Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom
wenn sie erst aus dem Tagesgeschäft draußen wäre, würde viel mehr auf meinen Schultern lasten. Daher musste ich nach einem Weg suchen, die Sache im Eiltempo hinter mich zu bringen. Und da gab es eine Möglichkeit.
In Mannheim befand sich eine Schule, an der man den Meister in zwei Monaten machen konnte. Ein Crashkurs. Tag und Nacht büffeln. Keine Pause, kein Wochenende, kein Feierabend, Stoff pauken ohne Ende, den Angstschweiß vor der Prüfung noch gar nicht mitgerechnet. Und dann die Kosten. 10 000 Mark allein für die Schule, dazu zwei Monate Verdienstausfall im Laden - das war schon happig. Doch was blieb mir anderes übrig? So oder gar nicht! Ich war es meiner Schwester einfach schuldig.
Und ich habe es geschafft. Uff!
Auch Hatices Wunsch ging in Erfüllung. Nach einem unglaublich langen und beschwerlichen Weg durch die Instanzen, sowohl in der Türkei als auch in Deutschland, klappte es mit der Adoption. Der Junge wurde nach unserem Vater benannt: Turhan Tijen.
Auch bei mir selbst tat sich ganz privat einiges Wichtige in dieser Zeit. Es veranlasst mich, nochmals ein wenig auszuholen.
In Deutschland gibt es viele Sprichwörter, in denen eine Menge Wahrheit steckt. Mit einem allerdings habe ich Schwierigkeiten. Es lautet: »Ein Unglück kommt selten allein.« Ich selbst schien in einer bestimmten Phase meines Daseins ein lebender Beweis für seine Richtigkeit zu sein. Doch mittlerweile denke ich ganz anders darüber. Es gilt nämlich auch umgekehrt: »Ein Glück kommt selten allein.«
Wo viel ist, kommt leicht noch mehr hinzu. Wo dagegen Mangel herrscht, fällt es schwer, Fülle zu schaffen. Beides ist richtig - denn da scheint es etwas zu geben, eine Kraft oder ein Energiefeld, das immer noch mehr von dem anzieht, wovon schon etwas da ist. Deshalb ist es so wichtig, dass wir auf unsere Gedanken achten. Denn sie sind die größte Kraft, die wir besitzen.
Nach der Scheidung von Frank war ich gewiss nicht auf der Suche nach einem neuen Mann. Ich suchte die Stille, im Rückzug auf mich selbst. Aber da war einer, der auf so leisen Sohlen in mein Leben trat, dass ich es erst bemerkte, als er schon mittendrin war.
Es hatte begonnen, als ich einmal allein in Urlaub gefahren war, zum Segeltörn in der Karibik, weil Frank keine Lust hatte mitzukommen. In jenem Urlaub weinte ich um meine verlorene Liebe. Aber es gab jemanden, der mir zuhörte. Christoph. Wir kannten uns schon viele Jahre. Er veranstaltete Vernissagen, zu denen er Frank und mich regelmäßig einlud. Er war immer schon ein lieber Freund gewesen,
mit dem es einfach Spaß machte, sich zu unterhalten und sich über alles auszutauschen, was gerade Thema war.
Dass wir uns auch ohne Worte verstanden, erkannten wir, als es mir so schlecht ging. Aber da war noch nichts zwischen uns. Doch einige Monate nach meiner Trennung von Frank wurden Christoph und ich ein Paar.
Christoph stammt aus einer kultivierten Familie. Seine Eltern hatten ihm stets große Zuneigung und Fürsorge erwiesen, und vielleicht verstand er es auch deshalb so gut, mir so viel Herzenswärme zu schenken. Ich musste mich mit nichts erklären, mit nichts rechtfertigen, ich wurde so genommen, wie ich bin. Es gab keine Probleme zwischen uns beiden, nicht ein einziges. Tatsächlich!
Zum ersten Mal durfte ich das Gefühl haben, dass grundverschiedene Mentalitäten zweier Partner keine Belastung sein müssen, sondern sogar eine Bereicherung sein können. Geschmeidig ging er auf meine spontane Emotionalität ein, und ich öffnete mich für seine feinsinnige, sensible Art. Die Basis unserer Verbundenheit lag - und liegt - nicht darin, dass wir so ähnlich, sondern dass wir so verschieden sind. Wenn dabei nicht die Fetzen fliegen, sondern einfach alles wunderbar passt, offenbart das wohl tatsächlich eine Art Seelenverwandtschaft.
Es fällt dann auch verblüffend leicht, Dinge zu tun und zu genießen, um die man früher eher einen Bogen gemacht hat, obwohl man im Stillen doch wusste, sie würden einem guttun. Und Dinge, die man schon immer gern tun würde, zu denen einem aber stets die Zeit zu fehlen scheint, dennoch zu tun . Ich habe beispielweise immer gern gelesen.
Bin eigentlich eine geborene Leseratte! Aber erst als ich mit Christoph zusammenzog, bekam ich den Dreh heraus, wie man das macht: Man muss nur stets ein Buch dabei haben, in das man immer wieder aufs Neue hineinliest, bis man schließlich damit durch ist. Statt es irgendwann frustriert beiseitezulegen, weil man
Weitere Kostenlose Bücher