freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
oder gar damit beginnen konnte, sich Sorgen zu machen. In der niedrigen Tür blieb sie stehen, sah sich langsam in alle Richtungen um, als suche sie jemand oder etwas Bestimmtes, und nickte dann fast unmerklich in seine Richtung, als wollte sie sagen: Die Luft ist rein.
Gundri auf dieselbe Weise zu folgen erschien ihm trotz allem zu riskant, aber er hatte sich schon auf dem Weg hierher einen groben Überblick verschafft, sodass es ihm nicht schwerfiel, die Rückseite des Gebäudes ungesehen zu erreichen. Hinter ihm befand sich jetzt nur noch das graue Wasser des Hafenbeckens, über dem ein leiser Dunst hing, der ihm zusätzlichen Schutz verlieh, und er fand auch auf Anhieb die Klappe. Sie war tatsächlich so schmal, wie Gundri gesagt hatte, und auch an ihrem Zweck bestand kein wirklicher Zweifel: Ausgehend von dem hölzernen Quadrat zog sich eine übel riechende schwarze Spur bis zum Wasser hinab, deren Gestank nicht einmal die Kälte und der durchdringende Salzwassergeruch ganz überdecken konnten. Vielleicht war es doch keine so wirklich gute Idee …
Ein leises Scharren erklang, dann wurde das hölzerne Viereck mit einem Stock von innen aufgestoßen, und eine schmale Hand winkte ihm zu. Thor kämpfte seinen Widerwillen nieder und zwängte sich mit einiger Mühe durch die Öffnung, konnte aber trotz aller Vorsicht nicht verhindern, dass er mit der unappetitlichen Schmiere auf dem Boden in engeren Kontakt kam, als ihm lieb war.
Drinnen angekommen, streckte ihm Gundri zwar die Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen, zog aber gleichzeitig auch eine Grimasse, und Thor schüttelte nur den Kopf, griff hinter sich und zog die Klappe wieder zu, bevor er sich aufrichtete.
Das Gebäude besaß nur wenige Fenster, und im Inneren war es dunkel. Das hell erleuchtete Rechteck hätte ihn sofort verraten. Trotz des Halbdunkels konnte er nicht nur sehen, dass das Haus leer war, sondern auch, dass es nahezu so vollkommen seinen Erwartungen entsprach, dass das Ergebnis schon beinahe unheimlich war: ein großer, fast vollkommen leerer Raum, dessen spitzes Dach von drei gewaltigen Pfeilern aus poliertem Holz getragen wurde. Die offen stehende Tür mit dem dreieckigen Sturz bildete praktisch die einzige Lichtquelle; trotzdem konnte er die altertümlichen Runen und Bilder erkennen, die in das Holz geschnitzt waren. Wenngleich offensichtlich von der Hand eines nicht annähernd so talentierten Künstlers ausgeführt, erinnerten sie ihn doch auf beunruhigende Weise an die Bilder, die er in den Gewölben unter der Stadt gesehen hatte.
Gundri deutete stumm auf einen Punkt neben ihm. In die Wand war ein eiserner Ring mit einer fast daumendicken Ketteeingelassen worden, und auf dem Boden daneben entdeckte er eine hölzerne Schale, in der noch einige Brotkrümel lagen, einen kleinen Tonkrug und einen ebenfalls hölzernen Eimer mit einem Deckel.
Gut, jetzt wusste er wenigstens genau, wodurch er gerade gekrochen war.
»Du solltest besser gehen«, sagte er. »Ich bleibe hier, bis sie Barend zurückgebracht haben und ich mit ihm sprechen kann. Dann komme ich nach.«
»Das kann Stunden dauern«, gab Gundri zu bedenken. Gleichzeitig wich sie einen halben Schritt vor ihm zurück und rümpfte ein wenig die Nase.
»Ich habe es nicht eilig«, antwortete er. »Und du kannst die Zeit nutzen und schon einmal einen Eimer Wasser heiß machen. Oder besser gleich zwei.«
»Herr?«
Thor zupfte an seinem Hemd. »Du hast diese Kleider geschneidert?« Gundri nickte. »Dann ist es nur angemessen, dass du sie auch wäschst, meinst du nicht?«, fuhr er fort. »Zumal du mir diese famose Hintertür gezeigt hast.«
»Aber Ihr selbst –«
»Das war ein Scherz«, sagte er rasch, und Gundri unterbrach sich mitten im Wort und lächelte dann nervös, sah ihn aber weiter vorwurfsvoll an.
»Geh jetzt«, sagte er noch einmal, in versöhnlichem Ton. »Und sag vorerst niemandem, wo ich bin.«
Woran sie sich selbstverständlich nicht halten würde, das sah er ihr an. Aber was sollte Urd tun? Hierherkommen und ihn zur Rede stellen?
Sie ging, und Thor wartete, bis sich seine Augen vollends an das schwache Licht gewöhnt hatten, und durchsuchte das Thinghaus dann in aller Gründlichkeit. Was schnell getan war: Es bestand im Wesentlichen nur aus aus der großen Halle, aber wie er erwartet hatte, gab es mehrere kleine Räume, die sich hinter einer zusätzlich eingezogenen Bretterwand befanden und so gut wie leer waren. Ganz kurz erwog er den Gedanken, sich in einemdavon zu
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