Fremd flirten Roman
In ihren Ohren steckten diese lächerlichen durchsichtigen Plastikknöpfe, die in amerikanischen Filmen immer die Sicherheitsleute des Präsidenten tragen.
Wir fuhren auf die Bodyguards zu, Axel ließ das Fenster runter und nannte das Passwort für die heutige Feier. Das Tor öffnete sich, und wir wurden in einen der exklusivsten Privatclubs Londons eingelassen. Axel war Mitglied, allerdings kein festes. Das wurde man erst nach einigen Jahren, wenn man sich bewährt und bewiesen hatte, dass man sich beim Niesen die Hand vor den Mund hielt und sich die Hände wusch, nachdem man auf der Toilette gewesen war. Wobei ein Upperclass-Engländer das Wort »Toilette« nie in den Mund nehmen würde. Er sprach vielleicht von »bathroom« oder »loo«, aber nie von »toilet«.
Natürlich konnte man in diesem Club nicht einfach Mitglied werden wie beim Turnverein um die Ecke. Nein, irgendein anderes piekfeines Mitglied musste einen vorschlagen, und wenn es drei andere Mitglieder fand, die den Vorschlag unterstützten, durfte man gegen eine Unsumme Geld als vorläufiges Mitglied in den Club eintreten.
Natürlich war das ein reiner Männerclub. Für die Frauen und Familien wurde ab und an ein kleines Fest veranstaltet, aber im Alltag verirrte sich keine Frau hierher, zumindest keine Ehefrau oder Freundin. Ich wollte lieber nicht wissen, wie hier manche Herrenabende in Wirklichkeit abliefen.
Wie auch immer, ich gehörte heute ausnahmsweise zu den Privilegierten, die diesen Club von innen sehen durften, und das war es allemal wert. Allein für den wunderschönen Garten wurden mit Sicherheit Unsummen ausgegeben, doch der Kirschblütenduft umwehte diesen Frühlingsnachmittag, der von der Temperatur her ein Sommertag hätte sein können. Die Sonne tauchte den mit blühenden Glyzinien überwucherten Rundbogen zur Terrasse in ein warmes Licht, ein angenehm leichter Wind rauschte in den frischen Blättern der alten Bäume, und das helle Vogelgezwitscher ließ einen vergessen, dass man sich in London und nicht auf einer Landpartie befand.
Vor dem Eingang des sandfarbenen Haupthauses – links und rechts standen kleine entzückende Anbauten und Häuser aus rotem Backstein, wahrscheinlich für das Personal – befand sich eine große Terrasse, die von Buchsbäumen eingerahmt und Mittelpunkt des heutigen Festes war. Zumindest spielte das Wetter mit, und so hatte man wunderschöne Gartenmöbel aufstellen lassen, die aus verschnörkelten Messingbänken, Korbstühlen mit Decken und kleinen Tischen bestanden, die, bunt gewürfelt, ein geschmackvolles Bild abgaben. Zwischen Terrasse und Haupteingang war ein langes Büfett aufgebaut worden. Auf einer weiß eingedeckten Tischreihe standen silberne Warmhaltebehälter, die verschiedenste Speisen bereithielten. Außerdem Pasteten, frisches Gebäck, allerlei Kanapees und süße Törtchen, die die freundlich dreinblickenden Bedienungen, allesamt mit einer Art Uniform mit Schürze und weißen Handschuhen bekleidet, gern auf die Teller auftrugen.
Zwischen der bereits ausgelassenen Festrunde schwirrten Hostessen mit Tabletts voller Gläser mit Champagner, Wasser, Tee und anderen Drinks durch die Menge und versorgten die Durstigen. Wenn das meine Eltern sehen könnten, würden sie glatt glauben, ich wäre bei der Queen höchstpersönlich eingeladen.
Auf dem gepflegten Rasen lagen rote Kaschmirdecken und Sitzkissen für diejenigen aus, die das Thema Picknick gern wörtlich nehmen wollten.
Das sechsköpfige Kammerorchester spielte bekannte klassische Stücke auf, und ich fühlte mich so sehr in einen Jane-Austen-Roman versetzt, dass es mich nicht verwundert hätte, wenn jeden Moment mit Rüschen bekleidete Ladys mit Hüten und Sonnenschirmen um die Ecke gebogen wären.
Anne fühlte sich wohl und genoss den Familienausflug sehr.
Da die Kinder natürlich auf dem Rasen picknicken wollten, suchte ich uns einen guten Platz aus und besorgte mit Vicky ein paar Teller mit den angebotenen Köstlichkeiten, während Anne und Leo warteten. Axel musste Smalltalk halten und traf alle paar Meter jemanden, den er begrüßen musste.
Am Büfett sah ich, nur durch ein paar Menschen getrennt, den Club der Soziopathinnen in der Schlange hinter uns, was mich dazu veranlasste, Vicky anzutreiben, sich schneller zu entscheiden, was sie essen wollte. Als Psychologin war das meine leichteste Übung. Ich rief einen Wettbewerb aus: Wer am schnellsten den Teller gefüllt hatte, durfte bestimmen, was wir später spielen würden,
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