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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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verhindern. Denn wirtschaftliche Macht, so die eindringliche Warnung,lässt sich nicht kontrollieren. Nur wenn wirtschaftliche Macht bereits
am Entstehen
gehindert wird, bleibt die Politik unabhängig genug, um der Wirtschaft einen sozialen Rahmen aufzuzwingen, und nur unter dieser Voraussetzung können dann auch Wettbewerb und Markt eine dem Allgemeinwohl nützliche Funktion erfüllen.
    Fast schon prophetisch warnte Walter Eucken: »Eine Monopolkontrolle, die sich gegen den sogenannten ›Missbrauch‹ wirtschaftlicher Machtstellung wendet, scheitert.« Denn: »Die Machtkörper gewinnen bekanntlich ihrerseits einen großen politischen Einfluss in einem Staat, in dem sie zu wuchern beginnen. Der Staat wird dadurch selbst unfähig, die Monopolkontrolle wirksam durchzuführen.« Also:
     
    »Nicht in erster Linie gegen den Missbrauch vorhandener Machtkörper sollte sich die Wirtschaftspolitik wenden, sondern gegen die Entstehung der Machtkörper überhaupt. Sonst besitzt sie keine Chance, mit dem Problem fertig zu werden.« 12
     
    Der Laissez-faire-Liberalismus sei deshalb fatal, weil er Großunternehmen entstehen lasse, die die Märkte dominieren und deren enorme wirtschaftliche Macht fortan jede gegen ihre Interessen gerichtete Politik verhindert. Ebendeshalb lasse, so Eucken, »die Politik des Laissezfaire … keine Wirtschaftsordnungen entstehen, die dem Rechtsstaat adäquat sind«. 13 Auch für Alfred Müller-Armack sind Freiheit und Wirtschaftsliberalismus nicht vereinbar: »Wenn wir uns wirklich ehrlich und entschlossen für menschliche Freiheit entscheiden wollen, so müssen wir schon in der Gestaltung der Wirtschaftsordnung das Aufkommen bedrohlicher Übermacht verhindern. … Wo in ihr private Übermacht weiterhin möglich ist, ist es Aufgabe einer modifizierten Marktwirtschaft, auch diese noch zu beseitigen.« 14 Auch Ludwig Erhard wendet sich mit Nachdruck gegen die Einmischung von Wirtschaftslobbys in die Politik und plädiert mit dieser Begründung dafür, »dass ein auf Verbot gegründetes Kartellgesetz als das unentbehrliche ›wirtschaftliche Grundgesetz‹ zu gelten hat. Versagt der Staat auf diesem Felde, dann ist es auch bald um die ›Soziale Marktwirtschaft‹ geschehen.« 15
    Die Logik ist zwingend: Der völlig freie Markt heilt nicht, sondern er tötet, und zwar in letzter Konsequenz sich selbst, damit aberzugleich die Möglichkeit einer von den Wirtschaftsmächtigen unabhängigen Politik. Denn jeder Markt tendiert dazu, die Unterschiede zwischen Stark und Schwach, Groß und Klein zu verstärken und nicht etwa zu nivellieren. Wer jemals Monopoly gespielt hat, weiß, wie das funktioniert.
    Drittes Fundament der sozialen Marktwirtschaft:
Persönliche Haftung
    Das Prinzip der persönlichen Haftung ist für Walter Eucken ein weiterer zentraler Grundsatz für eine funktionierende Wettbewerbsordnung: »Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen.« 16 Denn, so Eucken: »Haftung ist nicht nur eine Voraussetzung für die Wirtschaftsordnung des Wettbewerbs, sondern überhaupt für eine Gesellschaftsordnung, in der Freiheit und Selbstverantwortung herrschen. … Jede Beschränkung der Haftung löst eine Tendenz zur Zentralverwaltungswirtschaft aus.« 17
    Märkte wie die heutigen Finanzmärkte, auf denen die Akteure nach maximalen Gewinnen streben, ohne im Falle eines Misserfolgs auch für den angerichteten Schaden bluten zu müssen, waren den Ordoliberalen also ein solcher Graus, dass sie von Eucken mit dem größten ordnungspolitischen Sündenfall, der »Tendenz zur Zentralverwaltungswirtschaft«, auf eine Stufe gestellt werden.
    Im Kern sieht das ordoliberale Idealbild folglich so aus: Auf offenen Märkten konkurrieren vor allem kleinere und mittelgroße Firmen miteinander, Firmen, von denen keine groß genug ist, die Preise zu diktieren oder das Angebot zu manipulieren. Der Wettbewerb zwingt sie dazu, sich durch bessere Produktqualität und effizientere Produktionsverfahren einen Vorsprung vor ihren Wettbewerbern zu sichern. Der Staat setzt einen sozialen Rahmen und greift dort steuernd in das Marktgeschehen ein, wo soziale Verwerfungen oder andere dem Allgemeinwohl abträgliche Folgen privatwirtschaftlichen Handelns drohen. Kostensenkungen zulasten der Beschäftigten werden durch eine entsprechende Verfassung von Betrieb und Arbeitsmarkt verhindert, so dass höhere Gewinne nur aus Innovationsleistungen und höherer Produktivität entstehen können. Jeder Eigentümer haftet für die Folgen seiner

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