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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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zusammen lag nicht wesentlich höher. Das Ungemach war zum einen eine Nachwirkung des Immobilienrauschs der Wiedervereinigungsjahre, als viele Banken Hypotheken für sündhaft überteuerte Häuser im Osten bereitgestellt hatten. Ein Beispiel für solche Finanzierungen waren dieberühmten »Peanuts« von 50 Millionen DM, die die Deutsche Bank in den Baulöwen Jürgen Schneider versenkt hatte. Manch fauler Kredit war ferner durch das Platzen der New-Economy-Blase entstanden. Ab dem Jahr 2000 siechte der Neue Markt seinem frühen Tode entgegen, wobei die zuvor gefeierten Firmen nicht nur das Vermögen ihrer Aktionäre, sondern auch manchen Bankkredit mit ins Grab nahmen.
    Obwohl Gerhard Schröder für die Wünsche von Industrievertretern und Bankern immer offene Ohren hatte, war er von Ackermanns Bad-Bank-Idee nicht angetan. Immerhin hatten SPD und Grüne gerade einen rabiaten sozialen Kahlschlag durchgesetzt, hatten die Renten gekürzt und teilprivatisiert und bereiteten augenblicklich die Abschaffung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe und deren Ablösung durch Hartz IV vor. All diese Untaten hatten sie mit angeblich unausweichlichen »Sparzwängen« im »Zeitalter der Globalisierung« begründet. In dieser Situation Milliarden öffentlicher Mittel für Banker bereitzustellen, die sich in ihrer Kreditpolitik verrannt hatten, passte schlecht in die politische Landschaft. Was also tun?
    Ein Blick über den Ozean brachte Schröders Regierungsmannschaft auf eine grandiose Idee, die Ackermanns Bad-Bank-Plan völlig überflüssig machen sollte. Was machen amerikanische Banken mit Krediten, die sie nicht mehr haben wollen? Genau, sie verbriefen sie und verkaufen sie. Irgendwo in den Weiten des globalen Finanzmarktes gibt es immer einen Dummkopf, der sich so etwas andrehen lässt. Und schwupp! ist die Bilanz wieder sauber.
    Verpackungskünstler
    2003 lief die Verbriefungsmaschine in den USA bereits auf Hochtouren. Verbrieft wurden Hypotheken, Kreditkartenschulden, Studentenkredite, Unternehmensfinanzierungen, also fast alles, was an Darlehen über die Bankschalter ging. Nur dadurch konnte das Volumen ausgereichter Kredite so ungeniert wachsen und der US-Verbraucher sich bis über die Halskrause verschulden. Hätten die Banken all diese Kredite und Häuserdarlehen in ihren Büchern behalten, hätten sie erstens viel genauer hinsehen müssen, wem sie da eigentlich Kredit gewährten und wie die Chancen auf Rückzahlung standen. Und sie hätten zweitensjeden Kredit mit Eigenkapital unterlegen müssen. Damit hätte sich das mögliche Kreditvolumen in deutlich engeren Grenzen bewegt. Mit dem Verkauf des Kredits indessen wurde das Eigenkapital wieder frei und die Bank konnte sich auf die Suche nach dem nächsten Kreditkunden machen.
    Es handelte sich also um ein außerordentlich lukratives Modell für die Banken: Sie verdienten an jedem Darlehen eine schöne und sichere Gebühr und waren nach erfolgreichem Verkauf die Sorge los, ob der Kreditnehmer seine Zahlungen aufrechterhalten konnte. Es ist klar, dass ein solcher Mechanismus massive Anreize setzt, immer mehr Kredite unter die Leute zu bringen, völlig unbekümmert um die Qualität der Kredite, also um die Frage, ob Zins und Tilgung auch aufgebracht werden können.
    An dem Geschäft verdienten nicht nur die unmittelbar kreditgebenden Banken. Der ganz große Reibach wurde an der Wall Street gemacht. Denn die Kredite in forderungsbesicherte Wertpapiere, sogenannte »Asset Backed Securities« (ABS) zu verpacken bzw. aus einem ganzen Bündel von ABS nach ausgeklügelten Verfahren eine »Collateralised Debt Obligation« (CDO) zu basteln, war das Geschäft der Investmentbanker. Außerdem platzierten sie auch noch Wetten auf den Zahlungsausfall solcher Kredite – sogenannte »Credit Default Swaps« (CDS) – oder bauten sie in die Papiere selbst ein. Und sie erfanden Indizes, die die Wertentwicklung solcher Papiere abbildeten und auf deren Verlauf man wiederum mit von ihnen gebastelten Papieren Wetten abschließen konnte. Selbstverständlich machten die Banker bei jedem dieser Papiere einen schönen Schnitt, bevor sie es an die Käufer weiterreichten.
    Wenn die Bankenaufsicht blind ist
    Abnehmer der von den Investmentbanken erzeugten Finanzpapierflut waren zum einen diverse Fonds: Hedge-Fonds, die die Kreditpapiere zur Spekulation benutzten, oder Pensionsfonds, die darin die Rentengelder ihrer Anleger versenkten. Nachfrage kam aber auch von anderen Banken, die die vermeintlichen

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