Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
Zeitplan zurück, als er in Minden ankam. Der Himmel wurde schon langsam hell, aber es war noch immer sehr früh. Kepler stellte den Wagen auf dem erstbesten Parkplatz ab, sprang raus, lief zu Melissas Haus und suchte die richtige Klingel. Eine kranke Frau aus dem Bett zu klingeln nahm einige Zeit in Anspruch.
Kepler ging gemächlich die Treppen hoch. Melissa stand verschlafen und eulenhaft blickend im Nachthemd in ihrer Tür. Er grinste sie breit an.
" Dirk, weißt du eigentlich, wie spät es ist?", fragte sie benommen. "Du hinterhältiges Geschöpf?"
"Sechs Uhr zweiundvierzig . Es sei denn, meine Uhr geht falsch."
Melissa rollte die Augen hoch.
"Weißt du, was euer größter Fehler ist?", fragte Kepler. "Ihr seid inkonsequent", beantwortete er die Frage selbst, schob sich an Melissa vorbei in die Wohnung und schloss die Tür. "Du wolltest, dass ich schnell herkomme, jetzt meckerst du. Du bist krank, stehst aber fast nackt in der offenen Tür."
" Wieso hast du solange gebraucht, ich habe dich um halb drei erwartet."
Melissa freute sich über die eigene Schlagfertigkeit. Kepler nickte anerkennend, wach war sie noch nicht richtig. Er hob die Tasche leicht an.
" Ich habe Medizin für dich besorgt", prophezeite er düster.
Melissas Augen blitzen auf und sie änderte die Taktik.
"Stell sie ab", verlangte sie.
Kepler tat es und sie umarmte ihn. Sie war warm vom Schlaf, sie glühte fast, und diese Wärme breitete sich in ihm aus.
"Ich bin krank. Ich will ins Bett." Melissa blickte ihn an. "Kommst du mit?"
Kepler tat, als wenn er zögern würde. Dann grinste er sie an, mit aller Verschlagenheit, die aufzubringen er imstande war.
"Nein ." Er machte eine Pause. "Und du gehst auch nicht ins Bett. Erst kriegst du heiße Hühnersuppe."
"Dirk", der warnende Unterton in Melissas Stimme war unüberhörbar, "nein!"
"Dan ach darfst du schlafen gehen", versprach Kepler unbeeindruckt. "Gleich nach dem Pfefferminztee mit Honig."
"Keine Suppe !"
" Glaubst du denn", begann Kepler warnend, "dass ich zweihundert Kilometer rase, um sie warm herzubringen, nur damit du dein süßes Nässchen rümpfst?"
"Aber ..."
"Nix aber. Ich verhandele nicht", unterbrach er sie nachdrücklich. "Wir können uns lange darüber stre iten, aber schließlich wirst du sie essen."
Wenn man das nur kalt genug sagte, wirkte es meistens sofort. Kepler winkte Melissas nächsten Versuch etwas zu s agen ab.
" Bedenke, dass ich viel stärker bin als du."
"Du würdest mich doch nicht mit roher Gewalt zwingen!", empörte sie sich.
"Mir würde das Herz dabei bluten", beteuerte Kepler im aufrichtigen Bedauern. "Aber doch, das würde ich. Ich habe Angst vor meiner Oma."
"Ich dachte ..."
"Das war etwas völlig anderes", sagte Kepler in Omas resolutem Ton. "Außerdem sagte ich – selten. Aber im Moment schon. Und es ist grausam."
Melissa ließ ihn l os und schätze seinen Blick ab.
"Na gut", gab sie widerwillig nach.
Kepler nahm die Tasche hoch und stupste Melissa in Richtung Küche.
"Es ist nicht so, als ob du mir einen Gefallen tätest", stellte er klar. "Es ist genau umgekehrt."
"Schon gut!"
"Ich wusste, dass du es einsehen würdest", sagte Kepler betont mild.
Melissa drehte sich um und sah ihn vernichtend an, aber ohne ein Wort. Kepler blickte ungerührt zurück. Melissa stampfte in die Küche, setzte sich an den Tisch und sah Kepler schweigend bei der Suche nach einem Teller zu. Als er einen großen gefunden hatte, wühlte er in der Tasche. Oma hatte die Kanne in eine Decke eingewickelt, damit die Suppe möglichst warm blieb. Unbeeindruckt von Melissas Blick leerte Kepler ganze die Kanne in den Teller. Dann suchte er einen Löffel für seine missmutige Gastgeberin und drückte ihn ihr in die Hand.
"Bitte schön. Iss", befahl er in dem Ton, in dem Oma so etwas tat.
"Und wenn nicht?"
Melissa klang so aufmüpfig wie er vor Oma. Kepler nahm ihr den Löffel ab und verbog ihn wortlos, dann gab er ihn Melissa zurück und sah sie kalt an. Sie seufzte und versuchte zu essen, dann reichte sie Kepler den Löffel zurück. Er bog ihn gerade. Mit einem erneuten tiefen Seufzer begann Melissa die Suppe zu löffeln. Kepler sah ihr eine Zeitlang wortlos zu, danach füllte er den Wasserkocher und schaltete ihn ein. Anschließend suchte er eine möglichst große Tasse in den Schränken. Nachdem er fündig geworden war, wartete er, bis das Wasser aufgekocht war. Während seiner Vorbereitungen hatte Melissa fleißig gegessen, sie wollte es anscheinend
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