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Fremd flirten Roman

Fremd flirten Roman

Titel: Fremd flirten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Vielleicht war ich aber auch zurzeit nur extrem offen und euphorisch und empfand alles Fremde und Neue als aufregend, Edward inklusive.
    Bevor ich einen weiteren Gedanken an ihn verschwenden konnte, machte Vicky mich darauf aufmerksam, dass Leo mal Pipi musste, zumindest machte er die typischen Bewegungen.
    Wie konnte das sein? Ich war mit ihm noch kurz vor unserem Aufbruch in den Park auf der Toilette gewesen, und in der Zwischenzeit hatte er keinen Tropfen getrunken. Blasenschwäche in seinem Alter? Anne hatte angedeutet, dass Leo manchmal, wenn auch nur ganz selten, nicht früh genug Bescheid sagte, wenn er austreten musste. In solchen Momenten war dann meist keine Toilette in der Nähe, und dann passierte schon mal ein kleines Malheur … Die neue Umgebung, der Umzug, meine Ankunft, und die Menschen, die eine in seinen Ohren komische Sprache sprachen – all das schien zu viel für den Kleinen zu sein.
    Ich hatte allerdings keine Zeit, mich nach einer öffentlichen Toilette umzusehen, denn bevor ich michs versah, wurde er richtig zappelig und dann ganz ruhig, was ein noch schlechteres Zeichen war, wie ich ahnte. Denn das bedeutete, dass er sich entspannte und es einfach laufen ließ.
    Und so war es auch. Gemächlich, aber unaufhaltsam färbte sich seine Hose dunkel, und je mehr sich der Fleck ausbreitete, desto entspannter wirkte Leos Gesichtchen, bis er ganz zufrieden verkündete: »Fertig!«
    Mist! Natürlich hatte ich als unerfahrene Nanny keine Ersatzhose eingesteckt. Wer konnte auch ahnen, dass Leo bei einem kurzen Spaziergang einnässte!
    Um die Hose ganz auszuziehen, war es zu kalt. Mit der nassen Hose konnte ich ihn nicht tragen, also blieb mir nur übrig, Leo,der das Lauftempo eines Igels hatte, an die Hand zu nehmen und mich mühsam Meter für Meter in Richtung Pilgrims Lane zu bewegen. Und das mit einer »Iiih, igittigitt« schreienden, peinlich genau Abstand haltenden Vicky im Schlepptau, die sich demonstrativ die Nase zuhielt.
    Leider dauerte der Rückweg viel zu lange, und natürlich kam es, wie es kommen musste: Wir verspäteten uns und würden es bis zum Eintreffen des Clubs der Soziopathinnen nicht schaffen.
    Ich weckte Anne rechtzeitig per Telefon, beichtete das Malheur, das mir sehr peinlich war, und war sehr erleichtert, als sie lachte.
    »Mach dir nichts draus! Das ist mir auch schon passiert«, sagte sie. »Leo ist in Krisensituationen eben noch nicht hundert Prozent trocken.«
    Ich versprach, mich zu beeilen. Im Hintergrund hörte ich bereits die Türglocke und den Klopfer. Margit, Sabine und Ina waren also pünktlich.
    Gute zehn Minuten später hatten wir es endlich geschafft. Leise schloss ich die Tür auf und versuchte, unbemerkt mit den Kindern ins Haus zu gelangen, damit die drei Grazien nichts von Leos Missgeschick bemerkten.
    Der Club der Soziopathinnen wäre nicht als Kontrollinstanz so gefürchtet, wenn ihnen etwas entgehen würde. Gerade als ich Leo den zweiten Schuh ausgezogen hatte und dachte, es sei geschafft, tauchte Margit, die »Patin« des Clubs, im Türrahmen auf und musterte mich und Leos Hose interessiert.
    Zuckersüß lächelte sie mich an und erinnerte mich sofort an die Supermutti aus der Nimm-zwei-Werbung, die der Normalo-Mutter entsetzt die vermeintlichen Nullachtfünfzehn-Bonbons wegnimmt und durch die »gesunden«, »vitaminreichen« Fruchtgummis ersetzt.
    »Ja, wen haben wir denn da?«, rief sie aufgesetzt fröhlich. Diese Frage hatte ich schon als Kind nicht leiden können. Mir entging nicht ihr zufriedenes Lächeln, als sie Leos nasse Hose bemerkte. Margit, die Perfektionistin, liebte es, wenn anderen ein Missgeschick passierte – schließlich konnte sie selbst dann umso mehr glänzen.
    Mit ihrem stets tadellos frisierten blonden Pagenschnitt, der durchtrainierten schlanken Figur und dem klassisch schönen Gesicht verkörperte sie einen Frauentyp, den jeder Durchschnittsanwalt gern zu Hause hatte. Sie trug teure, aber dezente Kleider, die nie Flecken oder Fusseln aufwiesen.
    Margit war vor ihrer Heirat mit Heiko Patentanwältin gewesen, natürlich eine erfolgreiche, denn wenn Margit etwas machte, dann machte sie es hundertfünfzigprozentig. Genauso schnell hatte sie von »Karriere« auf »Mutter« geswitcht und befolgte jetzt mit derselben Akribie den ausgewogenen Ernährungsplan für ihre Familie wie zuvor die Fristen bei Gericht.
    Bisher kannte ich Margit nur aus Annes Erzählungen und von einigen Fotos, doch mir reichten die zwei Minuten mit ihr im Flur, um

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