Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
Vom Netzwerk:
Lauf der vergangenen zehn Jahre in der Industrie zugenommen.« 26 Ohne Finanzierungsbarrieren hätte die Innovationsquote nach Auffassung der KfW in Deutschland 2004 um bis zu 10 Prozent höher sein können. Und dieser Trend des Abwürgens von Innovation und Investition hat sich in den folgenden Jahren fortgesetzt.
    Ob heute in Deutschland noch eine einzige Hightech-Maschine gebaut würde, wenn die Bankenlandschaft ausschließlich von den Ackermanns und Co. bestimmt würde, kann man zu Recht in Zweifelziehen. Glücklicherweise wird sie das nicht. Neben den privaten Finanzpalästen (und von ihnen seit je bekämpft und angefeindet) gibt es den großen Sektor der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die sich relativ gleichbleibend im Kreditgeschäft engagieren und ihr Angebot in den letzten Jahren sogar ausgeweitet haben. Aber natürlich konnte der dramatische Rückzug der Großen damit nicht ausgeglichen werden.
    Auf dem Weg ins Casino
    Statt Maschinenbauer oder Waschmittelproduzenten kreditieren die Ackermanns seither lieber andere Banken. Lag der Anteil solcher Interbankenkredite 1999 bei den großen Instituten noch bei etwa 35 Prozent, wurde er bis 2007 auf 55 Prozent hochgefahren. Selbst Mitte 2009, als alle Welt über die nötige »Reaktivierung« des Interbankenmarkts sinnierte, waren es noch 50 Prozent. Jeder zweite Euro Kreditgeld einer deutschen Großbank geht also an eine andere Bank und zirkuliert damit fröhlich im Finanzkreislauf herum. Damit kommt man seinen US-amerikanischen Vorbildern schon recht nahe. Dort gingen 2007 absurde 80 Prozent der gesamten Kreditvergabe an andere Banken und Finanzakteure.
    Rasant angewachsen ist auch der Bestand an Aktien, Anleihen und sonstigen mehr oder minder seriösen Wertpapieren, mit dem die privaten Banken ihre Bilanz aufplustern. Der Wert solcher Papiere in den Büchern deutscher Großbanken hat sich von 1991 bis 2007 um das fast 18-Fache erhöht und liegt heute nur wenig unter dem damaligen Spitzenwert. Was das Investmentbanking ausmacht, ist gerade dieses Herumspielen mit diversen Finanzpapieren.
    Begonnen hatte diese Entwicklung bereits 1989/90, als die Deutsche Bank die frühere Merchant Bank Morgan Grenfell in der Londoner City übernahm und so ihre Investmentsparte aufzubauen begann. Wenig später kaufte die Dresdner Bank die Investmentbank Kleinwort Benson und war damit ebenfalls in der City präsent. Insbesondere die Deutsche Bank akquirierte und expandierte in den Folgejahren kräftig. Den entscheidenden Durchbruch zur Wall Street Bank und zu einer der größten Investmentbanken weltweit erzielte sie mit der Übernahme von Bankers Trust im Jahr 1999. Die Dresdner folgte 2001 mit der Übernahmedes Wall-Street-Hauses Wasserstein Perella. Heute verdankt die Deutsche Bank etwa 90 Prozent ihrer Gewinne (im ersten Quartal 2010: 93 Prozent!) den smarten Kollegen aus den Zockerdepartments.
    Innovative Giftpapiere
    Statt reale Produktneuheiten zu finanzieren, haben Investmentbanker eine ganz andere Sorte von Innovation im Kopf: »Finanzinnovationen«. Mit diesem Begriff, der Fortschritt und Kreativität signalisieren soll, wird die Flut all jener Finanzpapiere umschrieben, die die Märkte in den letzten Jahrzehnten überschwemmt und immer krisenanfälliger und unübersichtlicher gemacht haben. Die meisten dieser Papiere beinhalten entweder eine spekulative Wette auf die künftige Entwicklung irgendeiner volkswirtschaftlichen Größe oder sie sind so beschaffen, dass sie ihrem Käufer dabei helfen, Steuern zu sparen oder regulatorische Vorschriften zu umgehen. Manchmal gibt es dafür Ärger mit den Finanzbehörden. So musste sich die Deutsche Bank kürzlich mit 500 Millionen Dollar in den USA von weiterer Strafverfolgung freikaufen, weil sie mit Betrugspapieren und »kriminellem Vorgehen« 27 allzu offen reiche Amerikaner beim Steuerhinterziehen unterstützt hatte.
    Neben ihrem Beitrag zur Ruinierung der Staatsfinanzen und zur Außerkraftsetzung von Regeln spielen große Investmentbanken natürlich auch gern Unternehmensmonopoly, finanzieren freundliche wie feindliche Übernahmen oder die Fresszüge der Private-Equity-Heuschrecken. Zum Geschäft gehört außerdem, Gleichgesinnte beim Spekulieren zu unterstützen und daran mitzuverdienen. So zählt die Deutsche Bank heute neben der Credit Suisse zu den bevorzugten Finanzierungsinstituten von Hedge-Fonds.
    Mancher Mittelständler oder klamme Stadtkämmerer, der an den Schaltern der Deutschen Bank in den letzten Jahren

Weitere Kostenlose Bücher