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Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen

Titel: Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt David
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immer, wenn die anderen zwei aufhören wollten: Ach, spiel mer doch noch ein kleines Stündchen, kommt! „Und da haben sie ihn mal reingelegt und mit ihm so lange gespielt, bis er ruhig gesagt habe: ,Wollen wir nich mal ne kleine Pause einschieben?“ Und das geschah nach anderthalb Tagen, also nach sechsunddreißig Stunden.“
    In diesem Moment sahen wir Thekenwilli aus der „Eule“ kommen. „Ich hab fünfundvierzig Mark beisammen“, schrie er über den Dorfplatz.
    „Keine Kunst, du hast wieder den Stammtisch abkassiert“, rief Hufeisen.
    „Nicht den Stammtisch“, sagte Thekenwilli, als er bei uns angelangt war, „sondern die Kaninchenausstellung. Ich wär da gar nicht draufgekommen, wenn die Karnickelzüchter nicht über den Eingang ein Transparent angebracht hätten:
    UNSERE ZUCHT KANN NUR IM FRIEDEN GEDEIHEN.“
    Die Wurzeln der Eiche knurrten ärgerlich.

5

    Wegen der fehlenden Arbeitskräfte kann Papa nie richtig Urlaub machen. Also verkleckert er ihn aufs ganze Jahr.
    Heut war so ein Tag.
    Papa und Mutti wollten sich erholen: Papa auf der Couch, Mutti im Gebirge. Unser Gebirge liegt fast vor unserem Haus; dreißig Autobusminuten - und man ist oben, atmet höhere Luft und fertig.
    „Wir trinken dort schön Kaffee, und zum Abend essen wir auch gleich oben. Da brauche ich mal nichts zu Hause zu machen“, lockte Mama.
    „Neenee“, lachte Papa, „mach mal hier heut nachmittag schön Kaffee, und zum Abend esse ich auch gleich auf der Couch, da brauchst du nicht den Tisch erst zu decken.“
    Wie festgeschmiedet lag er da. Und das war am Mittag, als ich aus der Schule kam.
    „Ich bin auch für Gebirge“, sagte ich.
    „Noch einer!“
    „Wir kommen ja nie ins Gebirge.“
    „Nie? Zweimal waren wir schon oben, Heinz, zweimal, ich bitte!“
    „In fünfzehn Jahren“, antwortete Mama.
    Ruhe! Ich schließe die Augen, ins Gebirge fahren wir das nächste Mal!
    In diesem Augenblick klingelte es an unserer Korridortür.
    „Dreimal kurz?“ Papa guckte verstört. „Das ist doch nicht etwa ...“
    Mama öffnete die Wohnungstür einen Spalt und enträtselte den Schatten hinter der Korridorgardine. „Doch, dem spitzen Hut nach ist sies.“
    „Tante Nelli“, sagte ich, so wie man prost Neujahr sagt.
    „Dann lieber ins Gebirge!“ Papa sprang von der Couch. „Sofort packen!“
    Tante Nelli ist Papas Tante. Und das ist nicht weiter schlimm, schlimm ist, daß Tante Nelli so schrecklich fleißig ist. Sie kommt und sagt: „Also, da werde ich mal gleich eure Fenster putzen.“ Oder: „Wann habt ihr denn das letzte Mal die Öfen ausgeräumt? Ich werd selber nachsehen, wartet!“ Und während sie nachsieht, sehen wir uns an und denken: Sind wir nun wirklich so verwahrlost, wie Tante Nelli tut?
    Ich war ganz schön neugierig, auf welche Gegend unserer Wohnung sie heut einen Anschlag geplant hatte.
    Bevor Papa ihr schonend beibringen konnte, was wir vorhatten, brachte sie uns bei, was sie vorhatte. „In den Schüben sammelt sich immer so allerhand an“, sagte sie, „das ist..
    „Aber Tante Nelli, wir wollen ..."
    Sie lachte Papas angefangenen Satz einfach entzwei. „Du brauchst dich gar nicht zu entschuldigen, Richard, Schübe sind dazu da, daß sich was ansammelt und ...“
    „Tante Nelli“, flehte Mama, „Richard wollte doch gar nichts von den Schüben sagen ...“
    „Ich mach heut einen Urlaubstag“, warf Papa ein.
    „Keine Angst“, Tante Nelli war auch darauf gefaßt, „keine Angst, ich bin ganz leise, wenn ich die Schübe ausräume. Du kannst schlafen, soviel du willst, Richard.“
    „Ich will aber nicht schlafen. Wir haben uns nämlich vorgenommen, ins Gebirge zu fahren. Wir wollen ein bißchen ausspannen. Die Luft, die Sonne, der Wald.“ Papa pries das Gebirge jetzt an wie auf einem Prospekt. „Du wirst uns das hoffentlich nicht übelnehmen, Tante Nelli?“
    „Aber Richard. Im Gegenteil, ich freu mich, auch wieder mal ins Gebirge zu kommen.“
    „Das ist aber fein, Tante Nelli“, bemerkte Papa, hielt sich am Tisch fest und war plötzlich grau und gelb im Gesicht.
    Wir stürmten zur Bushaltestelle, in einem Galopp, daß ich dachte, Papa will Tante Nelli erledigen.
    Als wir zugestiegen waren, übergab Tante Nelli dem Papa ihre Einkaufstasche, die einem Seesack ähnelte. Sie sagte: „Richard, du bist doch so nett, ja?“
    Wir hatten einen wunderschönen Stehplatz. Ein einziges Mal zupfte mich Papa am Ärmel und flüsterte mir vertraulich zu: „Heb mal spaßeshalber Tante Nellis

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