Fremd flirten Roman
einfacher trennen. Ich fürchte, ich muss meine Gefühle hintanstellen und zuerst an meine Verpflichtungen denken. So ist das leider.«
Ich hatte ein Déjà-vu, und zwar eins von der ganz üblen Sorte. Die Szene erinnerte mich an mein Studienjahr in Cambridge, wo all die reichen Söhnchen ihren Spaß hatten haben wollen, aber am Ende sich immer dem Willen der Familie gebeugt hatten, brav nach dem Motto: »Liebe vergeht, Hektar besteht.«
Mit einem Schlag fühlte ich mich hinters Licht geführt … ausgenutzt. Edward hatte nie vorgehabt, Zicky zu verlassen! Wahrscheinlich war ich für ihn nichts als eine kleine, nette Ablenkung.
»Heißt das, du bleibst bei Chloe, und wir vergessen das hier?«
Edward wirkte mit einem Mal distanziert. »Wieso verstehst du nicht, was ich sage? Ich kann nicht anders, selbst wenn ich es anders möchte !«
Das war so typisch! Im entscheidenden Moment das Visier runterlassen und auf Traditionen spielen.
»Sag mir einfach nur eins: Liebst du Chloe?«
Edward schaute mich erschrocken an, weil ich so heftig reagierte. »Ja, auf eine gewisse Art bestimmt, aber nicht so, wie ich sie lieben sollte. Das weiß ich spätestens seit heute mit Sicherheit.«
Ich stand auf und zog mich an, so schnell ich konnte. Wo war nur meine Bluse gelandet? Endlich entdeckte ich sie auf dem Sekretär. Ich nahm sie rasch an mich, und mein Blick fiel auf ein Blatt Papier, auf dem sie gelegen hatte.
Deutlich und gut lesbar standen darauf die Worte, die mir den Rest gaben: Edwards vorbereitete Hochzeitsansprache!
Chloe, ich liebe dich, seit ich denken kann, und werde dich immer lieben. Du bist mein Ein und Alles …
Mehr musste ich nicht wissen. Edwards geschwungene Handschrift verschwamm vor meinen Augen.
»Du elender Heuchler! Ich hoffe, das war dir der Spaß wert! Ich will dich nie wiedersehen!«, schrie ich außer mir und rannte, so schnell ich konnte, aus diesem Haus und aus Edwards Leben. Ich fühlte mich wie eine einzige brennende Wunde.
Schon auf dem kurzen Weg nach Hause in die Pilgrims Lane war mir klar, was ich da gemacht hatte: Ich hatte mich sehenden Auges in dieses Gefühlschaos bugsiert, obwohl ich doch sovernünftig und erwachsen hatte reagieren wollen. Das Schlimme war, dass dieses Erlebnis mit Edward alle Erwartungen übertroffen hatte, was es nicht gerade leichter machte, Abstand zu ihm zu bekommen. Während ich vor unserem Eklat trunken im Nirwana geschwebt war, baumelten meine Füße nun verdächtig nah am Abgrund und wussten, dass es nicht viel brauchte, bis dieser nachgab und mich Sünderin verschlang.
Von der Straße aus konnte ich sehen, dass in Annes und Axels Wohnzimmer noch Licht brannte. Da ich jedes Zeitgefühl verloren hatte, schaute ich auf die Uhr und stellte fest, dass es erst kurz nach Mitternacht war.
Im Wohnzimmer saß zu meiner Überraschung Anne, die ernst aussah.
Zuerst dachte ich, sie sei sauer, weil ich so lange weg gewesen war, ohne mich zu melden, doch da mein Handy auf dem Tisch lag, musste ihr klar gewesen sein, dass ich nicht hatte anrufen können.
»Tut mir leid, dass ich vorhin so davongestürmt bin, aber ich musste einfach raus«, entschuldigte ich mich.
Anne war nicht sauer und machte mir ein Zeichen, mich zu setzen.
Es war doch nichts Schlimmes passiert? Sie sah mich immer noch so ernst und forschend an … »Was ist denn los, du machst mir Angst!«, sagte ich.
Sie nahm meine Hand. »Es ist wegen Konrad. Er hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus.«
Auf meinen entsetzten Aufschrei hin nahm sie mich in den Arm und beruhigte mich. »Er hat eine leichte Gehirnerschütterung, ein angebrochenes Schlüsselbein und zwei gebrochene Rippen, aber er ist nicht lebensgefährlich verletzt und muss, wie es aussieht, nur eine Woche im Krankenhaus bleiben.«
Völlig fassungslos fragte ich, wie es zu dem Unfall gekommen war.
Anne klärte mich auf. »Offenbar war er auf dem Weg zur Tube, hat beim Überqueren der Straße in die falsche Richtung geschaut und ist geradewegs vor ein Auto gelaufen. Passiert Touristen angeblich öfter, dass sie nicht an den Linksverkehr denken, meinten die Ärzte im Krankenhaus.«
»Wo liegt er denn überhaupt?«, wollte ich wissen.
»Im St. John’s Wood. Axel ist bei ihm!«, versuchte Anne, mich weiter zu beruhigen. Offenbar hatte sie meine unausgesprochene nächste Frage erraten, denn sie fuhr fort: »Nein, nein, das St. John’s Wood genießt einen hervorragenden Ruf. Konrad ist dort in den besten Händen.«
»Kann ich
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