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Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
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bemüht, es ihr recht zu machen! Hatte freiwillig Staub gewischt und die Wohnküche ausgefegt. Was konnte denn ich dafür, dass Freitag war? Nach dem Mittagsgebet am Freitag, so will es das religiöse Gesetz, muss während des Ramadan jede Arbeit ruhen. Kein Besen darf angerührt werden, nicht mal Staubwischen ist erlaubt. In Susurluk gingen jetzt bei den Cafés und Restaurants die Jalousien runter. Und wenn es Bürgersteige gegeben hätte - sie wären allesamt hochgeklappt worden. Absolute Stille, bis zum Untergang der Sonne. Keinen noch so kleinen Bissen hatten wir seit ihrem Aufgang in den Mund nehmen dürfen, und es musste weiter gewartet werden, bis sie wieder hinter dem Horizont verschwand …
    Aber dann … da ging die Post ab! Es wurde gefeiert, als wollte man den letzten Tag des irdischen Daseins bis zur Neige auskosten. Was die Vorratskeller hergaben, wurde gekocht und landete auf dem Tisch. Eine Schlemmerparty für alle, und jeden Tag in einem anderen Haus. Wie aufregend
für uns! Endlich einmal zu anderen Leuten kommen! Im Ramadan sind Muslime andere Menschen - vielleicht hören sie das nicht gern, aber genauso ist es. Man hält zusammen, man macht alles gemeinschaftlich. Das Fasten, das Beten, das Essen, das Feiern. Wir liebten es!
    Nach dem späten Abendessen war die Nacht kurz. Denn schon bald, so zwischen drei und vier Uhr, zogen Trommler durch die Straßen, um alle zu wecken. Wozu? Na, zum Essen und Trinken! Eine religiös verordnete Mahlzeit, mitten in der Nacht. Aber anders hält man es ja auch nicht aus, wenn danach den ganzen Tag gefastet werden muss. Zumal nach Sonnenaufgang anstrengende Exerzitien warten …
    Schon Wochen vor dem frommen Monat beginnen die ersten Vorbereitungen für die Gelage, die dann nachts stattfinden. Die Frauen kommen immer wieder zusammen, rollen Blätterteigscheiben aus, braten, trocknen und lagern diese in speziellen Räumlichkeiten bei der richtigen Temperatur. Es ist, als ob Vorräte für den Winterschlaf eines ganzen Dorfes angelegt würden. Ein bisschen wie beim Plätzchenbacken vor Weihnachten in Deutschland, nur viel, viel aufwendiger. Die Frauen singen miteinander, erzählen sich was und haben eine Menge Spaß zusammen - wobei ihre Hände stets emsig rühren, kneten und rollen. Für uns Kinder war das ein faszinierendes Schauspiel. Wir setzten uns dazu, hätten am liebsten mitgemacht. Aber die fleißigen Frauen beachteten uns kaum.
    Nur Oma hielt sich aus all dem heraus. Sie war wie eine Königin, die bedient werden wollte. Und auch bedient wurde . Stets produzierten die Nachbarsfrauen den Teig für ihre Ahretanne mit. Und das erste Essen für die ganze Nachbarschaft
fand traditionell bei uns zu Hause statt. Egal wo man ist, scheinbar kommen doch überall immer erst die wichtigen Leute dran. Kaum dass die Trommler weg waren, schlurften die Nachbarn schlaftrunken in unsere bescheidene Behausung. Und dann wurde aufgetischt. Den Anfang machte stets der Blätterteig. Er war zuvor genässt und zu Taschen geformt worden. Dann kam Käse hinein, und dieser Yufka wurde jetzt überbacken. Dazu reichte man einfache Oliven. Ein schlichter, aber würdiger Auftakt zu einem festlichen Mahl, das noch vor Tagesanbruch folgte.
    Sobald man sich den Bauch vollgefuttert hatte, ging es aber auch schon ans Beten. Und worum betete man? Vor allem um die Kraft, das Fasten durchzuhalten. Für alle, die nicht wissen, was es bedeutet: Es ist wirklich nicht so einfach, 30 Tage lang den ganzen Tag über nichts zu essen und zu trinken . Rein gar nichts! Nicht mal Wasser oder Tee durfte man zu sich nehmen.
    »Das könnt ihr euch doch kaum vorstellen, oder, Kinder? Aber wir haben durchgehalten!«
    Schließlich erwarteten uns nach Sonnenuntergang die allergrößten kulinarischen Genüsse. Und als Höhepunkt, zum Abschluss des Ramadan, eine ganz besondere Belohnung: Sekerba Bayramı, das große dreitägige »Zuckerfest«, das die Geburt des Propheten feiert. Dafür kleideten sich alle neu ein, und zwar von Kopf bis Fuß, von den Strümpfen bis zur Haarschleife. Darauf freuten wir Mädchen uns natürlich ganz besonders. In unseren neuen Kleidchen zogen wir dann von Haus zu Haus, um Bonbons und Geld zu sammeln. Und wir wurden mit Leckerbissen traktiert, bis unsere Bäuche kugelrund waren …

    Die Kinderschar zu meinen Füßen hat mir mit großen Augen zugehört. Wie spannend! Straßentrommler mitten in der Nacht, alle Nachbarn kommen zum Essen, man wird komplett neu eingekleidet, kriegt Bonbons

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