Freiheit statt Kapitalismus
ein Großteil dieser Unternehmen in einer Weise wirtschaftet, die den Interessen der Mehrheit der Menschen entgegensteht, so lange kann die Volkswirtschaft nicht zum Wohle der Mehrheit wirken. Die Rechte der Eigentümer von Unternehmen umfassen vier wesentliche Bereiche:
die Festlegung der Ziele und Kriterien der Unternehmensführung und somit die Entscheidung über Investitionen und Arbeitsplätze,
die Hoheit über Personalentscheidungen,
das Recht zur Aneignung des im Unternehmen erwirtschafteten Gewinns,
schließlich das Recht zur Veräußerung.
Die Rechtfertigung dafür, wirtschaftliche Ressourcen der Gesellschaft in das Belieben privater Eigentümer zu übergeben, war von Beginn an der Markt, dessen unsichtbare Hand die Summe der eigensüchtigen Bestrebungen in eine sinnvolle Richtung leiten sollte. Wo das nicht mehr funktioniert, verliert das private Eigentum seine Legitimität.
Entflechtung: Hält der liberale Vorschlag, was er verspricht?
Ein Vorschlag zum Abbau wirtschaftlicher Macht und zur erneuten Disziplinierung des privaten Wirtschaftseigentums durch Markt undWettbewerb, der von liberaler Seite gern ins Gespräch gebracht wird, ist die Entflechtung der Giganten. Freilich fällt auf, dass die Liberalen als Regierungspartei in keinem einzigen Land irgendeinen ernsthaften Versuch in dieser Richtung unternommen haben. Ex-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hat zwar zu Beginn seiner Amtszeit mit großem Getöse ein Entflechtungsgesetz zur »Zerschlagung« marktbeherrschender Konzerne angekündigt. Der Tiger hat es aber noch nicht einmal zum Papiertiger geschafft.
Tatsächlich ist eine Entflechtung des internationalen Beteiligungswildwuchses geboten. Eine Verkleinerung der Konzerne allerdings, die gewährleisten würde, dass sie in der Hand privater Eigentümer keine Machtbastionen mehr sind, die mit ihren Investitions- und Beschäftigungsentscheidungen die Entwicklung ganzer Branchen und das Lebensschicksal tausender Menschen bestimmen, scheint kaum möglich zu sein. Moderne Technologien verlangen in vielen Bereichen ein weit über das Niveau eines Mittelständlers hinausgehendes Kapitalminimum. Unterhalb einer Mindeststückzahl lohnen sich hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung nicht. Schon für Schumpeter war das Großunternehmen in vielen Bereichen die Voraussetzung einer technologisch auf höchstem Niveau produzierenden Wirtschaft.
Mittelständische Autobauer sind heute so wenig in Sicht, wie es unwahrscheinlich ist, dass Kernaufgaben der Chemie, der Pharmabranche oder auch der Telekommunikation von kleinen und mittleren Unternehmen übernommen werden können. Selbst in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als die fatalen Folgen wirtschaftlicher Macht noch brandaktuell im öffentlichen Gedächtnis waren, war die Entflechtung mehr Proklamation als Realität. Die Konzerne blieben groß und sie blieben mächtig, wenn sie auch noch nicht von jener gesellschaftlichen Übermacht waren, die sie heute besitzen. Sosehr daher der Nutzen globaler Wirtschaftsgiganten mit Produktionsstätten auf drei oder vier Kontinenten infrage zu stellen ist, so wenig aussichtsreich scheint es, den gemeinwohlfeindlichen Managementstrategien der Großunternehmen die Forderung entgegenzustellen, ihren Handlungsradius auf das Niveau größerer Mittelständler zu reduzieren.
Verfügung ohne Eigentum? Die Grenzen der Mitbestimmung
Eine andere Reformidee läuft darauf hinaus, den Eigentümern großer Unternehmen zwar nicht ihr Eigentum, aber einen Großteil ihrer Verfügungsrechte zu nehmen und so die Wirtschaft wieder dem Allgemeinwohl zu verpflichten. Immerhin haben viele Unternehmenseigner einen Teil dieser Rechte bereits freiwillig an von ihnen eingesetzte Manager abgegeben.
Einen solchen Eingriff in die Verfügung über Eigentum stellt beispielsweise die Mitbestimmung nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 und dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 dar. Diese Gesetze regeln die Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat und die Einrichtung der Funktion eines »Arbeitsdirektors« im Vorstand, der allerdings weder durch die Beschäftigtenvertreter im Aufsichtsrat noch durch die Gewerkschaften kontrollierbar ist. Außerdem gibt es die Betriebsräte als Interessenvertreter in sozialen Belangen.
Der Mitbestimmungsapparat sichert den Beschäftigten zweifellos bessere Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer sozialen Interessen, als sie sie ohne diese Instrumente hätten. Eine ernsthafte Chance, die Unternehmensstrategie
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