Freibeuter der Leidenschaft
spöttisch. „Ihre Tochter ist eine Waise, und sie ist kein Kind. Sie ist siebzehn, eine Frau im heiratsfähigen Alter! Gewiss wollen Sie doch ihre Zukunft beeinflussen können.“
„Sie sind kein Gentleman!“, erwiderte sie, und ihr bleiches Gesicht wirkte so angespannt, als wäre es aus Gips. „Sehen Sie denn nicht, wie sehr mich das verstört?“
„Ihr Zustand ist nichts verglichen mit dem, was Ihre Tochter in ihrem kurzen Leben durchmachen musste.“ Jetzt verlor er die Geduld.
Sie schwieg und starrte ins Leere. Endlich sagte sie: „Sie benehmen sich, als würden Sie mich verachten.“ Der Blick, mit dem sie ihn ansah, war hart. „Aber Sie sollten besser als jeder andere verstehen, wie so etwas geschehen kann. Sie, de Warenne, verstehen etwas von Leidenschaft.“
„Wir haben nichts gemeinsam, Lady Belford, abgesehen von Ihrer Tochter!“ Er lachte freudlos. „Und ich weiß genau, wie Sie Amanda empfangen haben. Sie waren sehr jung, Sie waren hingerissen von einem schneidigen jungen Marineoffizier, vielleicht war es auf einer Reise, und jetzt bereuen Sie es.“
Sie richtete sich auf. „Sie haben recht. Ich war sehr jung – in Amandas Alter – und ich war hingerissen, und das wurde ausgenutzt. Carre war tatsächlich ein schneidiger junger Marineoffizier, als wir uns kennenlernten“, sagte sie schroff.
Clive trat näher und beugte sich vor, sodass ihre Gesichter sich beinahe berührten. „Sie haben sie nicht aufgezogen, bis sie vier war, oder? Amanda wurde von ihrem Vater nicht Ihren Armen entrissen, oder?“
Sie sah ihn aus großen Augen an. „Hat Carre ihr das erzählt?“
„Ja.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich wurde in einen Konvent geschickt, um sie zur Welt zu bringen, wie man es bei allen unverheirateten jungen Damen machte. Meine Eltern wollten sie adoptieren lassen, aber eine der Schwestern benachrichtigte Carre, und er nahm sie mit, kurz nach ihrer Geburt. Ich weiß nicht genau wann.“ Dulcea holte tief Luft und berührte Clive am Arm. „Clive, selbst Sie wissen, dass es so zugeht in der Welt. Ich konnte mir nicht die Zukunft ruinieren, noch ehe sie begonnen hatte.“
„Haben Sie Ihr Kind je geliebt?“, fragte er.
„Natürlich! Aber ich wusste, dass ihr Vater sich um sie kümmerte. Es gab keine andere Möglichkeit!“
Er beugte sich über sie. „Es hätte viele andere Möglichkeiten gegeben, wenn Sie das Herz einer Mutter gehabt hätten. Sie werden Belford nicht einmal sagen, dass sie Ihre Cousine ist, oder? Sie wollen diese Unannehmlichkeiten nicht – oder liegt es am Geld? Erzählen Sie mir nicht, dass Sie sich vor Belford fürchten. Sie beherrschen ihn ganz, und wir beide wissen das.“
Ihre Züge wurden hart, beinahe hässlich. „Vor vielen Jahren habe ich einen Fehler gemacht“, sagte sie langsam. „Aber das würden Sie nicht verstehen, der Sie als de Warenne geboren wurden, mit einem silbernen Löffel im Mund und mehr Besitz, als Sie zählen können. Ich habe einen Fehler begangen, aber dann kam Belford, und jetzt führe ich ein anständiges Leben. Kommen Sie, de Warenne. Sie erwarten doch bestimmt nicht, dass ich meine lang vermisste Tochter aufnehme, den boshaften Klatsch ertrage, die Angriffe auf meinen Charakter, den Verlust meines Rufes?“ Sie hielt inne, um Atem zu holen. „Sie haben mich an die Wand gedrängt, und ich muss zugeben, unsere finanzielle Lage ist schlecht. Gerade jetzt können wir es uns nicht leisten, eine junge Frau in die Gesellschaft einzuführen. Wir leben auf Kredit. Es wird schwierig genug werden, unsere eigene Tochter debütieren zu lassen, wenn es so weit ist.“
„Dann nehmen Sie sich vielleicht die falschen Liebhaber“, sagte er leise.
Sie schlug nach ihm.
Das habe ich verdient, entschied er, aber Amanda verdient keine solche Mutter. In diesem Heim würde sie unglücklich sein. „Sie haben kein Herz, Mylady“, sagte er und wandte sich zum Gehen. „Sie weigern sich nicht nur, sie aufzunehmen, sie bieten nicht einmal eine Lösung für ihre Probleme.“
Sie hielt ihn am Ärmel fest. „Was werden Sie tun?“
„Ich werde der Gesellschaft nicht die Wahrheit sagen, falls Sie das glauben.“ Aber was würde er Amanda sagen?
„Kann sie nicht in Harmon House bleiben? Dort ist doch bestimmt Platz. Vielleicht können Sie sie anstellen, damit sie sich ihr Essen und ein Dach über dem Kopf verdienen kann.“
Vor Zorn begann er zu zittern und erkannte, dass er gehen musste, ehe er die Hände um ihren hübschen kleinen Hals
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