Freiheit fuer Mama
mich und renne die Treppe hinunter. Ich habe noch 35 Minuten, bis die Kita schließt. Für die Strecke brauche ich aber mindestens 45 Minuten. Doch ich bin ganz ruhig. Ja, ich bin richtig beschwingt. Alles ist gut gelaufen, und ich habe den Job in der Tasche. Und auch Piets Schnuller. Der gibt mir das Gefühl, die Situation souverän gemeistert zu haben. Yeah! Ich fühle mich gut! Die Arbeit, die ich vor mir habe, ist interessant und wird auch ganz gut bezahlt. Ich fahre gemächlich durch die Stadt, habe sogar grüne Welle. Zwischendurch halte ich an der Tankstelle an und hole mir einen Cappuccino zum Mitnehmen, trotz der Zeitnot. Diesen kleinen Luxus habe ich mir jetzt wirklich verdient! Ich schlürfe das heiße Getränk, während ich versuche zu schalten. Für Kaffee am Steuer wäre ein Automatikwagen gut. Um fünf nach eins bin ich in der Kita.
In der Komfortzone
Nachmittags sind wir beim Kinderarzt. Paul hat seine U 8. Wir sitzen im Wartezimmer, Piet und ich gucken ein Buch an. Plötzlich kommt eine Mutter herein, Britta. Ich kenne sie vom Kinderturnen, und wir haben schon ein paarmal miteinander gequatscht. Wir sagen kurz »Hallo« zueinander, dann gucke ich weiter mit Piet Die kleine Raupe Nimmersatt an. Drei Seiten später hat er Durst. In meiner Tasche krame ich nach seiner Flasche. »Na, gut zu tun?«, fragt Britta. Ich überlege kurz, was sie meinen könnte. Doch dann erinnere ich mich daran, dass ich ihr neulich von meiner Selbstständigkeit erzählt habe. »Ja, es läuft ganz gut«, sage ich und gebe Piet seine Trinkflasche. Doch der will plötzlich lieber zum Klettergerüst.
»Also, ich vermisse meinen Beruf ja nicht«, sagt Britta und blättert in der Brigitte . Mit drei Kindern sei es ihr auch kaum möglich, arbeiten zu gehen. »Erstens nimmt dich keiner, weil die Chefs denken, du bist eh nie da, weil eins der Kinder krank sein könnte. Auch finde ich, dass es ein enormer Aufwand ist, drei Kinder wegzuorganisieren.« Sie ergänzt noch, dass sie nicht arbeiten müsse, weil ihr Mann genug verdiene. Sie sei Hausfrau und Mutter, und das sei in Ordnung für sie.
Britta scheint eine von den Frauen zu sein, die Bascha Mika in ihrem Buch Die Feigheit der Frauen beschreibt. Frauen, die einen Teilzeitjob von acht bis zwölf haben und sich danach um die Kinder, das Haus, den Hund und den Garten kümmern. Oder die so wie Britta gar nicht berufstätig sind, weil sie meinen, das mit der Kindererziehung nicht vereinbaren zu können. Der Mann verdient derweil das Geld. Ein Gedanke, mit dem ja auch ich zeitweilig gespielt hatte.
Natürlich ist es kein wirklicher Komfort, zu Hause für alles verantwortlich zu sein. Ja, oft ist es der reinste Wahnsinn, wenn die Kinder alle gleichzeitig schreien und kaum Zeit bleibt, mal in Ruhe einen Kaffee zu trinken. Aber ich finde es doch ein bisschen arg, wenn man wie Britta lebt: wenn sich Mama ganz zu Hause einrichtet und Papa das Geldverdienen überlässt. Was ist denn, wenn Papa seinen Job verliert und Mama beim Geldverdienen nicht einsprin gen kann, einfach deshalb, weil sie total raus ist?
Bascha Mika hält ein Leben in der Komfortzone für gefährlich. Geht die Ehe in die Brüche, sind die Frauen oftmals von Armut bedroht, weil sie für ihren Lebensunterhalt nicht selbst sorgen können. Nach dem neuen Unterhaltsrecht muss der Expartner nämlich nur wenig oder auch gar keinen Ehegattenunterhalt zahlen, vor allem dann, wenn die Kinder schon größer sind und die Frau arbeiten gehen könnte. Sie ist also gezwungen, oft nach jahrelanger Pause, wieder in den Job einzusteigen, um ihr eigenes Geld verdienen. Das wäre in Ordnung, wenn die »Komfortzonen-Mütter« und auch alle anderen, die zugunsten der Familie ihren Job hintangestellt haben, nicht allesamt riesige Probleme hätten, quasi von null auf hundert eine adäquate Arbeit zu finden. Einen Job also, der die Familie ernährt und sich mit den Zeiten der Kinder vereinbaren lässt. Seit das Buch raus ist, tobt hier eine Art Mamakrieg. Die Komfortzonen-Mütter fühlen sich angepinkelt, und die, die arbeiten, fühlen sich bestätigt. Das Buch hat die Fronten, die es eh zwischen Müttern gibt, weiter verhärtet. Doch darum geht es Bascha Mika gar nicht. Sie möchte Frauen einfach die Augen öffnen und verhindern, dass sie von der Komfortzone in die Hartz-IV-Zone wechseln.
Mal abgesehen davon, dass es für uns Mamas auf Dauer ja auch langweilig ist, immer die gleichen Dinge zu tun: Kinder wegbringen, einkaufen, putzen,
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