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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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die Global Player sich in privater Hand befinden, sichern sie ihren Eigentümern den Zugriff auf so viel Geld, dass sie ihre Interessen problemlos auf nahezu allen Ebenen durchsetzen können.
     
    Wer bestimmt die Prioritäten?
Veräußerungsrecht und Entscheidungsmacht
    Selbst wenn man den Eigentümern alle direkten Einflussrechte auf die Führung großer Unternehmen nehmen würde, bliebe ihnen immer noch ein elementares Recht: das Recht zur Veräußerung ihres Eigentums. Solange wiederum die Produktion darauf angewiesen ist, dass ihr private Gesellschafter oder Anteilseigner Kapital zur Verfügung stellen, so lange sichert allein das Veräußerungsrecht den Eigentümern die Macht, den Unternehmen die eigenen Prioritäten aufzuzwingen. Denn ohne kapitalmarktadäquate Renditeaussichten wird dann eben kein müder Euro mehr angelegt. Kriterien des Wirtschaftens jenseits der Gewinnmaximierung führen so schnell zu einem Investitionsstopp und Beschäftigungsabbau, können somit derart negative Folgeeffekte haben, dass sie alle gut gemeinten Regulierungsabsichten paralysieren.Beispiele für Regierungen, die den Interessen der Kapitaleigner nicht genügend Rechnung trugen und schließlich über einen Kapitalstreik zur Umkehr gezwungen wurden, gibt es viele. Frankreichs sozialistische Regierung unter Mitterrand ist eines davon.
    Roger de Weck stellt in seinem Krisen-Essay fest: Wir brauchen »Eigentumsverhältnisse, die bewusst die Interessen der Individuen und des Gemeinwesens verbinden«. 203 Privates Eigentum im Bereich der Großunternehmen leistet das nicht mehr. Deshalb brauchen wir eine neue Eigentumsordnung. Eine Ordnung, die die Chance für neue Kriterien des Wirtschaftens eröffnet und auch in großen Firmen eine Unternehmensführung ermöglicht, die dem Interesse des Allgemeinwohls dient statt nur den Renditeinteressen weniger.
    Es geht um Zukunft, nicht um Vergangenheit
    Die Forderung nach einer neuen Wirtschafts- und Eigentumsordnung wird gern mit dem Hinweis vom Tisch gewischt, dass Alternativen zum Kapitalismus historisch nie funktioniert hätten. Kein Argument ist verfehlter! Das Scheitern des sowjetischen Gesellschaftsmodells (das alle vergangenen Sozialismusversuche geprägt hat) spricht dagegen, dieses für ein mögliches Zukunftsmodell zu halten. Es spricht aber noch lange nicht dafür, die heutige Wirtschaftsordnung für sakrosankt zu halten. Geschichtliche Prozesse bestehen in ihrem Wesen ohnehin nicht in der Wiederkehr von bereits Dagewesenem, sondern in der Entstehung von Neuem. Über dieses Neue nachzudenken und Konzepte dafür zu entwickeln ist die dringende Aufgabe einer Zeit, in der das Alte nicht mehr auf menschenwürdige Weise funktioniert.
    Der Philosoph Ernst Bloch hat darauf hingewiesen, welche Anstrengung es den Menschen kostet, sich eine Gesellschaft vorzustellen, die es in der Realität noch nicht gibt. Doch gerade die Fähigkeit zu dieser Anstrengung ist es nach Bloch, die uns Menschen menschlich macht. Auch Walter Eucken hat sich ausdrücklich dagegen gewandt, die Frage nach den Möglichkeiten für die »Ordnung des Wirtschaftsprozesses in der industriellen Welt« nur »rückblickend, gleichsam mit dem Rücken gegen die Zukunft«, 204 zu beantworten. Notwendig sei das Gegenteil, betont Eucken:
     
    »Es kommt im Hinblick auf die Wirtschaftspolitik nicht nur darauf an, welche Ordnungsformen realisiert waren und sind, sondern auch, welche möglich sind. Es muss eine neue Möglichkeit gefunden werden, die sachlich geboten erscheint, eine Ordnungsform, die eine selbständige Lösung darstellt …« 205
     
    Genau das ist die Aufgabe. Wo weder Regulierung noch Mitbestimmung noch Entflechtung funktioniert, bleibt nur ein Weg, die Kriterien des Wirtschaftens zu verändern: die grundlegende Veränderung der Eigentumsverhältnisse. Wir brauchen Konzepte für eine neue Wirtschaftsordnung. Wir brauchen Ideen für Formen des Eigentums, die es erlauben, dass die Wirtschaft ihre wohlstandserhöhenden Kapazitäten wieder ausschöpft. Und wir brauchen Vorschläge, wie wir das schon von den Ordoliberalen als zentral erkannte Problem wirtschaftlicher Macht lösen, damit wir in Zukunft wieder in einem demokratischen Gemeinwesen leben können.
    Häuschen oder Industriekonzern
Ist jedes Eigentum schützenswert?
    Wer Eigentumsrechte verändern will, macht sich schnell verdächtig, die Privatsphäre nicht hinreichend zu achten. Das private Eigentum an großen Wirtschaftsgütern wird dabei im Gestus einer

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