Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
Vom Netzwerk:
Zeichen?»Sie sieht mich kläglich an.
    Das ist meine Chance. Hier kann ich ansetzen. Ich überlege, was ich sagen könnte und wie leicht sie zu manipulieren wäre. Aber irgendwie bringe ich es nicht fertig. Was ich tue, ist schon unsagbar, aber ich will wenigstens fair bleiben. Ich habe einen Interessenkonflikt, wie es in der Firma heißt. Ich kann ihren Fall nicht übernehmen.
    « Ich weiß es wirklich nicht, Darce. Nur du und Dexter könnt wissen, ob ihr füreinander richtig seid. Aber ich finde, du solltest deine Bedenken sorgfältig abwägen – eine Heirat ist ein sehr ernster Schritt. Vielleicht solltest du sie verschieben.»
    « Die Hochzeit verschieben?»
    « Vielleicht.»
    Darcy schiebt die Unterlippe vor und zieht die Stirn kraus. Ich bin sicher, dass ihr gleich die Tränen kommen werden, aber dann huscht ihr Blick zum Fernseher, und sie strahlt wieder.«Oh! Ich liebe dieses Video! Mach den Ton an! Mach schon!»
    Ich schalte den Ton wieder ein und drehe die Lautst ärke hoch. Darcy beginnt, auf und ab zu hüpfen,
tanzt mit Kopf und Oberkörper und singt ein Lied von irgendeiner Boygroup, das ich noch nie gehört habe. Sie kennt den Text Wort für Wort. Ich sehe ihr zu und staune über die plötzliche Verwandlung. Ich warte darauf, dass sie wieder auf Dex zurückkommt, aber sie tut es nicht.
    Ich habe die Chance verpatzt, ihr zu sagen, dass sie die ganze Sache abblasen solle, dass Dex nicht der Richtige für sie sei. Warum habe ich sie nicht in diese Richtung bugsiert und die Saat der Unzufriedenheit gesät? Nie spiele ich die richtige Karte aus. Aber andererseits glaube ich gar nicht, dass Darcy meinen Rat wollte. Allenfalls wollte sie hören, dass alles in Ordnung ist und dass sie Dexter heiraten soll. Und wenn ich nicht sage, was sie hören will, findet sie ein Video, das sie aufmuntert.
    « Das Stück ist ’ne Bombe.»Darcy wirft die Wolldecke zur Seite, steht auf und schlurft quer durch mein Apartment, um mein Bücherregal zu inspizieren, wo ich die Altoids-Dose mit den Würfeln hingestellt habe.
    « Was machst du da?»
    « Ich suche dein High-School-Jahrbuch. Wo ist es?»
    « Auf dem untersten Bord.»
    Sie hockt sich hin und fährt mit dem Finger an den Buchrücken entlang, bis sie gefunden hat, was sie sucht.«Ach ja. Hier ist es.»
    Sie steht wieder auf und entdeckt die Dose, die dummerweise in Augenhöhe steht.«Kann ich eins haben?»
    « Die ist leer», sage ich, aber sie hat das Jahrbuch schon auf das Fußende meines Bettes gelegt, und ihr wohlgeformter Arm langt nach der Dose. Sie öffnet den Deckel.«Wieso hast du da Würfel drin?»
    « Äh … ich weiß nicht», stammele ich und denke daran, dass Darcy mir immer gesagt hat, ich dürfe niemals
in eine Quizshow gehen, wo ich nach der Stoppuhr antworten müsste. Sie hat sich immer aufgespielt: Wenn sie jemals bei Familienduell mitmachen würde, müsste sie es sich zweimal überlegen, ehe sie mich für ihr Team auswählte (dass wir gar nicht verwandt sind, war ihr egal). Und nie im Leben würde ich an der Bonusrunde am Schluss teilnehmen dürfen.
    « Du weißt es nicht?», fragt sie.
    « Es gibt keinen besonderen Grund, glaube ich.»
    Sie starrt mich an, wie man eine plappernde Schizophrene in der U-Bahn anstarrt.«Du weißt nicht, warum du Würfel in eine Altoids-Dose getan hast? Okay. Du hast sie nicht alle, aber von mir aus …»
    Sie nimmt die Würfel aus der Dose und schüttelt sie, als wolle sie sie werfen.
    « Nicht», sage ich laut.«Leg sie wieder zurück.»
    Es ist keine gute Idee, ihr zu sagen, was sie tun soll. Sie ist ein Kind. Sie wird wissen wollen, warum sie nicht damit spielen darf. Sie wird damit spielen wollen, nur weil ich gesagt habe, sie soll es nicht tun.
    Und richtig:«Wozu hast du sie denn? Ich kapier das nicht.»
    « Da gibt’s nichts zu kapieren. Das sind einfach meine Glückswürfel.»
    « Glückswürfel? Seit wann hast du Glückswürfel?»
    « Schon immer.»
    « Na, und wieso tust du sie in eine Altoids-Dose? Du magst doch gar keine Zimt-Altoids.»
    « Doch.»
    Sie zuckt die Achseln.«Oh.»
    Ich studiere ihr Gesicht. Sie ist nicht misstrauisch, aber sie hat meine Würfel immer noch in der Hand. Ich werde gleich durch das Zimmer stürmen, sie anfallen und ihr die Würfel entwinden, ehe ich zulasse, dass
sie damit würfelt. Aber sie schaut sie nur noch einmal an und legt sie dann wieder in die Dose. Ich weiß nicht, ob die Sechsen oben liegen. Ich werde später nachsehen. Solange sie nicht noch einmal geworfen werden,

Weitere Kostenlose Bücher