Freibeuter der Leidenschaft
auch nicht anlügen“, bemerkte Rex.
„Genau.“
„Clive, möchtest du einen Rat hören?“
Clive nippte an seinem Getränk. „Ich wäre dir dankbar.“
Rex lächelte. „Dann ist dies ein seltener Moment, denn niemand ist so eigensinnig wie du, abgesehen von Devlin.
Wenn du sie belügst, dann wirst du das bedauern, da bin ich sicher. Sie hat das Recht zu erfahren, wer ihre Mutter ist, und dass Dulcea Belford nicht für sie verantwortlich sein will.“
Zu diesem Schluss war auch Clive schon gekommen. „Sie hat so viel durchgemacht. Noch immer trauert sie um ihren Vater. Amanda ist eine der stärksten Frauen, denen ich je begegnet bin, aber andererseits ist sie so verletzlich, so zerbrechlich. Sie verdient es, geliebt zu werden. Ich will nicht, dass sie noch einmal verletzt wird!“, rief er aus. „Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie auch nur eine einzige Träne um diese selbstsüchtige Frau vergießt.“
„Bist du wirklich sicher, dass Lady Belford ein so schwarzes Herz hat? Vielleicht fürchtete sich sich wirklich vor ihrem Ehemann und dem Skandal. Vielleicht liebt sie Amanda auf ihre eigene Weise.“
„Und was ist das für eine Weise? Ihr eigenes Wohlergehen über das ihrer Tochter zu stellen? Ich bin selbst Vater. Für meine Kinder würde ich mein Leben geben, Rex. Und ganz gewiss würde ich einen Skandal in Kauf nehmen, wenn das nötig ist, um für sie zu sorgen.“
„Nun, heute musst du nicht mehr entscheiden, was du sagen willst“, meinte Rex. „Wirst du zurechtkommen? Ich werde die Countess, Lizzie und Eleanor bei den McBanes treffen. Ich bin nur hier geblieben in der Hoffnung zu erfahren, was sich in Belford House abgespielt hat.“
„Ich bin angewidert, aber mir geht es gut. Amüsiere dich und grüße Rory und seine Frau von mir.“
Rex lächelte. „Geh bedachtsam vor, Clive“, sagte er rätselhafterweise und hinkte davon.
Clive trank sein Glas leer und überlegte, ob er Amanda die Wahrheit über ihre Mutter erzählen sollte oder nicht. Wenn er die Wahrheit für sich behielt, würde sie weiterhin ihren Vater betrauern, und mit der Zeit würde sie besser in der Lage sein, den nächsten Schlag zu verkraften. Andererseits war die Londoner Gesellschaft eher klein, und Dulcea Belford lebte nicht weit entfernt. Es war unvermeidlich, dass Amanda sich irgendwann mit ihrer Mutter im selben Raum aufhalten würde oder mit jemandem, der sie kannte. Wenn sie einander nur nicht so ähnlich sehen würden! Aber irgendjemand würde den Zusammenhang erkennen, und dann würde Amanda erfahren, dass ihre Mutter nicht Dulcea Carre war, sondern Dulcea Belford.
Es wäre besser, wenn sie es von ihm erfuhr.
Amanda war eingeschlafen. Sie träumte von der großen Fregatte, dem Sturm und von Clive de Warenne, und im Traum war sie fantastisch frei, stand auf dem Deck der Fair Lady , glitt über die Wellen mit Clive an ihrer Seite, stark und schön, eine Naturgewalt, absolut und unerbittlich. Sie war begeistert, dass sie sich wieder auf See befanden, doch dann wurde der Traum verworren – eine schöne Dame war dort und winkte ihr. Aber wann immer sie sich umdrehte, um die Dame zu sehen, verschwand sie wie ein Geist. Doch Amanda wusste, sie war kein Geist. Und dann hörte sie ein Flüstern: „Amanda.“
Amanda drehte sich um, bekam es mit der Angst zu tun, denn sie war nicht länger an Deck des Schiffes, sondern in einem weitläufigen leeren Ballsaal, und sie war allein. Schlimmer noch, sie sollte ein Ballkleid tragen, doch statt dessen trug sie ihre zerlumpte Hose und eines von Clives Hemden.
„Amanda.“
Angsterfüllt fuhr sie herum, suchte nach der schönen Dame, aber der Ballsaal blieb leer.
Wo ist die Dame? fragte sie sich verzweifelt, denn sie begriff, dass diese Frau ihre Mutter sein musste.
Und plötzlich war Clive da.
Sie sah ihn nicht, sie spürte seine Anwesenheit nur, und dennoch ließ ihre schreckliche Angst nach.
Sie war bei Licht eingeschlafen, beim Lesen, und das Feuer knisterte noch im Kamin. Clive stand an der Türschwelle und starrte sie an, während sie schlief.
Sie setzte sich auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Clive.“ Sie lächelte, noch immer halb im Schlaf. Er war der Mann ihrer Träume, und nie hatte sie sich mehr gefreut, jemanden zu sehen.
Er ließ den Blick über sie hinweggleiten. „Es ist früh, mir war nicht klar, dass Sie schon schlafen“, sagte er steif. „Wir sehen uns morgen.“
Amanda trug das schöne Spitzennachthemd, in dem sie
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