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Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen

Titel: Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt David
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Birkeiwiese. Die Einwohner kippen seit langem schon Schutt, Asche und Büchsen und Flaschen und son Zeug drauf, weil sie zwei Jahre brachliegt.“
    „Ach nee“, machte Papa. Er ist Feldbaubrigadier. Ich wußte, daß ihm das unter die Jacke ging.
    „Und wegen des Rauchens in der Scheune hatte ich dich auch gefragt. Das macht oft der Schweizer, Herr Zottelbeck."
    „Und der steht nun ebenfalls in deinem Aufsatz?“
    Ich nickte unschuldig.
    „Der wird sich aber freuen. Und die Milchschulden hast du natürlich auch nicht vergessen?“
    „Ach wo, Papa. Ich habe genau das geschrieben, was du gesagt hast.“
    „Und was habe ich gesagt?“
    „Ganz einfach: gutes Futter, Sauberkeit und Ordnung in den Ställen sind die Voraussetzungen für höhere Milcherträge. Unsere Genossenschaft - hab ich hinzugefügt! - hat zur Zeit beträchtliche Milchschulden, was niemanden wundert, wenn er die Ställe gesehen hat.“ Punkt für Punkt trieben wir dieses Frage-und-Antwort-Spiel weiter. Wir vergaßen weder den wichtigen Arbeitsschutz noch die Pünktlichkeit.
    Papa machte ein bedenkliches Gesicht, aber keine Einwände. „Und solche Aufsätze schreiben alle in der Klasse?“„Alle.“
    „Und was haben da die anderen so an unserer Genossenschaft auszusetzen? Ich meine, es werden nicht alle dasselbe schreiben?“
    Ich zuckte berechnungshalber mit den Schultern.
    Unser Kater katzbuckelte und scheuerte sich mitleidig an Vaters Hosenbein.
    „Ich weiß nur von Hufeisen ein Beispiel“, sagte ich. „Er beklagt sich über Herrn Knopke, weil er zu der Frauenbrigade sagt: ,Los, ihr Weiber geht in die Rüben oder ,Die Weiber schicken wir auf den Tabakboden.‘ Hufeisen sagt dann immer: "Meine Mutter ist doch kein Weib:"
    „Was ihr so alles merkt“, wunderte sich Papa und schüttelte den Kopf. Geschickt und von bibbernder Neugier getrieben, arbeitete er sich weiter vor und fragte, was wir von Sülzenbecks Gustav hielten, der von früh bis spät flucht und die Tiere mit dem drischt, was er gerade zur Hand hat.
    „Sülzenbecks Gustav?“ Ich machte eine absichtliche Pause, um die Spannung zu erhöhen. Ich weiß doch, daß die Erwachsenen nie wissen, welchen Spitznamen sie haben. „Den nennen wir den ,Henker vom Typ III‘.“
    „Köstlich“, sagte Papa, „er ist vom Vorstand schon mehrmals verwarnt worden, aber andererseits schuftet er so tüchtig, wie er flucht.“
    Nun wollte ich eigentlich noch sagen, daß die Lehrer, LPG-Mitglieder und andere Leute im Dorf, mit denen wir zufrieden waren, keine Spitznamen bekommen, aber das vermochte ich meinem Papa nun doch nicht anzutun.

Nachdem wir alle eingeschätzt hatten und nur mein Vater übriggeblieben war, räumte ich gemächlich meine

    Schulsachen zusammen. Das machte ihn natürlich noch zappliger. Er zündete sich eine Zigarette an, hüllte sich in eine blaue Rauchwolke und meinte: „Na, Heinz, von mir sprichst du nicht?“
    Ich schaute Papa an, als fürchtete ich mich vor diesem Schritt. In Wirklichkeit tat ich nur so, um ihn kommen zu lassen.
    Er versuchte zu lachen. Aber es sah nicht fröhlich aus, obwohl er sich redlich Mühe gab. „Dachtest du, ich vertrage keine Kritik?“
    Ach, du lieber Gott, dachte ich, das sagen alle. „Soll ich, Papa?“
    „Schieß los!“
    „Du hast ein paarmal unsern Ausbilder vertreten müssen und ..."
    „Habe ich, ja - und?“
    „... da hast du uns jedesmal auf den Acker gejagt; wir mußten Steine lesen und am Rain aufschichten.“
    „Steine müssen nun mal vom Acker, Heinz.“
    „Das ist wahr.“
    „Siehst du!“ frohlockte Papa.
    „Auf dem Lehrplan stand aber, daß wir Bodenproben entnehmen sollten. Und du hast uns Steine lesen geschickt und gesagt...“
    „Was hab ich gesagt?“
    „Du hast gesagt: ,Die sollen erst mal arbeiten lernen. Na, und das Steinelesen war nicht gerade sehr lehrreich, Papa.“
    „Hm“, er hatte ein rotes Gesicht. Ich wollte ihm etwas aus der Patsche helfen und meinte: „Das ist schon ne Weile her.“
    „Trotzdem“, Papa schluckte.
    Ich schluckte auch.
    Draußen warf der Wind das Gartentor zu.
    Papa drückte nervös die Zigarette aus.
    Peinliche Stille.
    „Hm", machte er noch einmal, „weißt du, Heinz, vor lauter Arbeit überlegt man sich manchmal das alles nicht so richtig.“
    Als er sich wieder etwas gefangen hatte, meinte er lächelnd: „Nun sag bloß noch, ich hab wegen der Steineleserei auch einen Spitznamen bekommen, Heinz.“
    „Doch - Sklaven-Richard nennen sie dich.“
    Nun lachte Papa aus vollem

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