheinlich als Büro gedient hatte. Durch die
geschlossene Tür hörte man jemanden auf Arabisch telefonieren.
»Der Boss will euch bestimmt kennen lernen, sobald er den Anruf erledigt
hat«, meinte Jussuf.
»Kein Problem, wir können warten«, sagte Khaled und grinste gewinnend.
»Wenn wir etwas im Überfluss haben, dann ist es freie Zeit.«
Sie setzten sich zu den anderen
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