Fremd flirten Roman
sie ebenfalls unsympathisch zu finden.
Die Tatsache, dass sie sich zu Leo hinunterbeugte, ihm huldvoll über den Kopf streichelte, säuselte: »Da musst du mit der Mama üben, aufs Töpfchen zu gehen!«, und mich darauf hinwies, dass ihr Ludwig ja schon mit zwei sauber gewesen sei, machte sie nicht eben sympathischer. Dies vermochte auch ihr gönnerhafter Einwand, dass ihr Ludwig ohnehin kein Maßstab für normale Kinder sei, nicht zu ändern.
Ludwig! Wenn ich schon den Namen hörte! Nicht, dass das arme Kind etwas dafürkonnte, aber von Anne wusste ich, dass Margit diesen Namen ausgewählt hatte, weil angeblich eine ausnehmend hohe Anzahl von Genies Ludwig geheißen hatten.
Vielleicht sollte ich ihr eine kleine Nachhilfestunde in Geschichte geben und sie mit der Tatsache schocken, dass auch ausnehmend viele Psychopathen und debile Könige auf den Namen Ludwig gehört hatten. Aber das sparte ich mir für eine andere Gelegenheit auf.
Ich zog Leo die Hose aus und schickte mich an, mit ihm nach oben zu gehen.
Margit, die mich nicht kannte und anscheinend davon ausging, dass ich tatsächlich Annes Kindermädchen und nicht ihre Freundin war, streckte mir ein benutztes Taschentuch entgegen mit dem Hinweis:
»Wenn du gerade schon dabei bist …« Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und stöckelte wieder in Richtung Wohnzimmer, wo ich gleich Anne zu Hilfe eilen würde. Nicht, dass ihr bei Margits Anblick noch die Fruchtblase platzte!
Unfassbar, dass diese Frau mich einfach duzte! Ein Kindermädchen, auch wenn es ganz offensichtlich die dreißig bereits überschritten hatte, gehörte für Margit eben zum Personal, und das wollte die Gute mich von Anfang an deutlich spüren lassen.
Wenig später stieß ich mit Leo und Vicky zur gezwungen fröhlichen Kaffeerunde.
Anne sah mich erleichtert an und wollte mich gerade vorstellen, als Margit ihr dazwischenfunkte.
»Dein Kindermädchen habe ich gerade schon kennengelernt. Hast du ein Glück! Wo hast du sie denn her? Die meisten Nannys bekommen ja keinen geraden Satz heraus, und wenn doch, dann nicht auf Deutsch. Na ja, für mich käme ein Kindermädchen eh nie infrage. Wozu bin ich denn Mutter geworden? Und am Ende käme Heiko noch auf dumme Gedanken! Wäre ja nicht das erste Mal, dass so eine Nanny nicht nur auf die Kinder aufpasst«, prustete sie los, und ihre Gefolgschaft stimmte ein.
Anne wollte den Irrtum aufklären, aber ich winkte ab. Mir gefiel die Rolle des Kindermädchens ganz gut, und wenn das bedeutete, dass ich den Soziopathinnen keine Rezepte für Antidepressiva ausstellen musste und auch nicht in die Verlegenheit kam, ihnen bei den Pseudoproblemen ein Ohr zu leihen, sollte es mir recht sein. Ich kannte nämlich Frauen wie Margit, Ina und Sabine nur zu gut. Sie ließen keine Gelegenheit aus, über sich selbst und ihr sinnentleertes Leben zu sprechen, und da sie ein Kindermädchen ihrer Probleme unwürdig erachteten, würde ich meine Ruhe vor ihnen haben.
Sabine schaltete sich nun in die Diskussion ein. Anne hatte ihr den Spitznamen »Goldgräberin« gegeben (Sie hatte nämlich ihren Mann aus drei Gründen geheiratet: 1. Geld, 2. Geld, 3. Geld). »Also, ich finde ja, man kann gar nicht genug Kindermädchen haben. Ich wüsste nicht, was ich ohne meine machen würde.«
Vielleicht seltener zur Maniküre gehen?, dachte ich ketzerisch und schielte gebannt auf die schreiend rot lackierten Nägel, die nicht eine Macke hatten und farblich zum nicht minder auffälligen Lippenstift passten.
Sabine, das wusste ich von Anne, gebar Kinder eigentlich nur zur finanziellen Absicherung und hielt damit auch nicht hinterm Berg. Sie hatte einen rheinischen Dialekt und vor ihrer Hochzeit oder dem »Sechser im Lotto«, wie sie die Begegnung mit ihrem Rolf auch nannte, sicher im Solarium oder bei McFit gearbeitet. Bei einem One-Night-Stand im Karneval war sie von Rolf geschwängert worden, der zum einen sehr unerfahren, aber auch zu anständig gewesen war, um Sabine mit dem Kind sitzenzulassen.
Sabine hatte sich revanchiert, indem sie die rot gefärbte Dauerwelle hatte rauswachsen lassen und ihre Pimkie-Klamotten gegenDolce&Gabbana eingetauscht hatte. Wenn man mal von den schreiend roten Nägeln und dem breiten Dialekt, den sie sprach, absah, konnte sie rein optisch gut im Club der Reichen und Schönen mithalten. Ihre Herkunft ließ sich zwar nicht verleugnen, aber sie hatte ja Margit als leuchtendes Vorbild, wie man sich perfekt in diesen Kreisen bewegte.
Sabine fand ich
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