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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ahnte.
    »Lif hat recht«, bestätigte er noch einmal. »Wir müssen weg. Eure Mutter ist in Gefahr, und ich fürchte, ihr auch.«
    »Was ist geschehen?«, fragte Lif knapp.
    »Sie haben herausgefunden, wer Urd – wer eure Mutter – wirklich ist und woher sie kommt.«
    »Sie hat nichts getan«, sagte Elenia.
    »Das weiß ich«, erwiderte Thor. »Aber leider nimmt das Schicksal nicht immer Rücksicht auf das, was wahr ist oder nicht. Und schon gar nicht auf das, was wir für Gerechtigkeit halten.« Er deutete auf den Tisch, überschlug in Gedankennoch einmal rasch die Zeit, die er brauchen würde, und schnitt dann noch einmal ein gutes Drittel von der halbierten Kerze ab. »Zündet sie an, sobald ich weg bin. Sucht ein paar Lebensmittel zusammen – nicht mehr, als in einen kleinen Beutel für jeden von euch passt –, und zieht warme Kleider an. Wenn die Kerze heruntergebrannt ist, schleicht ihr euch aus dem Haus, aber gebt acht, dass euch niemand sieht. Zündet noch ein paar Kerzen an, damit es den Anschein hat, dass ihr wach und im Haus seid. Wir treffen uns am Götterpfad.«
    »Vor der Tür steht eine Wache«, gab Lif zu bedenken.
    Thor schüttelte verärgert den Kopf. »Jetzt ist keine Zeit für Spielchen, Lif. Er wird euch nicht sehen, wenn ihr das nicht wollt. Habe ich recht?«
    »Und du?«, fragte Lif, ohne seine Frage zu beantworten.
    »Ich hole eure Mutter.«
    »Dann komme ich mit.« Lif wedelte drohend mit seinem Messer. »Und wenn sie ihr etwas getan haben, dann –«
    »Niemand hat deiner Mutter etwas getan, Lif«, unterbrach ihn Thor. »Und selbst wenn, dann wärst du mir keine Hilfe.«
    »Ich kann damit umgehen«, protestierte Lif. »Besser als mancher Mann.«
    »Auch besser als Sverig mit seiner Axt?«, fragte Thor. Er gab Lif keine Gelegenheit, noch einmal aufzufahren. »Du willst wie ein Mann behandelt werden, Lif? Dann benimm dich auch wie ein solcher und nicht wie ein Kind.«
    »Weil ich dir nur eine Last wäre?«
    »Ja«, antwortete Thor hart. Er stand auf. »Wie soll ich mich entscheiden, wenn ich vor der Wahl stehe, dein Leben zu retten oder das deiner Mutter?«
    Lif presste die Kiefer fest genug aufeinander, um seine Zähne knirschen zu lassen, entspannte sich dann aber auch sofort wieder und nickte; wütend, aber nicht mehr trotzig. »Gut«, sagte er. »Aber wenn ihr etwas zustößt, dann töte ich dich, Thor.«
    Thor tat so, als hätte er den letzten Satz nicht gehört. Er deutete noch einmal auf die Kerze. »Denkt daran, was ich euch gesagt habe.«
    Das Haus des Jarls war ebenso still und dunkel wie das gesamte Dorf, und auch vor seinem Eingang kämpfte ein wenig aufmerksamer Wächter gegen den Schlaf.
    Der Mann vor der Tür bemerkte seine Annäherung erst, als er nur noch zwei oder drei Schritte von ihm entfernt war, und fuhr dann so erschrocken zusammen, dass er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Eine Mischung aus Unsicherheit und Schrecken erschien in seinen Augen, als er in der einsamen Gestalt, die aus der Dunkelheit auf ihn zu kam, Thor erkannte, und Thor gewann den allerletzten Augenblick, den er noch brauchte, indem er lächelte und die Hand wie zu einem Gruß hob, die Bewegung dann aber in einem blitzartigen Schlag enden ließ. Der Mann verlor so schnell das Bewusstsein, dass er sich hinterher vermutlich nicht einmal mehr daran erinnerte, was überhaupt passiert war. Der Helm kippte ihm vom Kopf, und Thor fing ihn und seinen Besitzer gedankenschnell auf, konnte aber nicht verhindern, dass der Speer klappernd zu Boden fiel.
    Einen bangen Herzschlag lang stand Thor da und lauschte, doch nichts rührte sich. Schließlich lehnte er den Bewusstlosen in kauernder Haltung neben der Tür gegen die Wand und drückte ihm den Speer in die Hände, sodass es zumindest auf den ersten Blick so aussah, als hätte ihn die Müdigkeit übermannt und er wäre einfach eingeschlafen.
    Thor betrat das Haus, schob die Tür lautlos hinter sich zu und blieb eine Weile mit geschlossenen Augen stehen, um zu lauschen. Es war ruhig, aber nicht vollkommen still. Irgendwo schnarchte jemand, laut und unregelmäßig, und darunter waren die Atemzüge anderer zu hören; die gedämpften Laute, mit denen sie sich im Schlaf regten, und eine noch gedämpftere Stimme, auf die aber niemand antwortete – vielleicht nur das unbewusste Murmeln eines Schläfers.
    Lautlos schlich er durch das große Kaminzimmer, in dem auch jetzt noch ein kleines Feuer brannte, um der schlimmsten Kälte Einhalt zu gebieten,

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