Fremd flirten Roman
glaube ich, ein Charmeur und Womanizer. Für meinen Geschmack ist ein solcher Mann entweder zu leicht durchschaubar oder zu gefährlich. Und Bach, der vom musikalischen Standpunkt aus betrachtet zwar das Beste ist, was die Welt je gesehen hat, kam aus Sachsen. Und Sächsisch ist vielleicht ein lustiger, aber bestimmt kein erotischer Dialekt. Für euch wird es ähnlich sein, wenn jemand Schottisch spricht. Das klingt zwar ganz nett, aber so überhaupt nicht sexy!«
Edward lachte laut los und wollte natürlich wissen, was für Beethoven und Chopin sprach.
»Beethoven hat gute Liebesbriefe geschrieben, und wenn man den Büsten glauben darf, sah er nicht schlecht aus. Er hatte vor allem ziemlich dichtes Haar. Außerdem kann er in seiner Musik sehr stürmisch und leidenschaftlich sein, was hoffen lässt.«
Das Argument ließ Edward gelten. »Und wieso Chopin?«
»Ganz einfach: So einen Polen, der sein Leben lang in Frankreich gegen Heimweh zu kämpfen hatte, muss eine Aura der Melancholie und Sehnsucht umweht haben. Gepaart mit der französischen Sprache ergibt das so eine tiefe, geheimnisvolle Ausstrahlung, die bestimmt sehr spannend war.«
Edward unterband meine schwärmerischen Vorstellungen schnell mit »Aber hatte der nicht immer so ’nen schlimmen Husten mit Auswurf?«.
Man konnte sagen, was man wollte, doch langweilig waren unsere Treffen nie.
Anne, deren Bauch unübersehbar wuchs und die tatsächlich zu den Schwangeren gehörte, die Heißhunger auf absurde Speisenkombinationen bekommen, schnappte sich nun ein Käseschnittchen, tunkte es in Sojasoße und zog mich beiseite. »Ich ertrage Margit nicht länger! Sie will schon wieder ein task force meeting veranstalten wegen dieses dämlichen Tanzes in den Mai! Und weißt du auch, wo? Morgen bei uns! Sieht die eigentlich nicht, dass ich schwanger bin und keine Lust habe, ihre Truppe bei uns zu bewirten, oder ist das ihr perfider Plan, bei mir vorzeitige Wehen auszulösen? Vielleicht spekuliert sie darauf, dass Axel sich dann nicht mehr konzentrieren kann und für die neue offene Stelle ausfällt. Zuzutrauen ist diesem Besen alles, so eiskalt wie die ist!«
Ich stimmte Anne zu und nahm mir gleich zwei Quiche-Stückchen, auch wenn ich jetzt schon neben der dünnen Zicky in gewissen Körperregionen wie aufgepustet aussah. Was soll’s? Mir schmeckte es, und die paar Kilo mehr auf den Hüften sahen auf jeden Fall gesünder aus als Zickys Klapperbody.
»Weißt du, ich glaube, Margit hat Abgründe, von denen wir nichts ahnen. Sagt mir mein Therapeutengefühl. Diese Frauen, die immer so hyperkontrolliert sind, haben eine dunkle Vorgeschichte und geheime Laster – dagegen sind wir beide fromme Betschwestern.«
Anne, die für ihr Leben gern über Margit lästerte, nickte begeistert, leider nur für einen kurzen Moment, denn dann fiel ihr wieder ein, dass Margit angekündigt hatte, morgen zum task forcemeeting ihre Wunderkinder mitzubringen. Für eine verantwortliche Mutter verstand sich das von selbst.
»Tut mir leid, doch ich fürchte, du wirst die beiden lieben Kleinen hüten müssen. Aber glaub mir, danach wirst du Vicky und Leo nur noch mehr lieben! Ich hoffe, du bist mir nicht böse?« Anne sah mich entschuldigend an.
»Spinnst du? Endlich darf ich die lange angekündigten Musterexemplare in Augenschein nehmen! Ich bin so was von gespannt, ob das Genie Ludwig schon was Nobelpreiswürdiges vorweisen kann und Helena mit ihrer Schönheit Leo blendet. Stell dir nur mal vor, eure Kinder verlieben sich ineinander und heiraten irgendwann! Dann wären eure Familien für immer verbandelt!«
Anne wurde blass, was nicht an der Vorstellung, sondern der seltsamen Käse-Sojasoßen-Kombi lag, denn Annes Gelüste waren leider meist auch sehr schnell wieder befriedigt.
»Na, was gibt’s zu tuscheln?« Vor uns stand Margit: Ihr akkurater Pagenschnitt lag wie immer symmetrisch am Kopf an, die Kleidung war perfekt aufeinander abgestimmt, blütenweiß, gestärkt und garantiert fusselfrei, als wäre Margit gerade der Waschmittelwerbung entsprungen.
Wo war denn ihr großes Vorbild Zicky? Vielleicht stand sie ja hinter ihr, und wir konnten sie nur nicht sehen, so dünn, wie sie war.
Anne und ich übergingen ihre Frage geflissentlich und erkundigten uns, ob sie sich gut amüsiere.
Die Frage hätten wir uns sparen können, denn Margit war im Paradies. Beim Adel eingeladen, mit einer englischen Lady und ihrem Verlobten befreundet, der zu Englands Elite gehörte – Margit war da
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