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Freiheit für Cyador

Titel: Freiheit für Cyador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Vormittag.
    Als er vorhin die zwei Pferde gesattelt hat, ist er wieder froh um die Winterjacke gewesen. Vom Tisch aus, in der Wärme des Kachelofens, studiert er den Himmel. Die Wolken stehen hoch und sehen nicht so aus, als würden sie in Bälde Regen oder Schnee bringen.
    Lorn taucht die Feder in die Tinte und fügt dem Briefentwurf einen Satz hinzu, dann überlegt er und streicht einige Wörter aus, für die er andere an die Seite schreibt.
    »Du bist aber fleißig heute Morgen«, meint Ryalth, die gerade aus dem Schlafzimmer kommt, wo sie sich die blaue Händlerkleidung angezogen hat. Sie geht zu Lorn, beugt sich hinunter und küsst seinen Nacken.
    »Bist du fertig?«, fragt er und steckt die Feder in den Halter; dann sieht er zu ihr auf.
    »Ich bin bereit, mein lieber Lanzenkämpfer.« Sie lächelt herzlich. »Hast du auch nichts dagegen, mich auf diesem Geschäftsgang zu begleiten?«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    »Auch nicht nach dem gestrigen Tag?«
    Lorn lacht. Sie sind fast zehn Meilen bis zu einem kleinen Weiler geritten, wo ein Schmied angeblich einzigartige Eisenwerkzeuge herstellt. Die Werkzeuge waren in der Tat einzigartig, doch nur was Größe und schlechte Verarbeitung angeht. Dann haben die beiden mit einem Obstbauern gesprochen, dessen Birnen in der ganzen Gegend berühmt sind, aber Ryalth hat den eingelagerten Winterfrüchten sofort angesehen, dass sie eine hiesige Köstlichkeit bleiben werden, weil sie zu schnell Druckstellen bekommen. Und so ist der ganze Tag verlaufen.
    »Es ist doch nur, weil ich so selten so weit nach Norden komme …« Sie schüttelt den Kopf. »Ich würde niemals so weit reisen, wenn nicht du der Grund wärst.« Sie legt eine blaue Lederbörse auf den Tischrand, dumpf rasseln die Münzen darin. Lorn hat die Börse zwar schon gesehen, doch noch nie näher betrachtet, weil er dachte, es wäre eine einfache Händlerbörse und nicht mehr. Diesmal entdeckt er auf dem Leder eine grüne Prägung: die ineinander verschlungenen Buchstaben ›R‹ und ›L‹ in einem auf dem Kopf stehenden Dreieck.
    Lorn betrachtet das Zeichen mit geschürzten Lippen, dann lächelt er.
    »Dieses Zeichen habe ich von Anfang an benutzt«, erklärt Ryalth.
    »Du hast es mir nie gezeigt.«
    »Du hast mich nie gefragt.«
    Lorn schüttelt den Kopf. »Ich kann dich doch nicht nach etwas fragen, was ich gar nicht kenne.«
    »Ich auch nicht.« Sie lacht. »Jemand, den ich sehr liebe, hat mir das vor langer Zeit beigebracht.«
    Beide müssen lachen.
    »Wie denkst du darüber?« Lorn gibt ihr die Schriftrolle, die er aufgesetzt hat. Er steht auf und blickt Ryalth über die Schulter, während sie das Durcheinander von ausgestrichenen und neu darüber geschriebenen Worten liest.
     
    … Vater hat mir vor einiger Zeit geschrieben, dass er, nachdem er mit Jerial über mögliche Vermählungen gesprochen hat, zu der Überzeugung gekommen ist, dass die Dame, mit der ich über Jahre hinweg so viel Zeit verbracht habe, doch zu mir passt. Da meine Neigung auch dahin geht und sie meine große Liebe ist und weil es nicht sehr wahrscheinlich scheint, dass ich in den nächsten Jahren nach Cyad versetzt werde, ist sie nach Jakaafra gekommen, wo wir uns nun vermählt haben.
    Mir ist klar, dass dies nicht den von uns allen erhofften Vorstellungen entspricht, was Ort und Zeit eines solchen Ereignisses angeht, doch ihr alle wisst, wie unklug es wäre, solch eine Verbindung zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Cyad bekannt zu machen. Mutter hat mir auch eröffnet, dass sie die Dame sehr liebenswürdig findet …
     
    Ryalth blickt auf. »Das hast du mir gar nicht erzählt.«
    »Nicht? Ich dachte, das hätte ich.«
    Sie schüttelt nachsichtig den Kopf. »Lorn … mein Lieber, manchmal kann ich beinahe sehen, wie die Gedanken durch deinen Kopf jagen. Ich höre förmlich, wie du im Geiste mit dir selbst sprichst. Wahrscheinlich hörst du diese Worte sogar, und dann glaubst du natürlich, du hättest die Worte auch ausgesprochen.«
    »Ich werde versuchen, mich zu bessern«, meint Lorn reuevoll.
    »Mach dir keine Sorgen deswegen. So bist du nun einmal.«
    »Manchmal bin ich eben zu sehr in meine Gedanken vertieft.« Er blickt von der Händlerin zur Schriftrolle. »Was sagst du dazu?«
    »Glaubst du, dass sie sehr verärgert sein werden darüber?«
    »Das glaube ich nicht. Wusstest du, dass Mutter in Cyad zu mir gesagt hat, ich sollte nicht so viel Zeit mit ihnen verbringen? Sie meinte, ich sollte lieber zu ›meiner Freundin‹

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