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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vorbei, überlegte einen Moment, ihn gleich jetzt auszuschalten und ins Haus zu zerren, um ihn dort zu fesseln und zu knebeln, entschied sich dann aber dagegen. Urd würde gewiss ahnen, was er vorhatte, aber er konnte nicht davon ausgehen, dass bereits alles vorbereitet war und sie schon auf ihn wartete.
    Das Erste, was ihm auffiel, war die Kälte. Das Feuer im Kamin war seit Stunden erloschen, sodass sich die Temperatur hier drinnen kaum noch von der draußen unterschied. Es war kalt, es war sehr dunkel und sehr still.
    Schnell und vollkommen lautlos durchsuchte er das Erdgeschoss samt der beiden von innen zu betretenden Anbauten und eilte schließlich, von einem Gefühl wachsender Beunruhigung erfüllt, die Treppe hinauf und ins Schlafzimmer. Es war so dunkel und kalt wie der Rest des Hauses und genauso leer.
    Urd war nicht da.
    Was nicht hieß, dass er allein war.
    Thor spürte, dass jemand hinter ihm erschien, und wirbelte nicht nur so schnell herum, dass er vor seiner eigenen Reaktion erschrak, sondern griff auch aus der gleichen Bewegung heraus unter den Mantel, um Mjöllnir zu ziehen. Dann erschrak ernoch einmal vor sich selbst, zog die Hand so schnell zurück, als hätte er glühendes Eisen berührt und schalt sich gleichzeitig in Gedanken einen Narren. Schließlich wusste er, wie lautlos Urd sich bewegen konnte.
    »Urd!«, seufzte er. »Tu das nie –«
    Urd trat einen weiteren Schritt auf ihn zu, ließ das Messer sinken, das sie in der rechten Hand hielt, und wurde erst nach einem zweiten Schritt zu einer etwas kleineren und zwanzig Jahre jüngeren Ausgabe ihrer selbst, mit einer hässlichen weißen Narbe auf der Wange.
    »Elenia!«, entfuhr es Thor, hin und her gerissen zwischen Erleichterung und purem Entsetzen angesichts der Vorstellung dessen, was hätte geschehen können. »Schleich dich nie wieder so an mich heran, hörst du? Wo ist deine Mutter?«
    »Sie haben sie fortgebracht.«
    Es war nicht Elenia, die antwortete, sondern Lif, und seine Stimme erklang hinter ihm.
    Diesmal drehte Thor sich sehr langsam herum. Der Junge stand keine drei Schritte hinter ihm. Auch er hielt ein Messer in der Hand, und obwohl es gar nicht anders möglich war, als dass Thor unmittelbar an ihm vorbeigegangen sein musste, hatte er ihn weder gesehen, noch seine Anwesenheit gespürt.
    »Das da brauchst du nicht«, sagte Thor mit einer Geste auf das Messer. »Und wen meinst du mit ›sie‹? Und wann haben sie Urd weggebracht?«
    Lif kam noch ein kleines Stück näher und machte keine Anstalten, seine Waffe zu senken. Seine Augen wurden schmal. »Sverigs Männer«, sagte er. »Hast du etwas damit zu tun? Ist es deine Schuld?«
    »Nein. Jedenfalls nicht so, wie du jetzt vielleicht glaubst«, antwortete Thor. »Wann genau hat man sie abgeholt?«
    »Gegen Mittag«, sagte Elenia.
    Thors Besorgnis nahm eine neue Qualität an. Er hatte damit gerechnet, dass Sigislind und Bjorn noch mit Urd sprechen würden – aber bis tief in die Nacht hinein? Vielleicht hatte er doch zu lange gezögert.
    »Sie haben gesagt, sie bringen sie wieder zurück«, fuhr Elenia fort. »Aber das haben sie nicht getan. Wann kommt sie zurück? Was ist hier überhaupt los, Thor? Sie haben uns eingesperrt, Lif und mich, und niemand hat uns auch nur ein einziges Wort gesagt. Wir durften nicht einmal mit Mutter sprechen!«
    Thor antwortete nicht sofort, und er ließ auch Lif nicht aus den Augen, so wenig wie der Junge ihn. Es war verstörend, weil er so etwas nicht gewohnt war, doch es gelang ihm nicht wirklich, in Lifs Gesicht zu lesen. Nur eines war ihm plötzlich vollkommen klar: Urd irrte sich. Lif und Elenia waren weder zu klein gewesen, noch war es ihr gelungen, ihnen die Erinnerungen zu nehmen.
    »Es ist etwas passiert«, sagte er schließlich. »Es ist kompliziert … auf jeden Fall zu kompliziert, um es euch jetzt zu erklären, und dazu reicht auch die Zeit nicht.«
    »Wir müssen von hier fort«, vermutete Lif.
    »Ja, und das schnell«, bestätigte Thor.
    »Wir gehen nicht ohne Mutter«, sagte Lif entschlossen.
    »Natürlich nicht«, antwortete Thor. »Kommt mit.«
    Ohne Lif auch nur die Gelegenheit zu einer weiteren Frage zu geben, ging er an ihm vorbei und die Treppe hinunter. Unten angekommen, nahm er eine Kerze vom Kaminsims, schnitt sie in zwei gleich lange, etwa handgroße Hälften und stellte eine davon auf den Tisch. Elenia sah ihm stirnrunzelnd zu, während Lifs Gesichtsausdruck klarmachte, dass er den Sinn dieser Vorbereitungen zumindest

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