Freiheit statt Kapitalismus
hohen zusätzlichen Investitionsbedarf abdecken können.
Ist ein Softwareprogramm erst mal geschrieben, kann es beliebig oft kopiert werden. Steht der Funkmast einmal in der Landschaft, können fast beliebig viele Nutzer über das entsprechende Netz telefonieren. Auch die Herstellung vieler moderner elektronischer Geräte ist weit weniger kapitalintensiv als die der klassischen Massenkonsumgüter. Um die Kapazitäten einer sprunghaft steigenden Nachfrage nach Notebooks oder Mobiltelefonen anzupassen, bedarf es viel geringerer Investitionen als im Falle einer Ausweitung der Automobilproduktion.
Aus diesem Grund hat selbst die starke Veränderung der Wirtschaft, die mit dem Durchbruch der neuen Informationstechnologien verbunden war, keinen selbsttragenden Investitionszyklus ausgelöst. Die neue »lange Welle«, die von manchem erwartet worden war, kam nicht. Die neuen Technologien haben sich vielmehr in einem Umfeld relativ niedriger Investitionen durchgesetzt. Deshalb haben sie dem Kapitalismus auch keine neue Dynamik gebracht. Natürlich kann niemand die Erfindungen und Neuentdeckungen der Zukunft vorhersehen. Aber es spricht wenig dafür, dass es in Zukunft noch einmal jene extensiven Wachstumszyklen geben wird, die der Kapitalismus braucht, um seine Dynamik zu entfalten.
Fazit
Der Umbau der Ökonomie in Richtung einer Kreislaufwirtschaft, die auf erneuerbaren Ressourcen und recycelbaren Produkten basiert, ist dringend notwendig. Der Kapitalismus blockiert die überfälligen Veränderungen. Erstens, weil der Energiesektor ebenso wie die chemische Industrie oder auch die Automobilproduktion von Konzernen mit geballter Markt- und Kapitalmacht beherrscht wird, die kein Interesse an einem Wandel haben, solange ihre alten Anlagen noch nicht vollständig abgeschrieben bzw. noch technisch funktionsfähig sind. Zweitens, weil der Umbau gewaltige Investitionen erfordert, die unter kapitalistischen Bedingungen nur stattfinden, wenn angemessene Renditen in Aussicht stehen. Da es sich in diesem Fall nicht um Investitionen in Wachstum handelt, können die Renditen nur durch Umverteilung bezahlt werden. Sie würden das Wohlstandsniveau der großen Mehrheit so gravierend absenken, dass die Durchsetzbarkeit unter demokratischen Bedingungen fraglich ist.
Generell gerät das Wachstumsmuster einer auf modernen Technologien beruhenden Produktion immer stärker in Widerspruch zur extensiven Rendite-Logik des Kapitalismus. Wer eine umweltverträgliche Wirtschaft will, muss den Kapitalismus hinter sich lassen.
7. Sterbende Demokratie:
Wenn Wirtschaft Politik macht
»Die Freiheit einer Demokratie ist nicht sicher, wenn die
Menschen das Wachstum privater Macht bis zu dem
Punkt tolerieren, da sie stärker wird als der demokratische Staat selbst.«
Franklin D. Roosevelt, US-Präsident
Der gekaufte Staat
heißt ein 2008 in erster Auflage erschienenes Buch der Journalisten Sascha Adamek und Kim Otto. Darin wird faktenkundig und detailliert ein von der SPD-Grünen-Regierung initiiertes »Personalaustauschprogramm« zwischen Staat und Wirtschaft geschildert, das alle Beteiligten offenbar als so nutzbringend erachteten, dass es bis dato sämtliche Regierungswechsel überdauert hat. Die Idee dazu soll der damalige Innenminister Otto Schily gemeinsam mit dem Personalvorstand der Deutschen Bank, Tessen von Heydebreck, ausgeheckt haben.
Smarte Gesetzschreiber mit Profitinteresse
Zumindest für eine der beiden Seiten, nämlich die Wirtschaft, liegt der Nutzen des Projekts auf der Hand. Immerhin besteht der »Personalaustausch« im Wesentlichen darin, dass Konzern- und Verbandslobbyisten ein Büro in einem Ministerium ihrer Wahl zur Verfügung gestellt wird und sie dort nach Herzenslust an Gesetzesprojekten mitarbeitenkönnen, die ihre Geschäftsinteressen berühren. Mehr als 300 solcher von den Konzernen bezahlten und selbstverständlich den Interessen ihrer Arbeitgeber verpflichteten »Leihbeamten« sollen nach einer Prüfung des Bundesrechnungshofes allein zwischen 2004 und 2006 ihre Schreibtische in diversen Ministerien bezogen haben. Von einer ähnlich großen Schar von Staatsbeamten, die in den Vorstandsetagen der Deutschen Bank oder des Daimler-Konzerns ihr Unwesen trieben, ist nichts bekannt. Der »Austausch« scheint also eher einseitig gewesen zu sein.
Nachdem das im Geheimen ausgekungelte Programm durch Medienberichte öffentlich geworden war und auch der Bundesrechnungshof harsche Kritik formuliert hatte, wurden 2008 die
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