Fremd flirten Roman
Stunde hier, das reichte ja wohl für den Antrittsbesuch. Worauf warteten sie eigentlich noch?
Im selben Moment, da mir diese Frage durch den Kopf ging, fiel mir wieder ein, was Anne gesagt hatte: dass die Soziopathinnen wahrscheinlich nur vorbeischauen wollten, um die Größe des Hauses und die Anzahl der Zimmer zu überprüfen. Na, wenn es nur darum ging, konnte ich Abhilfe schaffen!
Geschickt fragte ich nach, ob sie denn schon eine Hausführungerhalten hätten. »Anne ist dazu in ihrem Zustand bestimmt nicht in der Lage gewesen«, sagte ich, »aber wenn Sie mögen, führe ich Sie gern herum.«
Ich konnte gar nicht so schnell schauen, wie die Teetassen wieder auf dem Tisch standen und die drei Grazien aufsprangen und mir, aufgeregt schnatternd, folgten.
Ich fing die Führung im unteren Bereich an, zeigte ihnen die Küche, den Vorratsraum, die Bücherei und das Gäste-Bad – das Wohnzimmer kannten sie ja bereits. Unter »Ahs« und »Ohs« führte ich sie in den ersten Stock, wo sich zwei Schlafzimmer, ein Salon und zwei Bäder befanden, und machte den Abschluss im zweiten Stock, wo die Zimmer der Kinder und meines lagen, inklusive drei Bäder.
Wenn mich nicht alles täuschte, zählte Margit leise die einzelnen Räume und Badezimmer mit, zumindest wurde ihr Gesichtsausdruck immer säuerlicher. Offensichtlich war ihr Haus kleiner.
Ich brachte die Soziopathinnen wieder ins Erdgeschoss und hatte mein Ziel erreicht: Die Neugierde war befriedigt, und die Damen schickten sich an zu gehen.
Kaum hatten sie sich verabschiedet und die Haustür war hinter ihnen ins Schloss gedrückt, brannte mir eine einzige Frage auf den Nägeln:
»Wie oft werden wir den Club ertragen müssen?«
Anne seufzte tief. »Zu oft, fürchte ich, zumal Margit, Sabine und Ina in England ohne ihr gewohntes Umfeld noch enger zusammenrücken werden. Das Bescheuerte ist eben diese Verknüpfung von Beruflichem und Privatem. Normalerweise würde ich den Kontakt einfach abbrechen und mich zurückziehen, aber das kann ich Axel nicht antun. In dieser Investmentbanker-Welt hat das gesellschaftliche Leben samt Familie einen großen Stellenwert, und da wird teamplay im Job und darüber hinauserwartet – auch in der Freizeit. Ich hab einmal gewagt, nicht zu einem Grillfest der Firma zu gehen, und bekomme das heute noch vorgehalten! Ich glaube, teilweise fühlen diese Leute sich wie in einem Club von Privilegierten, der zusammenhalten muss. Und da dieser Knochenjob den Männern so viel abverlangt, sind die Chefs der Meinung, dass nur ein stabiles Familienleben, das den Männern Halt gibt und ihr Leben komplett organisiert, diese enorme Leistung möglich macht. Jetzt verstehst du auch, wie dieser Soziopathinnen-Club bestehen kann.«
Für mich klang das nach John Grishams Firma oder einer Sekte. Es gab eben nichts umsonst. So war es halt, wenn man sich mit dem Teufel einließ, horrende Summen verdiente, aber dafür sein Leben im Gegenzug an die Firma verkaufte. Der einzige Vorteil war der, dass bei den Summen, die sie verdienten, und den zusätzlichen Boni keiner bis zur Rente arbeiten musste. Die meisten konnten sich mit Anfang vierzig eigentlich zur Ruhe setzen, was aber die wenigsten letzten Endes auch schafften, weil sie zu sehr dem Adrenalinrausch von Kursen und Geschäften und dem Gefühl, wichtig zu sein, verfallen waren und gar keine Alternative zu ihrem Job sahen.
Anne und Axel hatten den Ausstieg fest geplant, und bei ihnen war ich mir auch sicher, dass sie dieses Vorhaben in die Tat umsetzen würden; die beiden waren einfach anders.
Vicky, die gerade eine englische Lern-CD für Kinder hörte, rief plötzlich: »Hör mal, Stella! Auf meiner CD sagen die auch ›beautiful‹. Wie Edward im Park.«
Es war erstaunlich, dass sie sich sowohl das englische Wort als auch Edwards Namen hatte merken können, und ich begriff, wenn man Geheimnisse haben wollte, war man mit Kindern in der Nähe nicht gut beraten.
Anne sah mich neugierig an.
Bevor sie fragen konnte, warum ihre Kinder bei einem Ausflug mit mir in den Park fremde Männer kennenlernten, packte ich bereitwillig aus und beichtete meinen kleinen Flirt.
»Das ist ein gutes Zeichen«, fand Anne. Sie war froh, dass ich zur Abwechslung einmal nicht an Konrad gedacht hatte.
Ja, darüber freute ich mich auch. Wenn ich an Edward dachte, musste ich unwillkürlich lächeln und verspürte ein leichtes Kribbeln in der Magengegend und den Wunsch, gleich noch mal in den Park zu gehen.
Stattdessen machte
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