Freiheit fuer Mama
sehr lustig. Ich straffe den Rücken und fange an zu lächeln.
Plötzlich kommt der Schnuller auf mich zugeflogen. Einer der Kreativtypen hat ihn vom Tisch genommen und zu mir geworfen. Ich fange ihn auf und will ihn schon einpacken. Doch dann sage ich, wie ich heiße, und werfe ihn der Frau mit den roten Fingernägeln zu. Die guckt etwas irritiert, spielt dann aber mit. Sie sagt ihren Namen und wirft den Schnuller weiter. Plötzlich spielen alle das typische Psychospielchen, das man oft in fremden Gruppen macht, um sich kennenzulernen. Alle scheinen wegen der ungeplanten Unterbrechung ihren Spaß zu haben. So machen wir weiter, bis jeder gesagt hat, wie er heißt und was er in dem Laden macht. Schließlich lege ich den Schnuller vor mir auf den Tisch. Sie sollen ruhig sehen, wen sie hier vor sich haben. Eine berufstätige Mutter, die mit beiden Beinen fest im Leben steht!
Das Mama-Leben ist weit weg
Die Präsentation läuft gut. Wenn ich erst einmal angefangen habe, geht mir meist alles gut von der Hand. Und durch den lockeren Einstieg bin ich ganz gelöst. Ich vergesse die Schnullerpanne, meine fettigen Haare und die Milchspritzer auf dem Schuh, gehe ganz in der Sache auf und denke mir: Solche Dinge wie eben passieren halt, wenn man Kinder hat. Man sollte sich nicht verstecken und so tun, als seien die Kinder nicht da. Das klingt jetzt sehr souverän. Dabei war ich anfangs selbst eine von denen, die ihre Kinder vor den Arbeitgebern verstecken. War Paul krank, habe ich meine Jobs bis spät in die Nacht erledigt und trotz Rund-um-die-Uhr-Einsatz und bleierner Müdigkeit alles pünktlich abgeliefert. Wurde Paul wach, während ich telefonierte, machte ich die Tür fest zu oder verschwand in den Keller. Musste ich telefonieren, obwohl die Kinder bereits von der Kita und Tagesmutter zurück waren, weil es zeitlich nicht anders ging, setzte ich sie mit Süßigkeiten ins Spielzimmer.
Professionell sein, aber nicht auf Kosten der Kinder
Doch damit habe ich irgendwann Schluss gemacht. Es gab da einen Vorfall, der mir die Augen geöffnet hat: Paul spielte in seinem Laufstall, als das Telefon klingelte. Es war das Bürotelefon. Ich verzog mich ins Arbeitszimmer, um in Ruhe zu telefonieren. Plötzlich hörte ich, dass Paul weinte. Doch ich schaffte es nicht, meinem Gegenüber zu sagen: »Ich rufe Sie später zurück«, ich ließ mein Kind brüllen. Als ich schließlich das Telefonat beendet hatte und zu Paul rannte, war der puterrot und total aufgelöst. Es dauerte mindestens zehn Minuten, bis er zu schniefen aufhörte. Das tat mir so unendlich leid, dass ich mir schwor, meinen Job nur noch geregelt anzugehen. Ich suchte für Paul eine Spielgruppe und einen Babysitter.
Inzwischen bin ich der festen Überzeugung, dass sich die Arbeitsbedingungen für Eltern nur verbessern können, wenn man nicht mit den Kindern hinter dem Berg hält. Es ist schon klar, dass ich meine Kinder nicht mit zur Arbeit nehme, etwa zu einem wichtigen Interview, einfach deshalb, weil ich dann unkonzentriert bin. Aber es muss möglich sein, zu sagen: »Ich kann die nächsten drei Tage nicht arbeiten, meine Kinder sind krank.« Für Festangestellte gibt es 20 Betreuungstage (für jeden Elternteil zehn), die sie nehmen können, wenn das Kind krank ist. Ich kenne aber viele Frauen, die sie nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass das bei den Chefs nicht gut ankommt. Manche denken auch, das sei unprofessionell. Und ich kenne auch nur wenige Männer, die ihre Betreuungstage genutzt haben, wenn das Baby krank war oder der Fünfjährige Rotaviren hatte.
Bis 17 Uhr gern, aber nicht länger
Der Chef ist zufrieden mit meinem Konzept. Er will, dass ich die ersten Ausgaben des Magazins betreue. Dann fragt er: »Können Sie ein paar Tage im Monat hier bei uns arbeiten?« Ich muss schlucken. Ich soll ein paar Tage im Monat hier arbeiten, wo alle ständig bis Mitternacht bleiben? Wie, bitte schön, soll das denn gehen? Im Moment habe ich einen ganzen und zwei halbe Tage zum Arbeiten. Ich bräuchte also mindestens einen weiteren ganzen Tag, besser zwei, damit die Fahrerei Sinn macht. Nur, wie soll das gehen?
Ich lächele und sage: »Das müsste sich machen lassen, ich sage Ihnen in den nächsten Tagen endgültig Bescheid.« Dann fällt mir ein, dass ich meine Kinder ja nicht mehr verstecken wollte. Darum ergänze ich: »Bis 17 Uhr kann ich gerne bleiben, aber dann muss ich meine Kinder abholen.«
Ich packe meine Tasche, verabschiede
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