Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
Die Theorie hatte er aber mal gelernt, jetzt schrieb er nieder, was er davon noch im Kopf hatte. Anschließend arbeitete er auf dieser Basis die Schemata für seine jetzige Aufgabe heraus.
Die klassische Taktik des Personenschutzes war das Schutzkreuz . Bei dieser diamantstrukturartigen Anordnung bewegten sich einige Leibwächter auf Tuchfühlung mit der Schutzperson, weitere waren im Umfeld zugegen. Die Hauptaufgabe war dabei das rechtzeitige Erkennen und Verhindern von Gefahren für die zu schützenden Menschen, sowie die Abwehr dieser Gefahren. Beim KSK war alles auf Kriegsbedingungen zugeschnitten, jetzt musste Kepler es an das zivile Leben adaptieren. Das Erkennen der Gefahren war schwieriger, Attentäter würden kaum in einem Panzer vorfahren und sie würden keine Uniformen tragen. Man musste auf auffälliges oder ungewöhnliches Verhalten, unnormales Aussehen, auf ungewöhnliche Gegenstände und Abläufe achten.
Keplers Doktrin sah vor, dass ein Mann stets bei Rebecca und einer auf der Ranch war. Zu Mautos Begleitschutz gehörten zwei Männer, der letzte war R eserve für den Fall einer Krankheit oder wenn einer der Arbeitgeber aus irgendwelchen Gründen eines größeren Schutzes bedurfte. Sich selbst bestimmte Kepler als denjenigen, der für Mauto verantwortlich war, deswegen würde er stets bei ihm sein und ihn direkt sichern. Seine Männer sollten ihre Positionen dagegen in einem rotierenden Dienst tauschen, damit sie mit jeder Aufgabenstellung klarkamen. Für den Schutz eines Teehändlers müsste das ausreichen. Er ging trotzdem vom Schlimmsten aus und wollte verschiedene Szenarien üben, in denen sie ihre Schützlinge aus kritischen Situationen sicher evakuieren mussten, innerhalb und aus den Gebäuden heraus und auf offener Straße. Sobald die Strategie feststand, begann Kepler das Training. Um dessen Intensität zu steigern, engagierte er erneut Lifeguard. Das kostete ihn, beziehungsweise Galema, eine erhebliche Summe, dafür war das Training realistisch. Kepler und seine Männer mussten gegen Profis bestehen, zudem kannten sie die Angreifer nicht, Lifeguard schickte gemäß Keplers Wunsch für jede Trainingseinheit andere Leute. Ein weiterer Lerneffekt waren die Nachbesprechungen, bei denen die Männer und Frauen von Lifeguard Kepler und seine Männer auf die Fehler beim Aufklären und Decken hinwiesen und ihnen Hilfestellungen gaben. Kepler hatte Matis gebeten den Chef zu spielen, aber der Butler hatte nicht gewollt, er hatte viel zu tun. Daraufhin entband Kepler den Gärtner von seinen Aufgaben und deklarierte ihn zur Schutzperson. Dem machte es Spaß, Matis dagegen knirschte mit den Zähnen, murrte aber nicht. Zumindest nicht laut.
Nach zwei Wochen wussten Kepler und seine Männer, was zu tun war, und sie konnten sich blind aufeinander verlassen. Sie hatten grundlegende Taktiken für Vorgehen auf bekanntem und unbekanntem Terrain ausgearbeitet, innerhalb und außerhalb von Gebäuden, mit und ohne Fahrzeuge und Kommunikation. Sie mussten es unentwegt perfektionieren, aber die Basis hatten sie. Zum Schluss übten sie, wie sie sich als Geiseln zu verhalten hatten. Kepler legte Zeichen und Codewörter fest, mit denen sie sich unauffällig verständigen und einander warnen konnten, auch wenn ihnen jemand eine geladene Waffe an den Kopf hielt.
Dreieinhalb Wochen nach der Ankunft in Südafrika hatte Kepler das Gefühl, dass er nach bestem Wissen und mit viel Bemühen alles unternommen hatte, um seinen Auftrag erfüllen zu können. Nun war er mit seinem Latein am Ende und konnte nichts mehr tun, als zu hoffen, dass es genug war, und zu trainieren. Die Zeit würde zeigen, wo er Fehler gemacht hatte. Hoffentlich würden sie sich als nicht zu gravierend herausstellen. Kepler musste sich damit zufriedengeben und die Ungewissheit verdrängen, damit sie seinen Verstand nicht beeinträchtigte. Aber ein Rest des Unbehagens blieb da, und wohl war Kepler dabei nicht.
Was er bei all seinen Mühen nicht bedacht hatte, war ihre repräsentative Wi rkung als Bodyguards, worauf Matis ihn aufmerksam machte. Kepler behauptete selbstsicher, dass seine Männer und er so etwas von Natur aus draufhätten. Matis bot Verfeinerung des Talents an. Kepler verschob es dankend auf später.
Die Abende verbrachte er trotzdem mit dem Butler. Er brauchte Informationen, und Matis hatte ein fundiertes Wissen über die Geschichte und die Kultur Südafrikas. Zudem konnte er diese Kenntnisse sehr gut und verständlich vermitteln, und so
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