Freiheit statt Kapitalismus
von internationalen Banken in der City«, erläutertSchmidt, »die ein solches unprofessionelles Image hatten, und viele der deutschen Landesbanken gehörten leider dazu.« 32
Die Euphorie für verbriefte Kreditpapiere blieb auch nach dem Regierungswechsel von Rot-Grün zur Großen Koalition im Jahr 2005 ungebrochen. Das Ziel »Ausbau des Verbriefungsmarktes« wurde jetzt sogar in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Wer die so emsig geförderte Verbriefungshysterie in Deutschland rekonstruiert, wird dabei an den verschiedensten Stellen immer wieder auf einen Namen stoßen: Jörg Asmussen. Asmussen wurde 2003 von Hans Eichel zum Ministerialdirektor im Finanzministerium befördert und 2008 von Eichels Nachfolger Peer Steinbrück zum Staatssekretär, in welcher Funktion er auch den Regierungswechsel von der Großen Koalition zu Schwarz-Gelb überlebte.
Asmussen saß im Aufsichtsrat der Mittelstandsbank IKB und setzte sich dort massiv dafür ein, die toxischen Kreditpapiere zu kaufen, an denen die kleine Bank 2007 erstickte. Asmussen war Mitglied im Gesellschafterbeirat der »True Sale International« und er turnte natürlich auch auf den Tagungen der »Initiative Finanzstandort Deutschland« herum. In beiden Funktionen hat er im Auftrag seiner Chefs Eichel und Steinbrück emsig darauf hingewirkt, Landesbanken den Aufkauf verbriefter Kreditpapiere und deren Ablagerung in außerbilanziellen Vehikeln schmackhaft zu machen. Anschließend verwaltete Asmussen als Mitglied im Lenkungsausschuss des Bankenrettungsfonds SoFFin das Erbe der durch ihn mitverursachten Katastrophe und soll als eines von sechs Mitgliedern der Expertengruppe »Neue Finanzmarktarchitektur« Vorschläge für neue Finanzmarktregeln machen. Seit Januar 2012 ist Asmussen Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank, wobei er den Kampf um den Sessel des EZB-Chefvolkswirts, den die Bundesregierung eigentlich für ihn vorgesehen hatte, verlor und sich mit dem Ressort Internationales begnügen musste.
Das größte Verbriefungsprogramm
An sich war das Verbriefungsunwesen in Deutschland ja nicht gestartet worden, um sich undurchsichtige US-Papiere ins Portefeuille stopfenzu lassen, sondern um zweifelhafte Kredite aus den eigenen Büchern loszuwerden. Tatsächlich fanden unter der Ägide der KfW mehrere große Verbriefungsaktionen statt. So habe die KfW, röhrte Asmussen in einem Artikel in der
Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen
2006, »seit 2000 in Zusammenarbeit mit den Banken das wohl größte Verbriefungsprogramm (58 Transaktionen) in Euro geschaffen«. 33
Nur bedeuteten die 58 Transaktionen nicht, dass am Ende auch wieder mehr Geld für Mittelständler bereitstand. Vielmehr dürften sich die Banken damit in erster Linie jener Problemkredite entledigt haben, die sie schon 2003 nicht mehr in ihren Büchern haben wollten. Gegen eine stärkere Ausweitung der inländischen Kreditvergabe sprach indessen unter Renditegesichtspunkten einiges. Ein mit US-Verhältnissen vergleichbarer Verschuldungsrausch privater Verbraucher ließ sich in Deutschland schon deshalb nicht inszenieren, weil Hypotheken- wie Konsumentenkredite hierzulande noch recht gut reguliert sind. Firmenkredite wiederum sind ein kleinteiliges mühsames Geschäft. Es gab keinen Grund, sich damit herumzuschlagen, solange sich dank weltweit wachsender Schulden ein überreichliches Angebot an Kreditpapieren auf dem Markt befand, bei dem man nur noch zugreifen musste.
Außerdem waren sämtliche Investmentbanken, die bei der »Initiative Finanzstandort Deutschland« mitmachten, einschließlich der Deutschen Bank, groß im Verbriefungsgeschäft an der Wall Street engagiert. Wonach sie suchten, waren Käufer für die von ihnen geschaffenen Papiere. Die haben sie gefunden.
Insofern ist es reichlich übertrieben, wenn Asmussen sich in besagtem Artikel dafür lobt, dass »mit der TSI GmbH eine Gesellschaft etabliert wurde, die durch Bereitstellung von deutschen Zweckgesellschaften und Gütesiegeln von Transaktionen die ABS-Aktivitäten an den Standort Deutschland (ABS made in Germany) bindet«. Unter der Rubrik »weitere Handlungsfelder« listet der Ministerialdirektor mit SPD-Parteibuch übrigens die Aufgabe auf, »die Investition in ABS zu erleichtern«, da »insbesondere die Versicherungen, Sozialversicherungsträger und Fonds … durch zahlreiche staatliche Regulierungenbei ihrem ABS-Investment beschränkt werden«. Es sollten sich also nicht nur die Landesbanken, sondern auch die
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