Freibeuter der Leidenschaft
es?“
Er konnte nicht sprechen. Er kannte Belford House, war er doch mehrmals dorthin eingeladen worden. Er kannte auch Lady Belford – und ihr Vorname lautete Dulcea.
Sie hatte platinblondes Haar, fast von demselben Ton wie Amanda, und wenn er sich recht erinnerte, auffallend grüne Augen. Die Ähnlichkeit war unverkennbar.
Aber sie war seit vielen Jahren mit Lord Belford verheiratet.
Dulcea Belford war atemberaubend schön, elegant und kultiviert und geradezu besessen von gesellschaftlicher Anerkennung. Und sie war eine berüchtige Ehebrecherin – hinter Belfords Rücken hatte sie zahllose Affären. Auch ihm war sie nachgelaufen, ihr Verhalten hatte ihm indes nicht gefallen. Aber er war der einzige Mann, den er kannte, der nicht hingerissen war von ihr.
Er bezweifelte nicht, dass Amandas Geschichte über ihre Eltern nicht stimmte, und dass ihre Mutter nicht Dulcea Carre war, sondern Dulcea Belford.
Und wenn er recht hatte, dann würde Lady Belford nicht erfreut sein, ihre lang verlorene Tochter wiederzusehen, nicht im Geringsten.
7. Kapitel
Amanda saß auf der Koje in der engen Kabine, die sie bewohnte. Sie teilte ihr Quartier mit Anahid, die in der anderen Koje schlief. Außer den beiden Betten gab es einen kleinen Tisch, zwei Stühle und einen Waschtisch. De Warennes Kinder schliefen in der angrenzenden Kabine, die größer und besser möbliert war. Aber die Möbel waren Amanda ohnehin vollkommen egal.
Es war schon fast Morgen. De Warenne hatte sich für ein paar Stunden Schlaf in die Kapitänskajüte zurückgezogen, und obwohl sie ruhelos war und nicht gehen wollte, hatte sie ihm erlaubt, sie zu ihrer Kabine zu begleiten. Sie hatte so getan, als wäre sie auch müde. Aber die letzten Stunden, in denen sie mit ihm durch die Nacht und dann in die aufgehende Sonne gesegelt war, waren die schönsten ihres Lebens gewesen. Obwohl sie es hasste, über ihre Zukunft in England zu sprechen, war de Warennes Gesellschaft wie Opium für sie: süß,stark und süchtig machend. Wie es schien, konnte sie nicht genug davon bekommen. Sie wünschte, sie wären noch immer zusammen auf dem Deck.
Langsam griff sie in ihr kleines Bündel, zog das schöne Spitzennachthemd heraus und betrachtete es. De Warenne war so ganz anders als all die anderen Männer, die sie gekannt hatte. Er war schön und stark, kraftvoll und gebildet, großzügig und freundlich. Amanda holte tief Luft. Er war so freundlich! Weil er wusste, dass sie vor England Angst hatte, hatte er versucht, sie in dem Glauben zu ermutigen, alles würde gut werden, wenn sie endlich ihre Mutter traf. Doch das war sicherlich eine vergebliche Hoffnung. Mama hatte sie lieb gehabt, denn Papa hatte das gesagt, aber das war viele Jahre her. Und selbst wenn ihre Mutter die verlorene Tochter noch liebte, würde sie entsetzlich enttäuscht sein, wenn sie sah, was aus dieser Tochter geworden war.
Amanda war an zu vielen eleganten Damen auf Queen Street in Kingston vorbeigekommen, und die hatten sie stets nur angestarrt, die Nasen hoch erhoben. Immer hatten sie hinter ihrem Rücken geflüstert. „Sieh mal, die Piratentochter! Sie ist eine Wilde, wie ihr Name es schon sagt.“
Und in diesem Moment wünschte Amanda, sie wäre eine richtige Dame.
Denn wenn sie eine Dame wäre, würde Mama sie mit offenen Armen empfangen.
Sie seufzte. Solche Wunschträume waren albern. Sogar gefährlich. Das Zusammensein mit de Warenne hatte sie kurz vergessen lassen, was in fünf Wochen geschehen würde, wenn sie vor der Tür ihrer Mutter ankam. Sie war beinahe sicher, dass sie im Gesicht ihrer Mutter Schrecken, Entsetzen und dann Verachtung sehen würde. Vor lauter Angst wagte sie es kaum, dran zu denken – so wie sie es als Kind gemacht hatte, wenn sie sich unter Deck versteckt hatte, während die Piraten oben einander umbrachten, so musste sie nun die Augen schließen und die Hände an die Ohren pressen, um nicht an das zu denken, was vielleicht geschehen würde.
Aber de Warenne brachte sie zum Lächeln, mit ihm war sie in der Gegenwart und die Zukunft schien weit weg. Er gab ihr ein Gefühl von Sicherheit – tatsächlich hatte sie sich noch nie im Leben so sicher gefühlt. So war es mit Papa nie gewesen. Und doch war in ihrem Herzen noch mehr als das Gefühl, beschützt zu werden.
Sie war sich seiner Männlichkeit schmerzlich bewusst. Von Anfang an war ihr das ebenso wie seine Schönheit aufgefallen. Aber damals, als sie ihn zum ersten Mal an Deck einer gekaperten spanischen Galeone
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