Fremd flirten Roman
Wohnzimmer und gaben mit ihren Englischkenntnissen an, die sich von Tag zu Tag verbesserten. Konrad und ich kamen uns behutsam näher und arbeiteten die jüngste Vergangenheit auf. Vielleicht stellte man sich dies bei zwei Psychologen einfach vor, doch weit gefehlt! Schließlich fühlte jeder Mensch Verletzung, Enttäuschung und Schmerz subjektiv und musste sie erst einmal individuell verarbeiten.
»Komm mal, das musst du lesen!«, rief Anne aus demWohnzimmer und klingelte hysterisch mit ihrem Glöckchen. Bepackt mit den gewünschten Chips, beeilte ich mich, zu ihr zu kommen. Das Glöckchen fing nämlich an, uns allen auf die Nerven zu gehen.
»Ich bin nicht taub. Einmal klingeln reicht auch, meine Liebe. Was hast du Spannendes entdeckt? Ernährungstipps für Schwangere oder eine neue Art, ein Kind zu gebären?«, neckte ich sie.
Wortlos hielt sie mir den Tatler, Londons In-Magazin, aufgeschlagen entgegen.
Auf zwei Seiten, groß bebildert, schaute mir Zicky alias Lady Chloe entgegen. Auf einer der Aufnahmen war sie gemeinsam mit Edward zu sehen. Entgegen allem, was ich offiziell fühlen durfte, traf es mich wie ein Blitz. Der Artikel ging auf Chloes Herkunft und Familie ein, ihren Einfluss in der Londoner Gesellschaft, ihren Modestil und lobte den super Fang, den sie mit Edward gemacht hatte. Kurzum, er schilderte das perfekte Leben ohne einen Hinweis auf Zickys Essstörungen, ihre Alkoholprobleme oder ihre Vergnügungssucht. Auch ihr Abscheu vor dem Landleben oder die unterschiedlichen Interessen, die sie und Edward pflegten, blieben unerwähnt. Dabei hatten Prinz Charles und Lady Di bestimmt mehr gemeinsam gehabt als diese beiden.
»Und, was sagst du?« Anne beobachtete mich genau.
»Was soll ich schon dazu sagen? Das geht mich nichts mehr an. Sollen sie doch glücklich werden!«, wehrte ich ab.
»Du siehst aber nicht so aus, als ließe dieser Bericht dich kalt. So guckst du auch, wenn dir ein Kuchen verbrennt oder du kurz vor einem Wutausbruch stehst!«
Anne ließ nicht locker, und ich wusste genau, weshalb. Auch wenn sie Konrad als ihren Unterhalter im Haus duldete und als guten Freund schätzte, hielt sie nichts von meinen Überlegungen, es vielleicht noch mal mit ihm zu versuchen. Ihr Hauptgrunddafür war, dass sie überzeugt war, dass ich nicht über Edward hinweg war.
»Ich geh raus, ein Stück spazieren!«, erklärte ich. Ich trat die Flucht an, weil ich nicht weiter über Edward diskutieren, sondern diesen Artikel erst einmal verdauen wollte.
»Wenigstens bekommst du einen schönen Teint von deinen Verdrängungsspaziergängen!«, hörte ich Anne noch rufen. Zum Glück war Konrad gerade nicht zugegen. Er traf sich mit einem englischen Kollegen.
Genervt stürmte ich aus dem Haus in Richtung Park. Das windige Wetter passte perfekt zu meiner Stimmung – meine Kleidung leider nicht: Ich war viel zu leicht angezogen. Aber in der Hitze des Gefechts war mir das egal gewesen.
Edward! Wann würde ich ihn endlich aus meinem Kopf bekommen? Ich war doch kein Teenager mehr, der hormontrunken an nichts anderes als an seinen Liebsten denken konnte.
Sosehr ich mich bemühte, rational zu denken, und mich mit der Situation arrangiert hatte, sosehr konnte mich ein einziges Bild von Edward wieder in die Knie zwingen und all die Fragen nach dem Warum aufwerfen.
Er fehlte mir so sehr! Sein Humor, unsere Gespräche und langen Spaziergänge. Kein Kino hatte ich bisher ohne ihn betreten, und Konzerten blieb ich nun ebenfalls fern, weil das alles mich zu sehr an ihn erinnerte. Selbst im Park war ich nicht mehr gewesen, vor lauter Angst, auf ihn zu treffen. Heute war es mir egal, zumal ich wusste, dass er bisher nie am frühen Abend dort draußen gewesen war. Und bei diesem stürmischen, regnerischen Wetter ging niemand freiwillig vor die Tür. Außer mir, die ich gegen den Wind schreien wollte, um endlich wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Die kalte, frische Luft tat mir gut, ich rannte fast an den beidenSeen vorbei und den Berg zum Parliament Hill hinauf, ohne den fantastischen Ausblick auf die Londoner Skyline zu würdigen.
Außer mir waren nur ein paar Hundebesitzer unterwegs, ansonsten war der Park menschenleer.
In welches Dilemma war ich da nur hineingeraten? Wie hatte ich einem Mann, der vergeben war und den ich nur ein einziges Mal geküsst hatte, so verfallen können? Das widersprach all meinen Prinzipien, ging gegen alles, an das ich glaubte! Ich verriet damit alle meine Werte. Ich hatte es stets
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