Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen
Halse.
Übrigens, er hat mich nicht gefragt, ob ich auch seine Geschichte in den Aufsatz geschrieben hätte. So gut kennen wir uns und so prima ist mein Papa,, daß er es für selbstverständlich hält.
11
Wenn Vater in die Wanne steigt, tut er so feierlich, als stiege er in die Ostsee. Zunächst riskiert er nur die Füße, dann geht er mißtrauischen Blickes in die Hocke und schreit: „Kaltes! Kaltes!“
Aber das kennen wir schon, und das läuft jeden Freitag so ab. Auch an diesem Freitag, von dem ich noch erzählen will, war es nicht anders.
Doch nun haben wir glücklicherweise immer noch das Telefon. Kein Mensch denkt an das Telefon, plötzlich denkt es an uns.
Es klingelte vorlaut.
„Ich bin da, Heinz! Hörst du, ich bin da!“ schrie mein Papa.
Ich vergewisserte mich. Vater stand im roten Bademantel auf dem Flur und war wirklich da.
„Hab verstanden, du bist nicht da.“ Das sagte ich natürlich nur so aus Jux.
„Ich habe gesagt, daß ich da bin!“
Und nun kam noch Mama aus der Küche und meinte sanft: „Heinz, Papa ist da.“
„Is ja schon gut“, antwortete ich gelassen und guckte meinen daseienden Vater an.
Am Telefon war Herr Knopke.
„Richard?“
„Nein, hier ist d’r Heinz, Herr Knopke.“
„Hol maln Vater an die Strippe!“
„Der ist da, Augenblick bitte!“
„Da ist der?“
„Ja, bestimmt, Herr Knopke!“
„Wie sich die Leute so ändern“, sagte der Mann. Mit ernstem Gesicht übergab ich Papa den Hörer. Wir guckten uns an, Papa, Mama und ich. Vielleicht nur eine Sekunde. Aber wir guckten klassisch, wie im Fernsehen. Da gucken sich auch manchmal welche an, ohne was zu sagen - und jeder weiß, was gemeint ist.
Impressum
9. Auflage
© Eulenspiegel Verlag, Berlin • 1979 (1964) Lizenz-Nr.: 540/68/79 • LSV 7001 Illustrationen und Einbandgestaltung: Wolfgang Würfel Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung:
Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden 620 058 5
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